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FußballWM

WM 2022 - Drei Dinge, die bei Brasilien gegen die Schweiz auffielen: Ohne Herz, dafür mit Faust

Florian Bogner

Update 28/11/2022 um 23:58 GMT+1 Uhr

Brasilien müht sich ohne Neymar zum zweiten WM-Sieg. Beim 1:0 gegen die Schweiz in Gruppe G ist das Fehlen des Mittelfeldstars merklich. Weil's bei Richarlison diesmal auch nicht läuft, müssen andere in die Bresche springen - Vinícius Junior schwingt sich so zum Mann des Spiels auf. Die Schweiz wehrt sich zwar tapfer, vergisst das Offensivspiel aber komplett. Drei Dinge, die uns auffielen.

Casemiro: "Es war manchmal bisschen langweilig für uns"

Neymar war nicht dabei und doch allgegenwärtig. Obwohl zwischen Brasiliens WM-Quartier, dem Westin Doha Hotel & Spa und dem Stadion 974 nur knapp sieben Kilometer liegen, verzichtete der Superstar der Brasilianer auf den Trip zum Schweiz-Spiel.
Mit eingepacktem Fuß verfolgte der 30-Jährige das zweite Gruppenspiel der Seleção vom Hotelbett aus vor dem Fernseher. Was er sah, war ein Arbeitssieg: 1:0 durch den schönen Treffer von Casemiro auf Vorlage von Rodrygo (83.).
Brasilien fehlte das Herzstück, dafür gab's die Faust. Der Mittelfeldstar von Manchester United ist eigentlich eher ein Mann fürs Grobe - diesmal setzte er den Glanzpunkt und hievte Brasilien damit ins Achtelfinale.
"Das sind keine schönen Spiele, die Mannschaften neutralisieren sich. Ich habe den Ball zum Glück voll erwischt", sagte der Siegtorschütze: "Ich bin froh, dass ich der Mannschaft helfen konnte."
Was uns beim Top-Spiel der Gruppe G auffiel.
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Neymar im Team-Hotel der Brasilianer // Screenshot: instagram.com/neymarjr

Fotocredit: Eurosport

1.) Ohne Neymar fehlt das Herz(stück)

Bastian Schweinsteiger brachte es in der Halbzeit auf den Punkt. "Die Schweiz macht die Mitte sehr eng, da kann sich Neymar normalerweise gut lösen. Jetzt steht da der Fred - und der Fred kann das halt nicht", sagte der "ARD"-Experte entwaffnend ehrlich.
Eine Seleção ohne Neymar, der beim Auftakt gegen Serbien (2:0) umgeknickt war und an einer Knöchelverletzung laboriert, ist offenbar nur die Hälfte wert - oder zumindest etwas weniger. Das lässt sich auch statistisch untermauern: Zwischen WM 2018 und WM 2022 gewann Brasilien mit Neymar in der Startelf 86 Prozent der Spiele (24 von 28), ohne den Zehner nur 65 Prozent (15/23).
Gegen Serbien hatte Neymar als eine Art Achter vor Casemiro und neben Luis Paquetá agiert, war von dort aber immer wieder mit Tempo zwischen die Linien gestoßen und hatte so viel in der Offensive initiiert. Dieses Element fehlte den Brasilianern gegen die Schweizer komplett.
Es gab eigentlich nur einen Plan: Rechts rumspielen und dann schnell auf Vinícius Junior nach links verlagern, damit der ins Eins-gegen-Eins gehen kann. Dafür rückte sogar Linksverteidiger Alex Sandro permanent nach innen ein.
Paquetá machte im ersten Durchgang zwar einen relativ beweglichen Eindruck. Weil er aber viel zu oft im Korridor von Vinícius Junior rumlungerte, nahm Tite ihn zur Halbzeit vom Feld.
Mit Rodrygo und später auch Bruno Guimarães (58. für Fred) war die Raumaufteilung dann besser. Brasiliens Spiel wurde zwar noch eindimensionaler, machte aber nichts. Vinícius Junior war Plan A, B und C und das reichte. "Wir haben Geduld bewiesen, auch wenn es für uns manchmal fast schon langweilig war", sagte Casemiro.
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Casemiro trifft zum Sieg beim WM-Spiel zwischen Brasilien und der Schweiz

Fotocredit: Getty Images

2.) Außer Viní kaum Party

Womit man schon beim eigentlichen Mann des Spiels wäre, auch wenn Casemiro die Fan-Trophäe erhielt: Der Flügelstürmer von Real Madrid war gegen die Schweiz die einzige spitze Waffe der Seleção und wurde entsprechend immer gesucht, wenn es über die Mittellinie ging.
Fast 30 Mal spielten die Brasilianer Vinícius Junior zwischen den Viererketten der Schweizer an, immer in der Hoffnung darauf, dass der 22-Jährige das dann schon irgendwie alleine regeln würde.
Vinícius tat auch brav, wie ihm geheißen: Immer wieder suchte er das Dribbling, immer wieder lief er dem tapferen Mainzer Silvan Widmer davon. Auch vor dem 1:0 hatte der Außenstürmer seine Füße im Spiel.
Vom Doppeltorschützen des Serbien-Spiels, Mittelstürmer Richarlison, war dagegen nicht so viel zu sehen. Das lag zum einen an der sehr guten Innenverteidigung der Schweizer: Manuel Akanji und Nico Elvedi lösten das im Verbund oft clever gegen den Spurs-Angreifer. Zum anderen fehlten Richarlison aber auch verwertbare Bälle ins Zentrum - da kam aus dem Mittelfeld der Brasilianer viel zu wenig.
Zum unglücklichen Auftritt Richarlisons passte, dass er die vermeintliche Führung durch Vinícius Junior in der 64. Minute durch eine Abseitsposition zunichtemachte.
"Wir haben gescherzt, dass es eine Art Schachspiel ist, man muss jede Figur genau analysieren, bevor man die Züge machen kann", bilanzierte Trainer Tite: "Es war ein schwieriges Spiel, die Schweiz hat eine tolle Verteidigung, wir mussten alles geben."
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Vinícius Junior (Brasilien) trifft gegen die Schweiz - doch der Treffer wird aberkannt

Fotocredit: Getty Images

3.) Kein zweites Spanien für die Schweiz

Der Matchplan der Eidgenossen war nicht schlecht: Mit zwei Viererketten kompakt stehen, die Brasilianer aggressiv anlaufen, entnerven und dann mal gucken, was so geht.
Die offensive Dreierreihe mit dem jungen Berner Fabian Rieder, dem eigentlich defensiver denkenden Frankfurter Djibril Sow und dem in Augsburg seltener als in der Nati aufgestellten Ruben Vargas überraschte, tat aber offenkundig genau das, was Trainer Murat Yakin sich vorgestellt hatte: arbeiten, anlaufen, verschieben. Allerdings kam es kaum zu hohen Ballgewinnen.
Und dass Offensivspiel bleib komplett auf der Strecke. Bis zur Halbzeitpause brachte die Schweiz gerade mal einen einzigen Torschuss zustande. Das deckte sich zwar mit dem Husarenstück der WM 2010, als man 1:0 gegen den späteren Weltmeister Spanien gewann, doch der Blitz schlug nicht zweimal an derselben Stelle ein.
"Wir haben's größtenteils gut gemacht und nicht viel zugelassen. Aber mit Ball haben wir den Ball viel zu schnell verloren und konnten nicht für Entlastung sorgen", sagte Torwart Yann Sommer.
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Manuel Akanji im Zweikampf mit Richarlison - Brasilien vs. Schweiz

Fotocredit: Getty Images

Breel Embolo, beim 1:0 gegen Kamerun noch der Held, war komplett vom Nachschub abgeschnitten (nur 24 Ballkontakte), bewegte sich aber auch nicht gut und kam nur ein einziges Mal im Strafraum der Südamerikaner an den Ball.
Im (Offensiv-)Spiel war die Schweiz eigentlich nur in einer ganz kurzen Phase zwischen der 52. und 59. Minute, in der man fünf Torschüsse abgab, allerdings alle neben das von Alisson Becker gehütete Gehäuse. Danach war wieder Sense.
"Der Matchplan ging sehr lange auf", sagte Trainer Yakin: "Wir haben den Gegner gut kontrolliert mit einer intensiven Laufleistung. Es ist ein trauriger Moment, dass wir das Spiel aus den Händen gegeben haben. Es hat offensiv ein wenig der Mut gefehlt. Mit ein bisschen mehr Glück wäre sicher mehr drin gewesen."
Brasiliens Sieg, wenn auch knapp, ging trotzdem vollkommen in Ordnung. "Brasilien hat im Aufbauspiel kaum Fehler gemacht, war nie unorganisiert", sagte Bastian Schweinsteiger in der "ARD": "Sie haben eine Schippe draufgelegt und verdient gewonnen."
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