Aufbruch oder Rückschlag: Schicksalswahl für deutschen Sport über Olympia 2024 in Hamburg

VonSID

Publiziert 27/11/2015 um 11:17 GMT+1 Uhr

Geld, Image, Zukunft: DOSB-Präsident Alfons Hörmann hat das Olympia-Referendum in Hamburg zu einer Art Richtungsentscheidung für den gesamten deutschen Sport erklärt. Nur im Falle einer Fortsetzung der Bewerbung um die Spiele 2024 könne der so dringend ersehnte und notwendige Ruck durch Sportdeutschland gehen - ein Scheitern hätte dagegen wohl fatale Folgen.

Presentation of Olympic rings in Rio de Janeiro

Fotocredit: Eurosport

Hörmann macht "keinen Hehl daraus, dass es dann an vielen Stellen viel schwieriger wird, die notwendige Unterstützung zu erhalten". Das sagte der Spitzenfunktionär im SID-Interview: "Und damit würde die mehr und mehr wahrnehmbare Zwei-Klassen-Gesellschaft des deutschen Sports - auf der einen Seite der so erfolgreiche Fußball, auf der anderen Seite alle anderen Sportarten - tendenziell leider noch mehr zu- als abnehmen."
Nur wenn die Hamburger am Sonntag mehrheitlich mit Ja stimmen, hält die Hansestadt an ihrer Bewerbung fest. Für Hörmann steht am Sonntag auch die Spitzensportförderung auf dem Spiel. "In einem gewissen Maß ja, denn dann würden zahlreiche positive Effekte für den Sport ausbleiben, wenn die Bewerbung jetzt in Hamburg scheitern sollte", sagte er.

Hörmann: Es geht um die Zukunft Sportdeutschlands

"Insofern ist die Fragestellung, ob die Hamburgerinnen und Hamburger auch über die Zukunft Sportdeutschlands abstimmen, durchaus zutreffend." Mit einem Ja würden die Norddeutschen hingegen eine Aufbruchstimmung erzeugen und "den gesamten Stellenwert des Sports in Deutschland auf ein neues Niveau" heben.
Verkrustete Strukturen, nachlassender Erfolg - Reformen wären im deutschen Sport bitter nötig. 1996 in Atlanta landeten die Athleten mit dem Adler auf der Brust mit insgesamt 65 Medaillen - davon 20 aus Gold - noch auf Rang drei im Medaillenspiegel, zuletzt 2012 in London reichte es nur noch zu Platz sechs (44 Medaillen, elf aus Gold).
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DOSB-Präsident Alfons Hörmann

Fotocredit: SID

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte zuletzt mehr Medaillen, will aber nicht viel mehr als die etwas über 150 Millionen Euro jährlich vom Staat zur Förderung zur Verfügung stellen. Ein Nein der Hamburger zu den Olympia-Plänen würde de Maizière da sicher nicht umstimmen.
Ehemalige Sportstars wie Michael Stich sorgen sich deshalb um eine erfolgversprechende Zukunft. "Ich denke, dass die Bundesregierung bisher zu wenig für den Spitzensport tut", sagte der Wimbledon-Sieger von 1991 dem SID. Für Stich wäre ein Scheitern der Bewerbung eine mittlere Katastrophe.

Stich: Negativer Ausgang "ein ganz schlechtes Zeichen"

"Wenn es negativ ausgeht, glaube ich nicht, dass sich Deutschland zu meinen Lebzeiten noch einmal um Olympische Spiele bewerben wird. Das wäre ein ganz schlechtes Zeichen - für das ganze Land", sagte der 47-Jährige. Die Strukturen im Sport "werden sich bei einem negativen Ausgang nicht ändern. Und das wird sicher nicht dazu beitragen, dass wir besser werden und wieder mehr Medaillen gewinnen."
Auch für Wolfgang Maennig, Ruder-Olympiasieger von 1988, hängt der Erfolg der nächsten Jahre vom Ausgang der Abstimmung ab. Ein Nein "wäre mit Sicherheit ein 'Niederschlag', ein fatales Signal für den Sport", sagte Maennig dem SID. Besonders bitter wäre es, "dass der erhoffte Impuls für den Spitzensport fehlen würde. Die deutsche Medaillenausbeute der vergangenen Spiele ist rückläufig, und eine deutsche Olympiaausrichtung würde zu deutlich verbesserten Rahmenbedingungen für unsere Athleten und Athletinnen führen."
Davon geht auch Hörmann aus und nimmt die Hamburger in die Pflicht: "Am Ende haben sie es in der Hand, uns Rücken- oder Gegenwind mit auf unseren weiteren Weg zu geben."
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