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Handball-WM 2023 - Pascal Hens im Interview: Das kommt auf Deutschland in der Hauptrunde zu

Robert Bauer

Update 19/01/2023 um 10:19 GMT+1 Uhr

Die deutsche Nationalmannschaft hat bei der Handball-WM die Hauptrunde erreicht und dabei mit der perfekten Ausbeute von drei Siegen aus drei Partien für Furore gesorgt. Auch Eurosport-Experte Pascal Hens zeigt sich begeistert von den Auftritten des DHB-Teams. Der Ex-Nationalspieler blickt exklusiv auf die deutsche Hauptrundengruppe voraus und verrät, wo es noch Steigerungspotential gibt.

DHB-Team selbstbewusst: "Gewappnet für die schweren Spiele"

Die deutsche Nationalmannschaft hat bei der Handball-WM in Polen und Schweden in der Gruppenphase für Furore gesorgt und mit drei Siegen aus drei Spielen die Hauptrunde erreicht, in die die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason die Maximalausbeute von vier Punkten mitnimmt.
Eurosport-Experte Pascal Hens zeigt sich beeindruckt von den bisherigen Auftritten der DHB-Auswahl.
Der ehemalige Nationalspieler blickt im Exklusiv-Interview auf die deutsche Hauptrundengegner Argentinien, die Niederlande und Norwegen und verrät, in welchem Bereich es für das Team um Kapitän Johannes Golla noch Steigerungspotential gibt.
Das Interview führte Robert Bauer.
Herr Hens, dieWM-Vorrunde ist Geschichte, die Hauptrunde steht vor der Tür. Mit dabei ist auch die deutsche Nationalmannschaft nach drei Siegen aus drei Spielen. Wie bewerten Sie die Auftritte der DHB-Auswahl in der Gruppenphase?
Pascal Hens: Ich freue mich darüber, dass die Jungs es so gut in der Vorrunde gemacht haben. Drei Spiele, drei Siege und mit vier Punkten weiter - besser geht es nicht. Gerade offensiv haben wir ein sehr, sehr gutes Bild abgegeben. In der Abwehr war es dagegen ab und zu ein bisschen löchrig, da muss sich die Mannschaft im Hinblick auf die Hauptrunde auf jeden Fall noch steigern. Allerdings gibt es immer etwas, das man besser machen kann. Wichtig war, dass wir in den engen Spielen, wie gegen die starken Serben (34:33 für Deutschland; Anm. d. Red.), dagegengehalten und am Ende gewonnen haben. Das war in meinen Augen sehr wichtig für die Chemie im Team, die aber ohnehin super ist. Wenn du so ein enges Spiel gewinnst und mit vier Punkten in der Hauptrunde stehst, macht das etwas mit dir als Mannschaft. Das gibt dir nochmal einen Extra-Push. Die Ausgangssituation ist super, wir sind in einem gewissen Flow und diesen gilt es jetzt in das erste Hauptrundenspiel gegen Argentinien mitzunehmen. Mit dem Erfolgserlebnis, das wir gegen die Serben hatten, sind wir auch für die Spiele gegen Norwegen und die Niederlande gut vorbereitet, weil man weiß, dass man solche engen Spiele gewinnen kann.
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Joel Birlehm (Deutschland) bejubelt den Sieg bei der Handball-WM gegen Serbien

Fotocredit: Imago

Was ist Ihnen im deutschen Team besonders positiv aufgefallen und an welchen Stellen ist noch Luft nach oben?
Hens: Wir haben alle gehofft, dass Juri Knorr, der in der Bundesliga-Hinrunde bei den Rhein-Neckar Löwen sehr stark war, seine Form mitnimmt und er auf der Mittelposition ein Stück weit die Fäden zieht. Das hat er bislang auch getan. Eine große Überraschung war das für mich aber nicht. Außerdem fiel auf, dass der erste Anzug immer sehr gut gepasst hat. Mit den zahlreichen Wechseln kam dann ein kleiner Bruch, aber das ist nichts Außergewöhnliches. Die Jungs trainieren nicht so viel zusammen, deshalb muss sich das alles erst einspielen. Ich hoffe, dass sich durch das letzte Gruppenspiel gegen Algerien, bei dem viele Jungs zum Zug gekommen sind, die zuvor noch nicht so viel spielen durften, im Turnier angekommen sind. Hoffentlich können wir jetzt in der Hauptrunde aus dem Vollen schöpfen und es kommt zu keinem Bruch, sobald gewechselt wird. Bislang haben sie es aber echt stark gemacht.
Juri Knorr gehört ganz klar die Zukunft
Apropos Juri Knorr: Der 22-Jährige ist so etwas wie der Schlüsselspieler im DHB-Team. Wie bewerten Sie seine Entwicklung und hat er das Potential, bei den kommenden Turnieren das Gesicht der deutschen Mannschaft zu werden?
Hens: Er hat absolut das Potential dazu. Bei Juri sieht man sehr gut, was Selbstvertrauen und ausreichend Einsatzzeit mit einem Spieler macht. Auf Vereinsebene hatte er in seinem ersten Jahr bei den Rhein-Neckar Löwen noch nicht so viel Spielzeit, weil Andy Schmid damals noch da war. Nach dessen Abgang hat sich Knorr dann im vergangenen halben Jahr dort zum Dreh- und Angelpunkt entwickelt. Man merkt ihm an, dass er mit viel Selbstvertrauen auf der Platte steht, sich viel zutraut und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Davon profitieren wir jetzt bei der Nationalmannschaft. Juri ist ein Typ, der Führung übernehmen und in wichtigen Situationen Entscheidungen treffen will. Das tut dem Team sehr, sehr gut und hat in meinen Augen in den vergangenen Jahren ein wenig gefehlt. Ihm gehört ganz klar die Zukunft.
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Juri Knorr

Fotocredit: Getty Images

Mit Norwegen und der Niederlande warten zwei harte Brocken
Werfen wir einen Blick voraus auf die Hauptrunde. Wie schätzen Sie die deutschen Gegner Argentinien, die Niederlande und Norwegen ein?
Hens: Mit Norwegen und der Niederlande warten jetzt zwei harte Brocken in der Hauptrunde. Die deutsche Nationalmannschaft muss sehr gut vorbereitet sein, weil da zwei Mannschaften mit sehr viel Tempo auf sie zukommen. Das werden schwierige Aufgaben, aber wir haben zum Glück schon vier Punkte. Das erste Spiel gegen Argentinien ist ein Must-Win in meinen Augen - ohne den Argentiniern zu nahe treten zu wollen. Wenn wir es ins Viertelfinale schaffen wollen, sind diese zwei Punkte Pflicht, weil danach mit Niederlande und Norwegen zwei richtig schwierige Gegner warten.
Was zeichnet die drei Mannschaften aus?
Hens: Das erste Spiel gegen Argentinien müssen wir gewinnen, dann hätten wir schon mal sechs Punkte, bevor es gegen zwei richtig harte Brocken geht. Norwegen hat in ihrem Grundkonstrukt Jungs dabei, die schon seit vielen Jahren zusammenspielen. Sie sind daher vielleicht ein wenig eingespielter als wir das sind. In ihrem direkten Aufeinandertreffen haben Norwegen und die Niederlande (27:26 für Norwegen; Anm. d. Red.) in der Anfangsphase ein Höllentempo vorgelegt. Die Niederländer rennen unaufhörlich nach vorne, besonders ihr kleiner Mittelmann Luc Steins gibt nie Ruhe. Da ist auch bei der zweiten und dritten Phase in der zweiten Welle noch nicht Schluss. Das war schon beeindruckend, was sie gegen Norwegen gezeigt haben. Der Nachteil bei den Niederländern ist, dass sie nicht den Kader haben, um dieses Tempo über 60 Minuten durchgehen zu können. Deshalb konnte sich auch Norwegen in der Defensive immer besser darauf einstellen und das Spiel letztlich drehen. Gegen diese temporeichen Mannschaften musst du gut vorbereitet sein, mit allem rechnen und darfst dich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Selbst wenn du zur Halbzeit hinten bist, muss dir bewusst sein, dass du dieses Spiel noch gewinnen kannst.
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Dani Baijens (Niederlande) im WM-Spiel gegen Norwegen

Fotocredit: Getty Images

In der Defensive waren noch ein paar Löcher
Bundestrainer Alfred Gislason meinte nach dem Sieg gegen Algerien (37:21; Anm. d. Red.), dass Norwegen der schwerste Gegner sein wird. Gegen die Niederlande mussten sie sich allerdings ganz schön strecken. Wer ist für Sie der härteste Brocken für Deutschland?
Hens: Spielerisch denke ich, dass Norwegen die bessere Mannschaft ist. Die Niederländer sind vom Stil her dagegen ein wenig unkonventioneller. Mit den beiden klein gewachsenen Dani Baijens und Steins haben sie zwei Spieler, die sehr schnell sind und hinten raus viel Tempo machen. Darauf muss sich Deutschland einstellen. Allerdings weiß das Alfred am besten und wird seine Jungs entsprechend darauf vorbereiten. Vom Gefährlichkeitsgrad her sehe ich aber beide auf der gleichen Stufe.
Worauf kommt es für die deutsche Mannschaft in den kommenden Partien an? Muss der Fokus noch mehr auf die Defensive gelegt werden? In der Vergangenheit war das zumeist der Erfolgsgarant.
Hens: In den ersten drei Spielen hat man gesehen, dass in der Defensive noch ein paar Löcher waren, die es zu schließen gilt. Obwohl wir bereits eine starke Vorrundengruppe hatten, steigert sich die Qualität der Gegner im Laufe des Turniers nochmals. In der Hauptrunde oder in einem möglichen Viertelfinale kommen ein paar andere Kaliber. Eine stabile Abwehr mit einem guten Torhüter muss die Grundlage sein - da haben wir auf jeden Fall noch Steigerungspotential. Der Weg nach vorne hat mir dagegen sehr, sehr gut gefallen. In den vergangenen Turnieren sind wir in der ersten und der zweiten Welle nicht so mutig nach vorne gegangen. Das haben wir dieses Mal von der ersten Sekunde an gemacht und waren daher in der Lage, gegen Katar und Serbien loszulegen wie die Feuerwehr und uns ein Polster verschaffen. Vorne mache ich mir daher wenig Gedanken. Wir müssen einzig unsere Fehlerzahl möglichst geringhalten, weil die anderen Mannschaften Nachlässigkeiten sofort bestrafen.
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Johannes Golla (Deutschland) im WM-Spiel gegen Serbien

Fotocredit: Imago

Die Chancen auf das Viertelfinale stehen gut
Wie stehen Ihrer Meinung nach die deutschen Chancen auf das Viertelfinale?
Hens: Wir sind mit vier Punkten weiter - besser hätte man nicht in die Hauptrunde kommen können. Deshalb stehen die Chancen auf das Viertelfinale gut. Doch selbst wenn Deutschland das Spiel gegen Argentinien gewinnen und sechs Zähler auf dem Konto haben sollte, haben sie noch die Niederlande und Norwegen vor der Brust. Verlieren sie diese beiden Spiele, könnte es dennoch sein, dass sie ausscheiden. Deswegen müssen die Jungs jedes Spiel neu angehen und konzentriert bleiben - genauso, wie sie es bislang gemacht haben. Dann liegt das Viertelfinale in unserer Hand. Schließlich hätte die Ausgangsposition nicht besser sein können.
Die Topmannschaften haben sich bislang wenig Blöße gegeben: Wer von den Favoriten hat für Sie den besten Eindruck in der Vorrunde gemacht - sprich, wer ist für Sie das Team, das es zu schlagen gilt?
Hens: Das ist nicht ganz einfach zu beurteilen. Im Vorfeld der WM hatte ich Dänemark und Schweden als Favoriten genannt. Dänemark hatte aber keine besonders starke Vorrundengruppe und wurde daher noch nicht wirklich gefordert. Ähnliches gilt für Schweden. Frankreich hat es bislang sehr souverän gemacht, obwohl sie einige Ausfälle verkraften mussten. Sie haben jedoch so viele starke Spieler in ihren Reihen, dass sie jene Ausfälle problemlos kompensieren konnten. Sie machen nicht zuletzt dank ihrer starken Abwehr einen sehr stabilen Eindruck. Bei Frankreich ist damit zu rechnen, dass sie zumindest den Weg ins Halbfinale wieder schaffen werden.
Die geplanten Live-Spiele der Hauptrunde bei Eurosport 1 im Free-TV auf einen Blick:
  • Donnerstag, 19. Januar 2023 | 20:15 Uhr | Dänemark gegen Kroatien
  • Freitag, 20. Januar 2023 | 20:15 Uhr | Island gegen Schweden
  • Samstag, 21. Januar 2023 | 17:45 Uhr | Katar gegen Norwegen (dt. Gruppe)
  • Montag, 23. Januar 2023 | 17:45 Uhr | Serbien gegen Niederlande (dt. Gruppe)
Die Übertragungen der Partien im weiteren Turnierverlauf werden kurzfristig bekanntgegeben. Änderungen aus redaktionellen Gründen vorbehalten.
Hinweis: Warner Bros. Discovery zeigt bis zu 15 Spiele der IHF Men’s World Championship 2023 live im Free-TV bei Eurosport 1. Das von sportdeutschland.tv sublizenzierte Rechtepaket für das Turnier, das vom 11. bis 29. Januar in Polen und Schweden ausgetragen wird, umfasst Spiele ohne deutsche Beteiligung - darunter auch die beiden Halbfinals sowie das Finale, sollte das DHB-Team diese Partien nicht erreichen.
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Mega-Comeback: Norwegen luchst Niederlande zwei Punkte ab

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