Olympia 2024: Melanie Berger-Volle trägt olympische Fackel - 102-Jährige blickt auf ihr beeindruckendes Leben

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VonEurosport

Publiziert 13/04/2024 um 10:18 GMT+2 Uhr

Melanie Berger-Volle wird mit 102 Jahren die olympische Fackel in Richtung Paris tragen. Jüdin, Kommunistin, Widerstandskämpferin: Die gebürtige Wienerin stand in ihrem Jahundertleben für ihre Sache ein, durchlebte eine dunkle Zeit in Europa. "Ich habe nicht viel gemacht", gibt sich Berger-Volle äußerst bescheiden. "Aber ich habe nein zum Nationalsozialismus gesagt."

Melanie Berger-Volle

Fotocredit: Getty Images

Sicher, das Gewicht der olympischen Fackel bereitet Melanie Berger-Volle ein wenig Sorge. Schließlich ist Madame bereits 102 Jahre alt, und ihre Schulter will nicht mehr so recht. Doch ablehnen und diese späte Chance auslassen, noch einmal für ihre lebenslange Mission und Passion einzutreten, das kam für sie nicht in Frage.
"Ich habe Sport schon immer geliebt", sagt die rüstige Jahrhundert-Seniorin, die immer noch ihren einstündigen Tagesspaziergang pflegt. Und vor allem: "Mein Ideal war es immer, die Welt zu vereinen. Und Olympia ist eine wunderbare Gelegenheit, andere Menschen kennenzulernen."
So wird Berger-Volle das olympische Feuer auf dem Weg nach Paris am 22. Juni einige Meter weit durch St. Etienne tragen, wo sie seit vielen Jahren lebt. Die Großmutter der Kunstturnerin Emilie Volle, die 1996 bei den Sommerspielen in Atlanta startete, möchte auch ein Symbol für Frauen sein, "die dafür gekämpft haben, Sport zu treiben wie Männer".
Kämpfen musste Berger-Volle schon früh, in den dunklen Jahren ihres Lebens, die auch dunkle Jahre in Europa waren. 1921 wurde sie als Melanie Berger in eine jüdische Arbeiterfamilie in Wien hineingeboren, schon in jungen Jahren schloss sie sich in ihrer damaligen Heimat einer kommunistischen Gruppierung an.

Berger-Volle überlebt Krankheit, Krieg und Nazis

"Wir waren Atheisten, und als ich anfing zu kämpfen, hatte das keine religiösen Gründe, sondern politische Gründe", sagt Berger-Volle: "Ich bin gegen alle Diktaturen." Nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland verließ sie ihr Geburtsland, kam auf abenteuerlichen Wegen über Belgien nach Frankreich.
Nachdem die Deutschen in Frankreich einmarschiert waren, wurde Berger-Volle aufgrund ihrer Herkunft zunächst interniert, floh aber und schloss sich dem französischen Widerstand an.
Als Mitglied der Resistance fiel sie den Deutschen in die Hände, wurde inhaftiert, gefoltert, landete mit Gelbsucht in einem Krankenhaus, wurde dort von Kampfgenossen spektakulär befreit und überlebte - die Krankheit, den Krieg, die Nazis.

Berger-Volle: "Wollte immer die Welt verändern"

Nach der Hochzeit mit Lucien Volle, ebenfalls einem Widerstandskämpfer, widmete sie sich der Erinnerungsarbeit, wurde vielfach geehrt. "Ich habe nicht viel gemacht", sagt sie: "Aber ich habe nein zum Nationalsozialismus gesagt."
Alt ist sie geworden, ihren Mann hat sie schon um zwölf Jahre überlebt. Alt, aber nicht zu alt, um noch einmal ihre Botschaft zu verkünden. "Ich wollte immer die Welt verändern", sagte sie lächelnd: "Und ich möchte sie immer noch verändern."
Die älteste Person, welche die olympische Fackel getragen hat, wird Berger-Volle nicht sein. 2021 war die Japanerin Shigeko Kagawa mit 109 Jahren in Richtung Tokio unterwegs. Der schieren Idealistin Berger-Volle dürfte aber kaum etwas weniger egal sein als ein schnöder persönlicher Rekord.
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(SID)
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