Die großen Olympia-Geschichten: Dawn Fraser - von Ruhm und Schmerz

Dawn Fraser ist eine der erfolgreichsten Schwimmerinnen des 20. Jahrhunderts, in ihrer Heimat Australien gilt sie vielen als größte Sportlerin aller Zeiten. Fraser war die erste von drei Schwimmer*innen in der Geschichte, die bei drei Olympischen Spielen in Serie Einzel-Gold in der gleichen Disziplin gewann: den 100 Metern Freistil. Hinter dem Erfolg verbirgt sich auch eine große Tragödie.

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Australiens Schwimmlegende Dawn Fraser

Fotocredit: Eurosport

Man nannte sie "Oma".
Dawn Fraser tat so, als wäre sie beleidigt, konnte aber über die Frotzeleien ihrer Teamkameradinnen insgeheim lachen. Sie sah in ihrem Spitznamen vielmehr eine Respektsbezeugung. Mit 27 Jahren zählt man im Schwimmsport eben schon zum alten Eisen. Fraser war jung in die Weltspitze aufgestiegen, jetzt verblüffte sie die Schwimmwelt damit, wie lange sie sich an der Spitze halten konnte. Währenddessen hatte ihre große US-Rivalin Sharon Stouder gerade erst ihren sechzehnten Geburtstag gefeiert ...
Als Fraser am 13. Oktober 1964 auf Bahn vier im Yoyogi National Gymnasium in Tokio zum Finale über die 100 m-Freistil antrat, war der zweifachen Olympiasiegerin über die Königsdisziplin des Schwimmens bewusst, dass sie weniger als eine Minute brauchen durfte, um sich einen Eintrag in den olympischen Geschichtsbüchern sichern zu können. Nie zuvor hatte eine Athlet*in, weder Mann noch Frau bei drei aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen Gold in derselben Einzeldisziplin gewonnen, weder im Schwimmen noch in irgendeiner anderen olympischen Sportart. Fraser aber waren Geschichtsbücher und Rekorde in diesem Augenblick völlig egal, vielmehr waren ihre Gedanken bei ihrer verstorbenen Mutter, die ihr von der Tribüne aus zuschauen wollte und deren Ehering sie nun zur Erinnerung trug.
Sieben Monate zuvor, Fraser kam gerade von den nationalen australischen Schwimm-Meisterschaften und ihre Konzentration galt schon den Spielen von Tokio, nahm sie eines Abends mit ihrer Mutter Rose, einer ihrer Schwestern und Freundin Wendy Walters an einem Benefizdinner in Sydney teil. Fraser war als Fahrerin vorgesehen, sie bot ihrer Schwester an, sie auf dem Heimweg abzusetzen. Was dann passierte, erzählte sie in ihrer 1965 erschienenen Autobiografie "Below The Surface" (zu Deutsch: Unter der Oberfläche).
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Dawn Fraser im Olympischen Dorf bei den Spielen 1964 in Tokio

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"Ich fuhr ungefähr 40 Meilen pro Stunde. Ich hatte seit rund zehn Jahren einen Führerschein und ich wusste, dass meine Mutter es nicht mochte, wenn ich zu schnell fuhr. Wir bogen auf dem Highway gerade in eine Kurve, als direkt vor mir die Fahrerkabine eines Lastwagens auftauchte. In dem Moment rief Wendy, die neben mir auf dem Vordersitz saß: 'Pass auf, Dawn!' Ich erinnere mich, dass ich das Lenkrad nach rechts riss und stark bremste."
Trotz ihres Ausweichmanövers streifte Dawn den Lastwagen und überschlug sich mit ihrem Wagen. Der Fahrer hatte den Lkw an der Straße geparkt, um im nahen Cook's River angeln zu gehen. "Meine Erinnerungen an den Unfall sind vage: eine gigantische Nahaufnahme des LKW im Scheinwerferkegel, ein lautes Quietschen der Reifen auf dem Asphalt, ein monströser Aufprall", erinnert sich Dawn Fraser in ihrer Autobiografie.

Die volle Wahrheit nach 37 Jahren

Ihre Freundin Wendy Walters erlitt eine Prellung im Gesicht, ansonsten kam sie mit dem Schrecken davon. Fraser und ihre Schwester verloren das Bewusstsein, aber auch sie erlitten keine lebensbedrohlichen Verletzungen. Als Dawn Fraser im Krankenhaus aufwachte, sah sie Walters und ihre Schwester in den Betten neben ihr liegen. Einer der Ärzte sagte: "Drei Verletzte und ein DOA" - der medizinische Fachausdruck für "dead on arrival" - Tod bei Ankunft.
"Ich kann mich erinnern, dass ich meinen ältesten Bruder ansah und fragte: 'Kenny, was bedeutet DOA?', und er antwortete: 'Mach dir keine Sorgen, Schwesterchen', so erinnert sich Fraser an den schlimmsten Moment ihres Lebens. "Ich fragte ihn: 'Geht es Mama gut?' Er sagte: 'Wir werden später darüber reden.'" Tatsächlich war Frasers Mutter zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Die Olympiasiegerin erfuhr vom Tod der Mutter zwei Tage nach dem Unfall. Sie selbst musste mit schweren Rücken- und Nackenverletzungen zwei Monate lang eine Metallschiene tragen, um ihren Körper ruhig zu stellen. Sie konnte deshalb nicht an der Beerdigung ihrer Mutter teilnehmen. Kummer und Schuldgefühle stürzten sie in eine schwere Depression.
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Drei Spiele, dreimal Gold: "Goldfisch" Fraser schreibt Geschichte

"Ich machte mir ständig Vorwürfe, weil ich das Auto gefahren hatte. Meine Mutter war 68 Jahre alt, sie bedeutete mir alles. Ich glaube nicht, dass ich bis zum Unfall wirklich wusste, wie nahe wir uns standen. Und dann war es zu spät." Während ihrer letzten Tage im Krankenhaus redeten Frasers Geschwister immer wieder auf sie ein, dass sie nicht die Schuld für den Tod der gemeinsamen Mutter auf sich nehmen solle - ohne Erfolg. "In den letzten Tagen im Krankenhaus habe ich versucht, mein Leben neu zu sortieren und mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass meine Mutter nicht mehr da war. Ich konnte nicht glauben, dass das alles wirklich passiert war."
Damit sich Fraser nicht weitere Schuldgefühle einreden konnte, benutzte die Familie eine Notlüge. Ihre Mutter, so der Gerichtsmediziner, sei an einem Herzinfarkt gestorben, der durch den Schock des Unfalls aber nicht durch den Aufprall selbst verursacht wurde, was allerdings nicht stimmte. Erst 2001, 37 Jahre später, erfuhr Dawn die ganze Wahrheit. Eine, die sie schon immer geahnt hatte. "Ich habe mich im tiefsten Inneren all die Jahre nicht gut gefühlt", schreibt Fraser in ihrer zweiten Autobiografie "What I learned along the way" von 2013. "Im Laufe der Jahre hatte ich gelernt, dass man sich nachts selbst schlagen kann, dass man nicht mehr schlafen kann, aber man kann die Vergangenheit nicht ändern. Meine Eltern haben mir beigebracht, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind und aus meinen Fehlern zu lernen."

Held ihrer Kindheit war Bruder Donny

Der Tod ihrer Mutter war nicht die erste Tragödie in Frasers Leben. Vier Jahre zuvor war ihr Vater an Krebs gestorben, ein Schiffsbauer, der aus Schottland nach Australien ausgewandert war. Ihren schmerzlichsten Verlust erlebte Dawn in ihre Kindheit. Fraser war das jüngste von acht Geschwistern, sie hatte vier Schwestern und drei Brüder. Donald, dem Ältesten, fühlte sie sich am nächsten. In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC im Jahr 2007 sprach sie über den Helden ihrer Kindheit: "Er war ein Junge, der allen gerne half, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Ich erinnere mich, dass uns unser Vater, wenn wir etwas vermeintlich Schlimmes getan hatten, mit seinem Ledergürtel auf den Hintern schlug. Um mich zu beschützen, hätte Donny die Schläge für mich eingesteckt, so als würde er sagen: "Nein, Dad, ich war derjenige, der auf der Couch geraucht hat, nicht Dawn." Es war Donny, der ihr das Schwimmen beibrachte - und - der ihren fußballbegeisterten Brüdern verbot, sie "Dawn the prawn" zu nennen - Dawn, die Garnele. Was nur im Englischen zum Witz taugt.
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Dawn Fraser bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom

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Sie war drei Jahre alt, als ihr Bruder sie zum ersten Mal in ein öffentliches Schwimmbad mitnahm. "Ich hatte Asthma", erzählt sie. "Die Ärzte meinten, ich solle Sport treiben. Ich entschied mich fürs Schwimmen, weil meine Eltern nicht viel Geld hatten. Alles, was ich dafür brauchte, war ein Badeanzug und ein Handtuch. Aber eigentlich wollte ich reiten!" Als Donny an Leukämie starb, war Dawn 11 Jahre alt. Bevor er starb, nahm er ihr das Versprechen ab, sich ganz aufs Schwimmen zu konzentrieren: "Dawnie, trainiere hart, tu es für mich. Du hast großes Talent." Es waren ihr Bruder und ihre Mutter, an die sie dachte, wenn sie bei Olympia ins Becken sprang.
Fraser wuchs in einer heruntergekommenen Doppelhaushälfte in Balmain auf, gegenüber einer stillgelegten Kohlenmine. Sie nannte es später "den trostlosen, müden Vorort der Docks von Sydney. Hier wurde die 13-jährige Fraser beim Schwimmen im örtlichen Naturschwimmbad von Harry Gallagher entdeckt. Gallagher sollte der Trainer werden, dem sie fast alles zu verdanken haben würde. Überzeugt von ihrem Potenzial, ertrug er ihre Launen und bot ihr an, sie kostenlos zu trainieren.

Die Zähmung der Widerspenstigen

Gallaghers Aufgabe war alles andere als einfach. Nicht nur, dass dieses Wunderkind des Schwimmbeckens allergisch auf Chlor reagierte, sie war ein freches, vulgäres und eigensinniges Kind, das wütend war auf die Welt. Für Jugendliche wie Fraser gibt es in Australien einen eigenen Begriff: Larrikin - gemeint war ihr ungestümer, rüpelhafter, aber insgesamt gutherziger Charakter. Nach eigenem Bekunden wäre sie völlig aus der Bahn geraten, wenn sie nicht das Schwimmen gehabt hätte. "Ich habe Fahrräder geklaut, Fensterscheiben eingeschlagen und die Schule geschwänzt, mit 14 Jahren habe ich sie ganz geschmissen." Mit ihren blauen Augen und kurzen, schwarzen Haaren war sie ein wütender Wildfang, der "wie ein Werftarbeiter" spuckte und fluchte, Zigaretten rauchte, Bier "wie Wasser" trank und die Jungs herumkommandierte.
Auch Frasers Beziehung zu Harry Gallagher war stürmisch. Sie war sehr unhöflich zu ihrem Trainer, der ihr Talent fördern wollte. So weigerte sie sich mit den anderen Mädchen ihrer Gruppe zu trainieren. "Ich trainiere nicht in der gleichen Bahn wie diese hochnäsigen Schlampen", sagte sie ihm einmal. Aber Gallagher hatte genau den richtigen Umgangston mit ihr gefunden. Er war zwar ein strenger Zuchtmeister, aber er war auch der Einzige, der ihr feuriges Temperament zähmen und ihr Vertrauen gewinnen konnte. "Er akzeptierte mich als Persönlichkeit. Er hat mich im Wasser stärker gemacht und nie versucht, mich oder meinen Stil zu ändern", sagte Fraser später. Gallagher ist heute 96 Jahre alt, Fraser 83. Sie telefonieren immer noch mindestens einmal die Woche miteinander und sie nennt ihn immer noch: "Mr. Gallagher".
Einmal gab der Trainer öffentlich zu: "Dawn war der Horror. Sie sagte mir, ich sei ein Versager, ich solle tot umfallen und mich verp***en. Sie wollte nicht das tun, was ich von ihr verlangte. Sie war wild und aggressiv, sie wollte ihr eigenes Ding durchziehen. Wenn man sie führen wollte, musste das sehr subtil geschehen, damit sie nicht merkte, dass sie manipuliert wurde." Gallagher erzählt, dass er seiner Schülerin immer sagte: "Weißt du Dawn, kein Mädchen hat die Übungen je zuvor gemacht, und ich glaube auch nicht, dass du sie kannst. Aber vielleicht schaffst du es ja." Dawn erwiderte dann: "Was soll das heißen, verdammt noch mal? Natürlich kann ich das!" Sie absolvierte das ganze Programm - plus weitere 101 Übungen.

Beginn einer neuen Ära

Mit 14 nahm sie an einem Wettkampf teil, bei dem sie alle ihre Konkurrentinnen hinter sich ließ und das Sieger-Preisgeld einstrich. Auch wenn es sich nur um ein besseres Taschengeld handelte, verstieß sie damit gegen die strengen Regeln des Amateursports. Womöglich wäre das alles unbemerkt geblieben, hätte Fraser 1951 nicht die regionalen Meisterschaften der Western Suburbs knapp gegen die aufstrebende Lorraine Crapp gewonnen. Crapps Trainer beschwerte sich und Fraser wurde daraufhin 18 Monate lang für alle Wettkämpfe gesperrt.
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Dawn Fraser (re.) nach ihrem Sieg bei den Spielen 1956 mit Natalie Ann Myburg aus Südafrika, die Zweite wurde

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Vermutlich hätte Fraser das Handtuch geworfen, doch da war ja noch Coach Gallagher. Auch nachdem Dawn die Schule verlassen hatte, um in einer Kleiderfabrik zu arbeiten, ging sie weiter zum Training. Als Gallagher 1955 einen Job in Adelaide angeboten wurde, bat er die damals 18-jährige Fraser, mit ihm zu gehen. Ihr Vater war dagegen, lenkte aber schließlich ein. In Adelaide fand Fraser eine Stelle in einem Kaufhaus und sie trainierte konzentriert wie nie zuvor. In ihrem ersten Sommer gewann sie bei den südaustralischen Meisterschaften alle ihre Freistilrennen: über 100 m, 200 m, 400 m und 800 m. Die harte Arbeit zahlte sich aus. Ihr Trainer dachte da schon weit über regionale Wettkämpfe hinaus: Gallagher sah am Horizont die Olympischen Spiele 1956 auf heimischem Boden in Melbourne.

Die Rekorde purzeln

Am 21. Februar im gleichen Jahr, neun Monate vor den Spielen, betrat Fraser erstmals die große Bühne. Bei den australischen Meisterschaften in Sydney dominierte sie die 100 m- Freistil und schlug die ein Jahr jüngere Crapp, die andere große Hoffnung des australischen Schwimmsports. Mit ihrem Sieg in 1:04,05 Minuten brach Fraser den langjährigen Weltrekord der Niederländerin Willy den Ouden. In ihren Interviews danach wirkte Fraser dennoch fast enttäuscht: "Ich denke, ich kann das noch viel besser", sagte sie in ihrer typisch kaltschnäuzigen Art.
Australien war eine Nation mit einer großen Schwimmsport-Historie, der Mitte der 1950er Jahre die großen Erfolge fehlten. Fraser und Crapp kamen also genau zum richtigen Zeitpunkt hoch, rechtzeitig zu den Olympischen Spielen in Melbourne. Und 1956 sollte sich als das verrückteste Jahr in der Geschichte der 100 m-Freistil der Frauen erweisen. Zwei Jahrzehnte lang blieb der Weltrekord unangetastet, dann fiel er innerhalb von zehn Monaten nicht weniger als sieben Mal. Frasers Rekord aus Sydney sollte nur zehn Tage halten, dann wurde er von Cocky Gastelaars gebrochen. Als die Olympischen Spiele in Melbourne begannen, war Lorraine Crapp, gerade 18 Jahre alt geworden, die Inhaberin des Weltrekords. Dieses Teeanger-Trio pulverisierte eine ganze Disziplin. In Melbourne sollte aus dem Dreikampf ein nationales Duell werden, da die Niederlande die Spiele wegen des sowjetischen Einmarsches in Ungarn boykottierten.

Die Krönung von Melbourne

Australien war bereit für die große Fraser-Crapp-Show, die alles hielt, was man sich von ihr versprach: Der Weltrekord über 100 m-Freistil fiel gleich zweimal innerhalb weniger Minuten. Am Tag vor dem Finale ging eine nervöse Fraser früh zu Bett und konnte trotzdem nicht einschlafen. Als es dann doch passierte, plagte sie ein Albtraum: "Beim Startschuss wollte ich ins Becken tauchen, aber meine Füße steckten in Honig und klebten am Startblock fest. Schließlich schaffte ich den Sprung vom Startblock, aber ich sprang in kein Wasser, sondern landete in einem Becken voller Spaghetti. Ich pflügte mich durch die Nudeln, bis ich bemerkte, dass die Spaghetti sich wie Seile um meine Füße wickelten. Ich konnte nur meine Arme benutzen, um vorwärtszukommen. Bei der Wende verhedderte ich mich in den Seilen aus Spaghetti und ging unter. Ich wachte auf und hatte das Gefühl zu ersticken."
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Dawn Fraser in ihrem Element

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Am nächsten Tag war sie ziemlich erleichtert, als sie von ihrem Block aus auf Chlorwasser blickte. Es war Showtime und zum ersten Mal sahen ihre Eltern ihr bei einem wichtigen Event auf der Tribüne zu. Für Australien war es ein historisches Triple mit Fraser und Crapp, die um Gold schwammen, und Faith Leech, die mit großem Abstand Dritte wurde. Crapp führte bei der Wende, bevor "Our Dawn", wie sie bald liebevoll von den TV-Kommentatoren genannt wurde, nach 75 Metern gleichzog. Die beiden Schwimmerinnen lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem sie, zumindest für das menschliche Auge, gleichzeitig die Beckenwand berührten. Am Ende hatte die 19-jährige Fraser in einer Zeit von 1:02:00 Minuten gewonnen - ein weiterer Weltrekord. Und dieser sollte 15 Jahre Bestand haben, vom 1. Dezember 1956 bis Ende der 1970er-Jahre. Fraser war spätestens jetzt der unangefochtene Champion über die 100 m-Freistil der Frauen.
Als Silbermedaillengewinnerin über 400 m Freistil, hinter Crapp, und Führungsschwimmerin der australischen 4x100 m-Freistil-Staffel wurde das Schmuddelkind aus Balmain zu Australiens "Golden Girl" der 1950er Jahre. "Nach den Olympischen Spielen in Melbourne wurde ich auf ein Podest gestellt, und ich empfand es als sehr unangenehm, in der Öffentlichkeit zu stehen", erzählt Fraser in "What I learned along the way. "Über Nacht war ich berühmt, damit musste ich erst einmal umgehen lernen". Bei den Nationalen Schwimm-Meisterschaften drei Jahre später, Fraser hatte sich gerade erst von einer Hepatitis-Erkrankung erholt, schwamm sie innerhalb von zwei Tagen vier Weltrekorde - auch einen in der für sie ungewohnten Schmetterlings-Disziplin. "Das ist die größte Leistung eines weiblichen Athleten, die die Welt je gesehen hat", jubelte der Präsident des australischen Schwimmverbandes im allgemeinen Überschwang. Fraser war auf dem Weg zum internationalen Superstar.

Keine Lust ins Bett zu gehen

Die Öffentlichkeit liebte Fraser und doch gab es Kritik, wenn die dunkle Seite ihrer Persönlichkeit immer mal wieder zum Vorschein kam. Trotz ihres Erfolges blieb sie die kompromisslos unabhängige junge Frau, die sie schon als Jugendliche war. Ihre Abneigung gegen jede Form von Autorität zeigte sich bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom, als sie ihre Goldmedaille über 100 m Freistil ausgelassen bis in die frühen Morgenstunden feierte, obwohl am nächsten Tag die 4x100-m-Lagen-Staffel anstand. "Die Trainer wollten unbedingt, dass ich um halb zehn im Bett bin", sagte sie später. "Aber ich war 23 Jahre alt, ich war kein Kind mehr, sondern alt genug, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich war alt genug, um zu wissen, wann ich ins Bett zu gehen hatte."
Frasers Eskapaden trieben in Rom einen Keil zwischen ihr und dem restlichen Schwimmteam. Nachdem sie ihre Goldmedaille mit einem für sie typischen nächtlichen Besäufnis gefeiert hatte (Frasers Vorliebe für Bier war allgemein bekannt), kam es zum Streit mit ihren Staffelkolleginnen, der darin gipfelte, dass sie eine Mitschwimmerin mit einem Kissen ins Gesicht geschlagen haben soll. Daraufhin weigerte sich das Team für den Rest der Spiele mit ihr zu sprechen.

Die Schallmauer durchbrechen

Ein Jammer, dass ein so banaler Streit die Spiele in Rom überschattete. Denn sobald Fraser im Wasser lag, war sie Poesie pur. Nichts und niemand konnte ihre Dominanz stoppen. In Rom gewann sie die 100 m-Freistil noch in einer Zeit von 1:01,20 Minuten, zwei Jahre später, im Oktober 1962, durchbrach sie als erste Frau die mythische Minutengrenze. Fraser wurde daraufhin sogar von Queen Elizabeth II. zum Mittagessen auf die königliche Yacht Britannia eingeladen. Am 29. Februar 1964 schwamm Fraser ihren elften und letzten Weltrekord über die 100 Meter in 58,90 Sekunden. Zehn Tage nach dieser Bestzeit, die erst acht Jahre später unterboten werden sollte, ereignete sich die große Tragödie ihres Lebens: Der Autounfall, bei dem ihre Mutter starb.
1960 hatten ihre Eltern die Reise nach Rom nicht antreten können, für die Arbeiterfamilie war der Trip schlichtweg zu teuer gewesen. Nach dem Tod ihres Vaters hatte Dawn sich fest vorgenommen, ihre Mutter mit nach Tokio zu nehmen. Sie selbst sparte über Monate, die Nachbarschaft aus Balmain veranstaltete Tombolas, um Geld für Flug, Unterkunft und Reisekosten ihrer Mutter zu sammeln. "Nach dem Tod meiner Mutter ging das Geld an wohltätige Organisationen", sagte sie später. Angesichts des großen persönlichen Verlustes schienen die Spiele von Tokio ihre einmalige Bedeutung verloren zu haben.

Tokio-Triple krönt Legendenstatus

Neben ihrer Trauer und Depression musste Fraser auch mit den körperlichen Folgen des Unfalls fertig werden. Bis zu den Spielen waren es nur noch sieben Monate. Sechs Wochen musste sie mit einer Halskrause aus Gips herumlaufen, danach konnte sie das Training wieder aufnehmen. "Das Einzige, was mir wirklich Sorgen machte, war, dass mein Arzt mir verbieten würde zu tauchen", sagte Fraser. "Die Tauchphase nach dem Start war ja mein Erfolgsgeheimnis." Die Kritiker zweifelten immer lauter daran, dass ihr olympischer Hattrick überhaupt noch möglich sei. Das zeigte sich auch daran, dass Sharon Stouder, ein furchtloser 16-jähriger Teenager aus den USA, zur großen Favoritin ausgerufen wurde.
Stouder sollte die "Granny" aus Australien zu Höchstleistungen antreiben. Fraser gewann ihren Vorlauf in 1:00,60 Minuten und stellte in ihrem Halbfinale mit einer Zeit von 59,90 Sekunden ihren eigenen olympischen Rekord ein. Zum Vergleich: Stouders Siegerzeit im zweiten Halbfinale war um eineinhalb Sekunden langsamer. Im Finale gab es bis zur Wende ein Kopf an Kopf-Rennen. Nach drei Viertel der Distanz schien Fraser geschlagen, doch ein letzter Schub im Finish brachte ihr mit einer Zeit von 59,50 Sekunden den hauchdünnen Sieg. Auch Stouder war als erst zweite Schwimmerin überhaupt unter der magischen Minutengrenze geblieben. Zum dritten Mal in Folge wurde Fraser Olympiasiegerin über 100 m Freistil. Ein besonderes Kunststück des Sports.
Diese dritte Goldmedaille war die schönste und emotionalste – schon wegen der komplizierten Vorbereitung und der Tragödie im Vorfeld. Beim Verlassen des Pools purzelten Tränen über das strahlende Lächeln Frasers. "Jetzt kann ich beruhigt abtreten", sagte sie erschöpft und erleichtert. "In vier Jahren werde ich wahrscheinlich nicht mehr hier sein. Ich werde den Staffelstab an diese Kleine [Stouder] weitergeben. Eines Tages wird sie 58,50 Sekunden schwimmen und schneller."

Triumph und Bruch

Mit einem hatte Fraser recht. Vier Jahre später würde sie bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko-Stadt nicht mehr an den Start gehen. Nicht, weil sie es sportlich nicht mehr drauf hatte, sondern weil sie sich mit den australischen Behörden überworfen hatte. Wieder einmal. Tokio hatte ihren Status als Schwimmlegende untermauert, zugleich kam es zum unvermeidlichen Bruch mit den Funktionären. Von Anfang an herrschte in Japan eine angespannte Atmosphäre. Fraser und ihre Mitschwimmerinnen wurden ausdrücklich gebeten, nicht an der Eröffnungsfeier teilzunehmen, da sie am nächsten Tag einen Wettkampf hatten. Doch Fraser und drei ihrer Teamkolleginnen ignorierten die Aufforderung, die Doppelweltmeisterin "tarnte" sich mit einer großen Sonnenbrille marschierte in der ersten Reihe der australischen Athleten ins Stadion ein. Ein Affront!
Bill Slade, Manager des australischen Schwimmteams, sagte, er sei "sehr enttäuscht, dass die Mädchen versuchen, sich über eine Vereinbarung hinwegzusetzen, die vor der Abreise des Teams alle akzeptiert hatten." Doch Regeln waren nicht Frasers Ding. Während der 100 m-Freistil stellte sie die Geduld der Schiedsrichter erneut auf die Probe, als sie einen selbst genähten Badeanzug trug anstelle des offiziellen Schwimmanzugs der australischen Mannschaft. Es war ein Schlag ins Gesicht für die Sponsoren, die australischen Medien weideten die Geschichte aus.
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Dawn Fraser im Jahr 2000 als olympische Fackelläuferin

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Mit ihrer historischen Goldmedaille über 100 m-Freistil wurden alle ihre Taktlosigkeiten unter den Teppich gekehrt. Bei der olympischen Abschlusszeremonie durfte Fraser sogar die australische Flagge tragen. In der Nacht zuvor aber passierte der Skandal, den in Australien heute noch jeder kennt. Australien hatte sich gerade die letzte Medaille gesichert - Bronze im Feldhockey, Fraser war zu einer Party im Hotel Imperial eingeladen. Nach einer lustigen Nacht mit viel Tanz und Alkohol gerieten die Dinge außer Kontrolle ...

Wer klaute die Fahne am Kaiserpalast?

Als die Party gegen 2.30 Uhr nachts zu Ende war, Stunden vor Beginn der Schlussfeier, gingen Fraser, Hockeyspieler Desmond Piper und Charlie Morris, der Arzt der australischen Delegation, in Tokio steil. Warum auch nicht? Es war Freitag Nacht, und wenn man Dawn Fraser kannte, dann ahnte man, dass sie noch einmal den "Larrikin" geben wollte. Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, eine olympische Fahne als Souvenir mit nach Hause zu nehmen. "Nachdem wir schon länger herumgelaufen waren, kamen wir zu einem großen Gebäude, vor dem ein riesiges Fahnenmeer aufgestellt war.
Darunter auch ein schönes, großes Olympia-Banner mit den berühmten fünf Kreisen", erinnert sich Fraser. Entgegen einer sich hartnäckig haltenden Mär war es nicht Fraser, die die Fahne vom Mast holte, sondern Desmond Piper. "Piper stand auf unseren Schultern und ließ am Seil zwei Fahnen herunter. Plötzlich gab es laute Pfiffe, die Polizei hatte uns entdeckt und begann uns zu jagen." Was zunächst wie ein Teeangerstreich aussah, entpuppte sich als Staatsaffäre. Die gestohlenen Fahnen befanden sich auf dem Vorplatz des Kaiserpalastes und so spielte sich dieser seltsame Raub direkt vor der Nase des schlafenden Kaisers Hirohito ab.

"Bring mir meinen Pass und meine Goldmedaille!"

Die drei olympischen Täter liefen in verschiedenen Richtungen davon. In ihren Memoiren erzählt Fraser, wie sie zunächst versuchte, sich in einem großen Strauch zu verstecken, aber die Polizei entdeckte sie und begann, mit Schlagstöcken auf ihre Füße zu schlagen. Daraufhin wollte sie sich zunächst das Fahrrad eines Polizisten greifen, sprang dann aber von einem Mauervorsprung am Rande des kaiserlichen Ziergartens zwei Meter in die tiefe Dunkelheit. Bei der Landung riss eine Sehne in ihrem Knöchel. "Ich saß eine Weile im Park auf einer Bank, Des und Doc waren inzwischen erwischt worden, als mich ein paar Polizisten dort sitzen sahen. Sie fragten mich, was ich da mache, und ich sagte nur, ich warte auf ein paar Freunde. Kurz darauf fanden sie die Fahne unter meinem Trainingsanzug. Ich war auf frischer Tat ertappt". Jahre später dementierte Fraser das Gerücht, sie sei durch den Graben geschwommen, um ihren Verfolgern zu entkommen. "Niemals wäre ich durch den Graben geschwommen oder hätte auch nur einen Zeh eingetaucht. Ich hatte Angst vor dem schmutzigen Wasser und dieser Graben war echt dreckig."
Inzwischen war es fast vier Uhr morgens. Der diensthabende Wachtmeister der Polizeistation Marunouchi sprach ein wenig Englisch und diente als Dolmetscher. "Ich bin Dawn Fraser, ich bin wegen Olympia hier", erklärte sie. Aber niemand glaubte ihr, dass es sich bei der Delinquentin um die berühmte dreifache Olympiasiegerin handelte. Fraser trug keinen Ausweis bei sich. Mitten in der Nacht rief sie ihren Freund Lee Robinson an, um für sie zu bürgen. Er war nach Japan gekommen, um einen Dokumentarfilm über die Meisterschwimmerin aus Sydney zu drehen. Fraser durfte ihn anrufen:
Fraser: "Lee, du musst dich mit mir auf dem Polizeirevier von Marunouchi treffen. Es ist zwei Blocks vom Hotel entfernt."
Robinson: "Was ist passiert?"
Fraser: "Bring einfach meine Hundemarke [Fraser meinte ihren Personalausweis, d. Red.] aus meinem Hotelzimmer mit und eine Goldmedaille, die liegt unter meinem Kopfkissen."
Robinson: "Aber was hast du getan?"
Fraser: "Das werde ich Dir sagen, wenn du hier bist."
Nachdem die Polizei von der Identität der Täterin überzeugt war, erklärte ihr der Wachtmeister, dass ein Diebstahlsdelikt auf dem Grund des kaiserlichen Palastes mit einer Gefängnisstrafe geahndet werde. Man ließ sie zunächst zurück ins Hotel, sie sollte sich am nächsten Tag bei den Behörden melden. Am Ende kam sie mit einem blauen Auge davon. Angesichts von Frasers Prominenz entschied die Polizei, den olympischen Fahnenklau nicht weiter zu verfolgen.

Hirohito fand’s lustig – Australien nicht

Nach ein paar Stunden Schlaf bereitete sich Fraser auf die Abfahrt zum Olympiastadion vor. Zusammen mit Lee Robinson und Doc Morris, der ihren verletzten Knöchel bandagierte, wartete sie auf ihrem Zimmer, als es an der Tür klopfte. Was dann geschah, erzählte sie dem Sender ABC in der 2007 erschienenen Dokumentation "Dawn Fraser - Still Kicking": "An der Tür war der Lieutenant der Polizei. Er kam mit weiteren Polizisten herein, sie hatten eine große Kiste dabei. Er stellte sie auf das Bett und befahl mir, sie zu öffnen, was ich auch tat. In der Kiste war ein wunderschönes Blumengebinde und darunter die olympische Flagge. Auf einer beigelegten Notiz hieß es: 'Mit freundlichen Grüßen, Ihre Polizei'".
Der Legende nach war Kaiser Hirohito, als er von der Geschichte erfuhr, so amüsiert, dass er ausdrücklich darum bat, Fraser die olympische Flagge als Geschenk zu überreichen. Während der Abschlusszeremonie führte Fraser das australische Team an, als ob nie etwas geschehen sei. Obwohl sich der aufmerksame Beobachter sicher gewundert hat, warum die Rekordschwimmerin bei jedem Schritt hinkte und schmerzverzerrte Grimassen schnitt. Der Fall landete kurz darauf in allen Zeitungen, und obwohl es keine rechtlichen oder gar diplomatischen Konsequenzen gab, machten die australischen Behörden eine große Sache daraus.
Am 2. Mai 1965 wurden vier australische Olympia-Schwimmer suspendiert. Linda McGill wurde für vier Jahre von allen Wettkämpfen ausgeschlossen, Nanette Duncan und Marlene Dayman für drei Jahre. Ihr Vergehen? Sie hatten entgegen der Vereinbarung an der Eröffnungsfeier teilgenommen. Die drei jungen Frauen im Alter von 19, 17 und 15 Jahren traf die Sperre schwer, sie standen am Anfang ihrer Karrieren, alle drei brachen in Tränen aus. Fraser wurde für zehn Jahre gesperrt. Grund für die lange Strafe war vor allem ihre Weigerung, die offizielle Mannschaftskleidung zu tragen und der Diebstahl der Flagge. Fraser akzeptierte die Sperre.
Viele Jahre später erzählte Fraser dem australischen Sender ABC, dass die Fahne bei einer Wohltätigkeitsauktion für 75.000 Dollar versteigert wurde. Der neue Besitzer gab die Fahne später wieder an Frasers Tochter zurück mit der Begründung, dass sie ihrer Mutter das verdiente Ende ihrer Schwimmkarriere gekostet habe. Tokio war tatsächlich das Ende von Frasers Karriere, eine Karriere, die ihr acht olympische Medaillen, darunter vier in Gold, einbrachte. "Ohne die Sperre hätte ich wahrscheinlich noch ein oder zwei Jahre weitergemacht", sagte sie später. Für Fraser war die Sperre nur die Bestätigung für die Ressentiments eines elitären Sport-Establishments gegenüber der australischen Arbeiterklasse: Das arme Mädchen aus dem heruntergekommenen Vorort Balmain sollte sich glücklich schätzen und ewige Dankbarkeit zeigen, anstatt das Land auf der Weltbühne zu blamieren. Als die Sperre ein paar Monate vor den Olympischen Spielen in Mexiko 1968 ausgesetzt wurde, war es für ein Comeback zu spät, ein vierter Titel in Folge nicht mehr realistisch.

Einmal ein Larrikin...

Zum Zeitpunkt der Sperre genoss Fraser gerade ihre Flitterwochen mit ihrem neuen Ehemann Gary Ware, den sie kurz vor den Olympischen Spielen in Tokio kennengelernt hatte. Mit ihm bekam sie eine Tochter, die sie Dawn-Lorraine nannte, eine Hommage an ihre alte Rivalin aus Kindertagen, Lorraine Crapp, der sie immer sehr nahestand. Das Paar ließ sich vier Jahre später wieder scheiden. Ware, ein Buchmacher aus Townsville, war spielsüchtig und gewalttätig. Eines Abends kam er betrunken nach Hause und versuchte, sie zu erwürgen. Dawn schnappte sich ein Messer und drohte ihm: "Wenn du jetzt nicht abhaust, bringe ich dich um." Weg war er.
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Australiens Schwimmlegende Dawn Fraser besucht die Olympischen Spiele 2000 in Sydney

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Im sportlichen Ruhestand engagierte sich Fraser stark für wohltätige Zwecke, sie wurde Wirtin in Balmain und war Mitinhaberin eines Käseladens, daneben arbeitete sie als Schwimmtrainerin. In den Siebzigerjahren bekannte sie sich öffentlich zu ihrer Bisexualität, sie sprach offen über ihre Depressionen, ihre Biografie wurde in etlichen Romanen verarbeitet, ihre Heimat Australien nimmt bis heute großen Anteil an ihrem Leben. In den 1980er-Jahren ging sie auch in die Politik und wurde ein gewähltes Mitglied des Parlaments von New South Wales. Fraser sprach sich offen gegen die Einwanderung aus und bekundete Interesse, der rechtsextremen One Nation Party beizutreten. 2015 kritisierte sie die australischen Tennisspieler Nick Kyrios und Bernard Tomic mit den Worten: "Wenn es ihnen hier nicht gefällt, sollen sie dorthin zurückgehen, wo ihre Eltern herkommen". Dies führte dazu, dass sie von Kyrios als "offensichtliche Rassistin" angeprangert wurde. Ihrem Image schadeten solche Skandale nicht. 1967 wurde sie mit dem britischen Ritterorden MBE geehrt, 1998 zur größten australischen Sportlerin in der Geschichte des Landes gewählt, ein Jahr später ernannte sie das Internationale Olympische Komitee zur größten Schwimmerin aller Zeiten. Bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney trug sie bei der Eröffnungsfeier die olympische Fackel ins Stadion.
Dawn Fraser blieb für die meisten Australier "Our Dawn". Nur noch zwei andere Schwimmer*innen in der olympischen Geschichte - die Ungarin Krisztina Egerszegi (200 m-Rücken zwischen 1988-1996) und der US-Amerikaner Michael Phelps (200 m-Schmetterling – zwischen 2004 und 2012, die 200 m-Lagen gewann Phelps zwischen 2004 und 2016 sogar vier Mal in Folge) - haben bei drei aufeinander folgenden Olympischen Spielen Einzelgold in derselben Disziplin gewinnen können. In einer Ära, in der Schwimmer noch keine Schwimmbrillen trugen und nasse Baumwoll-Schwimmanzüge über vier Kilogramm wogen, war "Dawn the prawn" ihrer Zeit weit voraus. Trotz Weltruhm, Tragödien und Skandalen blieb Fraser der kompromisslose, raubeinige "Larrikin" aus Balmain. Für so viel Unabhängigkeit lieben sie die Australier bis heute.
Geschrieben von Maxime Dupuis, übersetzt von Thilo Komma-Pöllath

Der Podcast zur Story: Dawn Fraser - von Ruhm und Schmerz

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