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Taktikfuchs Sigurdsson ist "Schlüssel" zum EM-Erfolg der deutschen Handballer

VonSID

Publiziert 28/01/2016 um 13:45 GMT+1 Uhr

Bundestrainer Dagur Sigurdsson ist der Achtitekt der deutschen EM-Erfolge. Der Sieg gegen Dänemark war eine taktische Meisterleistung, die Spieler vertrauen dem Isländer blind.

Bundestrainer Dagur Sigurdsson

Fotocredit: SID

Dagur Sigurdsson wusste nicht, wohin mit all seinem Glück. Seine Spieler standen längst unter der Dusche, da streifte der Bundestrainer, die Hände in den Hosentaschen, noch einmal ganz allein durch die Katakomben der Jahrhunderthalle von Breslau und tat etwas, das man von ihm zu so später Stunde noch nicht gesehen hatte. Sigurdsson strahlte übers ganze Gesicht.
"Das war ein richtig schöner Abend. Ich bin unheimlich stolz und super zufrieden", sagte der Bundestrainer fast ein bisschen beschwingt. Der berauschende 25:23-Erfolg gegen Dänemark hatte den isländischen Eisblock endgültig zum Schmelzen gebracht.
Mit einer taktischen Meisterleistung hatte Sigurdsson den Löwenanteil am ersten Halbfinal-Einzug einer deutschen Handball-Mannschaft bei einem Großereignis seit 2008. Und so greift die Auswahl des Deutschen Handballbundes neun Jahre nach dem WM-Gold beim Wintermärchen 2007 erstmals wieder nach einem Titel. Vor dem Halbfinale gegen Norwegen am Freitag (18.30 Uhr im Liveticker) ist plötzlich alles möglich. Sigurdsson sei Dank.

Ausfälle machen keinen Unterschied

"Wir vertrauen ihm blind", sagte Kreisläufer Erik Schmidt, einer der deutschen Senkrechtstarter bei der EM in Polen. Sigurdsson formte aus dem jüngsten Team aller EM-Teilnehmer in Rekordzeit einen ernsthaften Medaillenkandidaten. Selbst die verletzungsbedingten Ausfälle von sechs Stammkräften konnten ihn nicht aus dem Konzept bringen.
Jammern? Das ist nicht Sigurdssons Sache. Ohne zu lamentieren, machte er aus der (Personal-)Not eine Tugend und impfte seinem mit inzwischen 16 (!) EM-Debütanten gespickten Kader in Rekordzeit das Sieger-Gen ein. Die größtenteils blutjungen Spieler hängen förmlich an seinen Lippen. In einem Klima des bedingungslosen Vertrauens wuchs bei den deutschen Grünschnäbeln auch das Vertrauen in die eigene Stärke - mit jeder Minute, von Tag zu Tag. Der neue Abwehrchef Finn Lemke sagte:
Dagur gibt uns einen Matchplan an die Hand, und den ziehen wir hundertprozentig durch.
Der Matchplan gegen Dänemark ging mal wieder voll auf. Immer wieder verwirrte Sigurdsson das dänische Starensemble um Superstar Mikkel Hansen mit neuen Taktik-Variationen, wechselte ständig zwischen den Abwehrformationen und sorgte so bei den Skandinaviern für allgemeine Verunsicherung. Auch im Angriff verblüffte er mit Aufstellungen, die in dieser Form noch nie zusammen gespielt hatten. Selbst in der ungemein spannenden Schlussphase vertraute Sigurdsson auf die gerade erst nachnominierten Kai Häfner und Julius Kühn. Sie dankten es ihm mit wichtigen Treffern.
"Dagur ist der Schlüssel zum Erfolg und derjenige, der das Schiff lenkt. Das macht er sehr, sehr gut", sagt Bob Hanning. Der DHB-Vizepräsident hatte Sigurdsson im Sommer 2014 von den Füchsen Berlin zur Nationalmannschaft gelotst - ein Glücksgriff für den deutschen Handball, wie sich schnell herausstellte. Von den 34 Länderspielen unter Sigurdsson gewann Deutschland 26, eine überragende Quote.

"Warum sollten wir schlechter spielen?"

Mit isländischer Akribie und seiner durch und durch unaufgeregten Art führte Sigurdsson das deutsche Team in den letzten anderthalb Jahren wieder in die Spur. Als viele Experten die deutsche Mannschaft aufgrund der vielen Verletzten vor der EM schon abgeschrieben hatten, blieb er erstaunlich cool. Den Druck, Platz sieben bei der Wüsten-WM vor Jahresfrist in Katar nun vor einem Millionenpublikum bei ARD und ZDF bestätigen zu müssen, ließ sich Sigurdsson - zumindest äußerlich - nie anmerken. "Rein sportlich sind wir jetzt auf dem Weg von einem großen Kahn hin zu einem immer schneller werdenden Schnellboot", sagte Hanning voller Bewunderung.
Der viel Gelobte richtete seinen Fokus nach dem Coup gegen Dänemark direkt auf das Halbfinale. Seine Mission, das war Sigurdsson auch am Donnerstag bei der Abreise der deutschen Entourage nach Krakau deutlich anzumerken, ist noch nicht beendet. "Wir haben gute Spiele gezeigt bis jetzt, und ich sehe keinen Grund, warum wir jetzt plötzlich schlechter spielen sollten", sagte er mit Blick auf die Partie am Freitag gegen Norwegen.
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