Luka Modric verzaubert mit 40 Jahren bei der AC Milan ganz Italien: Der Lehrer und die Schönheit des schlichten Fußballs
VonThomas Gaber
Publiziert 12/10/2025 um 10:52 GMT+2 Uhr
Nach einem Katastrophenjahr erwacht die stolze AC Milan in dieser Saison wieder zum Leben. Sogar die übermächtige SSC Neapel zog gegen die Rossoneri den Kürzeren. Trainer Massimiliano Allegri hat eine Mannschaft geformt, die nicht besonders schön, aber erfolgreich spielt. Für die Eleganz ist mit Luka Modric ein Spieler zuständig, der seine besten Zeiten eigentlich hinter sich hat. Eigentlich.
Luka Modric wechselte von Real Madrid zur AC Milan
Fotocredit: Getty Images
Luka Modric spielte einen letzten Traumpass. 30 Meter vor dem gegnerischen Tor steckte der Mann im rotschwarzen Trikot den Ball durch auf Rafael Leão. Gleich vier Juventus-Verteidiger waren mit diesem genialen Modric-Moment ausgeschaltet.
Weil Leão aber auch diese Torchance in der 90. Minute leichtfertig vergab, verpasste die AC Milan den Sprung an die Tabellenspitze. Ein spätes Siegtor im Schlager bei Juventus hätte gereicht, um Napoli zu verdrängen. So aber blieb es beim 0:0.
"Milan war die bessere Mannschaft. Juve kann sich beim Gegner für die schwache Chancenverwertung bedanken", urteilte die "Gazzetta dello Sport". Sogar einen Elfmeter hatten die Rossoneri nicht nutzen können.
Es war Milans bestes Spiel in dieser noch jungen Serie-A-Saison. Coach Massimiliano Allegri, von 2010 bis 2014 schon einmal Milan-Trainer, ist kein Liebhaber großer Fußballfeste. Allegri möchte gewinnen, koste es, was es wolle. Seine Teams spielen in der Regel eher pragmatisch denn elegant.
Lehrer Modric mit Radar im Gehirn
Allegris Matchplan geht bislang fast immer auf. Beim 2:1-Sieg gegen Napoli wurde der Gegner zu Beginn quasi überrannt, was mit einer 2:0-Führung nach 30 Minuten belohnt wurde.
Großen Anteil an der "Wiedergeburt" der Rossoneri nach einer fürchterlichen Saison 2024/25 hat Luka Modric. Der Kroate ist Spielgestalter, Taktgeber, Passmaschine und sich auch für die Drecksarbeit nicht zu schade. "Modric spielt nicht, er lehrt. Er diktiert den Rhythmus, er hat ein Radar im Gehirn. Gewaltig!", schwärmte die Zeitung "Tuttosport".
Als es hinten raus gegen Napoli mit einem Mann weniger richtig eng wurde, ackerte Modric bis in die 102. Minute. "Ich dachte nicht, dass er so viel rennen würde. Gegen Napoli ist er vor und zurück, hat die Passlinien geschlossen und wieder seine Position eingenommen", sagte Ex-Milan-Star Alessandro Nesta der "Gazzetta dello Sport" verblüfft. Solange er am Ball bleibe und so auftrumpfe, "kann er spielen, bis er 70 ist", ergänzte Nesta.
Luka Modric: Hingabe, Professionalität, Siegermentalität
Nach 13 Jahren, 597 Pflichtspielen und gefühlten 100 Titeln kehrte Modric Real Madrid im Sommer den Rücken. Aufhören war keine Option, dafür liebt Modric den Fußball zu sehr. Er ist im positiven Sinne süchtig und sein Körper erlaubt es ihm, weiter Leistung auf hohem Niveau zu bringen.
Sein ehemaliger Fitnesstrainer bei Real, Antonio Pintus, beschreibt Modric in der "Gazzetta" so: "Luka hat eine außergewöhnliche Professionalität. Er achtet auf sein Training, seine Ernährung, seine Erholung und vor allem hat er eine Mentalität, die ihn dazu antreibt, sich nie mit dem Erreichten zufriedenzugeben. Er ist ein seltenes Beispiel für sportliche Langlebigkeit, die das Ergebnis täglicher Hingabe ist."
Italien - weit über Dunstkreis der AC Milan hinaus - liegt Modric nach nur wenigen Wochen zu Füßen. "Er hat das allgemeine Niveau der Mannschaft mit seiner Klasse und seiner Arbeitsmoral angehoben und eine Siegermentalität eingebracht, wovon der ganze Verein profitiert", sagt Serie-A-Experte Simone Pace von Eurosport Italien.
Der ehemalige Milan-Abwehrspieler Filippo Galli schrieb in seiner Kolumne: "Genießen wir ihn, ohne lange nachzudenken, geben wir uns der Schönheit seines schlichten Fußballs hin, so wie ein Designobjekt schlicht ist - das heißt, nachdem alles Überflüssige entfernt wurde."
Überflüssiges zu entfernen heißt bei Milan in dieser Spielzeit Schnickschnack zu entfernen. Die Rossoneri überzeugen mit viel Laufarbeit und taktischer Disziplin. Für die Prise Eleganz ist Modric zuständig.
Magische Marke von 200 Länderspielen im Visier
Hilfe bekommt er im Mittelfeld dabei von Adrian Rabiot und Youssouf Fofana. "Rabiot und Fofana sind lauf- und kampfstark und in der Lage, große Bereiche des Spielfelds abzudecken. Dadurch kommt Modric als Spielgestalter noch besser zur Geltung bringen, weil die beiden ihm den Rücken freihalten", analysiert Pace.
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Verstehen sich auf dem Platz bestens: Luka Modric und Adrian Rabiot
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Der "Corriere dello Sport" hält Milan bereits für "Scudetto würdig". Die letzte Meisterschaft gab es 2022, seitdem ging es stetig bergab mit dem Tiefpunkt 2024/25: Aus in den Champions-League-Playoffs und nur Tabellenrang acht in der Serie A, wodurch Milan in dieser Saison nur zuschauen darf, wenn Europapokal gespielt wird.
Die unfreiwilligen Pausen unter der Woche haben aber auch etwas Gutes: Der Fokus liegt voll und ganz auf der Liga. Modric hat allerdings noch Spieltermine außerhalb Italiens. Mit Kroatien strebt er die Teilnahme an der WM 2026 an und zudem die magische Marke von 200 Länderspielen. Derzeit steht er bei 191.
Modric fühlt sich in seinem x-ten Frühling als Fußballprofi rundum wohl. Er hat eigentlich nur eine Bitte. Nach seinem Siegtor gegen Bologna sagte er mit einem Lächeln zu den Journalisten: "Erinnert mich vielleicht nicht in jedem Interview daran, wie alt ich bin."
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Nagelsmann über Neuer: "Im Fußball ist alles möglich"
Quelle: Perform
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