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DFB-Team zu weit weg von den Fans? Thomas Müller grätscht massiv dazwischen

Tobias Laure

Update 05/10/2021 um 18:18 GMT+2 Uhr

Thomas Müller und Jonas Hofmann wurden auf der DFB-Pressekonferenz im Vorfeld des WM-Qualifikationsspiels gegen Rumänien mit dem Thema Fan-Nähe konfrontiert. Ein brisantes Feld, nicht nur aufgrund der Corona-Pandemie. Der Vorwurf, die deutsche Nationalmannschaft habe sich von ihren Anhängern entfremdet, ist nicht neu - und auch noch nicht abgehakt, wie die scharfe Reaktion von Müller zeigt.

Müller hinterfragt Begriff Fan-Nähe: "Keiner weiß genau, was das ist"

Thomas Müller hakte noch einmal ein, die Sache war ihm wichtig. "Wir müssen uns nicht rechtfertigen", stellte der Weltmeister von 2014 klar - und unterbrach damit DFB-Pressesprecher Jens Grittner. Der war gerade dabei, aufzuzählen, inwiefern die deutsche Nationalelf in der Vergangenheit um Fan-Nähe bemüht hatte.
Die Frage eines Journalisten nach derselben hatte einer sanft dahinplätschernden Pressekonferenz spürbar Würze verliehen.
Auslöser der Thematik war die Tatsache, dass die Nationalspieler bei der Ankunft im Hamburger Teamhotel großenteils an den wartenden Fans vorbeigegangen waren.
Einzig Antonio Rüdiger suchte den Kontakt zu den Anhängern. Daraus lässt sich freilich keine Ignoranz ableiten, wie Müller versicherte.
Vielmehr liege dem Verhalten die Gefahren der Corona-Pandemie zugrunde. "Zum Thema Autogramme muss ich sagen, dass ich mich da eher zurückhalte. Ich sage den Fans, dass ein Foto aus zwei Metern Abstand okay ist." Man habe "viele Auflagen" zu erfüllen. "Es ist für alle Beteiligten schwierig, eine klare Vorgabe zu finden. Wenn wir 'Feuer frei' sagen, gibt es auch wieder Bedenken, ob das in dieser Zeit das Richtige ist."
Man wolle zwar an der "Fan-Nähe" festhalten, aber: "Ich sehe das als zweischneidiges Schwert. Das wird so ein bisschen von außen gespielt. Da wird der Begriff Fan-Nähe genommen, aber es weiß keiner so genau, was das denn ist", gab Müller zu bedenken.
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Müller hinterfragt Begriff Fan-Nähe: "Keiner weiß genau, was das ist"

Hofmann wirbt um Verständnis auf beiden Seiten

Teamkollege Jonas Hofmann, der sich ebenfalls den Fragen der Medien stellte, ging in dieselbe Richtung. "Es gibt Regeln im Verein und auch hier. Es wäre schön, wenn wir auf beiden Seiten Verständnis haben und mitziehen. So lange, bis es heißt, die Regeln sind aufgehoben und wir können wieder aufeinander zu gehen", so der Gladbacher. Die Erklärung wollte auch er "nicht als Rechtfertigung" verstanden wissen. "So sind eben die Regeln."
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Jonas Hofmann im Trikot der deutschen Nationalmannschaft

Fotocredit: Getty Images

Dennoch zeigten die vergangenen Jahre, dass das Interesse an der Nationalmannschaft kontinuierlich nachgelassen hat. Vor allem außerhalb von Welt- und Europameisterschaften tut sich der DFB schwerer, das Publikum zu locken. "Wir müssen uns so präsentieren, dass die Zuschauer wieder Lust auf die Nationalmannschaft haben", hatte Hansi Flicks Vorgänger Joachim Löw gefordert. DFB-Direktor Oliver Bierhoff rief das Ziel aus, "wieder Begeisterung" zu wecken.

Selbst Matthäus bei Länderspielen zurückhaltend

Schlagzeilen wie "TV-Quote: Tiefstwert in Löw-Ära" ("Sport1.de"), "Löw laufen die Zuschauer weg" ("Focus.de") oder "TV-Quoten 2020: DFB-stellt Negativ-Rekord auf" ("Wuv.de") schaden dem Ansehen der Mannschaft. Das Problem ist beileibe nicht nur in der Fan-Nähe zu suchen, aber eben auch. Die Marketing-Strategie "Die Mannschaft", die 2015 initiiert wurde, prallte an vielen Fans ab.
Selbst Lothar Matthäus bekannte in der "Sport Bild", er streiche sich "Länderspiele nicht mehr rot im Kalender an".
Vor dem Hintergrund, dass die Spieler verlorenes Terrain bei der Anhängerschaft zurückerobern müssen, ist es natürlich hilfreich, dass Müller wieder dabei ist.
Der 32-Jährige steht wie kaum ein Zweiter für Authentizität, Einsatzbereitschaft und ehrliche Ansagen. Das wurde jetzt in Hamburg wieder deutlich - denn die Fan-Nähe, die Müller ohnehin als schwierigen Begriff definierte, findet heutzutage auch in den sozialen Netzwerken statt.

Müller: "Fans viel näher als vor 20 Jahren"

"Wir Spieler geben viel mehr Nähe nach außen als früher", postulierte Müller. "Als ich noch Fan war, gab es vielleicht mal eine Homestory, heute teilen Spieler Bilder vom Kaffeetrinken." Dahinter steckten mitunter auch Vermarktungsstrategien. Er glaube aber, dass die Profis "den Fans viel näher sind als noch vor 20 Jahren".
Müller hält allerdings einen anderen Faktor für entscheidend im Hinblick auf die Zukunft der Nationalelf. "Wir wollen die Fans mit unserem Spiel begeistern", betonte der Offensivspieler. Er sei Anfang September beim WM-Qualifikationsspiel gegen Armenien in Stuttgart als Zuschauer dabei gewesen. "Neben mir ist eine Familie aus dem Sattel gegangen. Da war schon eine gewisse Stimmung zu spüren", berichtete Müller.
Für eine solche Stimmung will er gegen Rumänien (Freitag ab 20:45 Uhr im Liveticker bei Eurosport.de) wieder auf dem Platz sorgen.
Immerhin: Die Aussichten sind gut. Zum einen lief der Ticket-Vorverkauf stark an, die zugelassenen 25.000 Zuschauer dürften auch da sein, wenn der Ball rollt. Zum anderen hat sich die Mannschaft unter dem neuen Bundestrainer Flick nach dem mageren 2:0-Erfolg in Liechtenstein gesteigert und in den weiteren Qualifikationspartien gegen Armenien (6:0) und Island (4:0) Kantersiege eingefahren.
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