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Opinion
Radsport

Alte Bekannte

Andreas Schulz

Publiziert 28/05/2015 um 15:49 GMT+2 Uhr

So - schnell den Schnee von den Schuhen geklopft und hier die Schreib-Schulden abgearbeitet: Nach 17 Tagen Olympia (fast) non stop gilt jetzt der Fokus wieder ganz dem Radsport.

Eurosport

Fotocredit: Eurosport

Aber bei den ganzen Medaillen-Zählereien und dem verständlichen Jubel um die Damen Riesch und Neuner fällt einem plötzlich jemand ein, für den zweimal Gold fast Peanuts sind - und der die perfekte Überleitung in die Zweiradsaison darstellt:
Denn Eric Heiden ist nicht nur eine Wintersport-Ikone mit seinen fünf Olympiasiegen von 1980, sondern inzwischen auch wieder ein Bestandteil der europäischen Radszene an prominenter Front. Sein einstiger Trainer Jim Ochowicz holte den Sportmediziner an Bord, als er selbst beim BMC Racing Team einstieg. Nun ist der inzwischen 51-Jährige also nach Jahren als Teamarzt beim NBA-Klub Sacramento Kings im neuen Rennstall von Weltmeister Cadel Evans dabei.
Rihs kann's nicht lassen
Und die Liste der alten Bekannten bei BMC ist lang: Klar, Top-Fahrer wie Hincapie, Ballan, Kroon oder Burghardt kennt wohl jeder Fan, auch der alte Recke Alexandre Moos ist vielen noch im Ohr. Denn schließlich ist der US-Rennstall mit Schweizer Wurzeln wenn man so will der zweite Versuch des "Velo-Maniac" (seine Worte) Andy Rihs, ganz vorne im Radsportgeschäft mitzumischen.
Der erste, höchst engagierte Versuch in den Farben von Phonak endete im Desaster: Nach Doping-Affären um die Stars Oscar Camenzind, Santiago Perez und Tyler Hamilton, die das Projekt an den Rand des Abgrundes brachten, kam Floyd Landis die sehr zweifelhafte Ehre zu, die Mannschaft an die Wand zu fahren.
Selten ging ein Absturz schneller: Ich erinnere mich noch, wie wir mit dem Eurosport-Team am Schlusstag der Tour 2006 erst seine Ehrung auf den Champs Elysées erlebten und ihn und sein Team wenig später im chaotischen Pariser Straßenverkehr trafen - per Red auf dem Weg ins Hotel. Kaum zurück aus Paris, einmal ausgeschlafen und wieder in die Redaktion - schon ist der US-Amerikaner mit Testosteron erwischt.
Phonak "reloaded"?
Ums klar zu sagen: Ich sehe in BMC zum Glück alles andere als einen "Rechtsnachfolger" der unschönen Anteile des Vorgänger-Teams. Denn die alten Bekannten, die dort wieder auftauchen, sind eher jene, die man gerne wieder trifft. John Lelangue etwa, der als erster Sportlicher Leiter auch wieder Rene Savary und Jacques Michaud an seiner Seite hat.
Nichts mehr zu sehen ist zur allgemeinen Erleichterung vom Spanier Alvaro Pino, der einst von Kelme nicht nur Fahrer, sondern auch eine Menge Unheil mit zu Phonak brachte. Der wirkt wieder in Spanien.
Neu besetzt im Vergleich zu den "Hörgeräte-Zeiten" die Schlüsselposition des leitenden Teamarztes: "Chef" von Heiden ist der erfahrene Max Testa. Der war schon mit am Start, als 7-Eleven und später Motorola als US-Team die europäische Szene aufmischte. Und gehört zu den Ärzten, die ihren guten Ruf noch nicht verloren haben.
Im Gegenteil, ausführlich berichtete er einst, wie er Mitte der 90er verzweifelt (und wohl vergeblich) versuchte, den Einzug von EPO bei Motorola zu verhindern. Er verließ den Rennstall dann 1996...
Haftbefehl & heimliche Freude
Ein Wort noch zu Landis - schließlich machte der ja unlängst wieder Schlagzeilen und wird nun in Frankreich per Haftbefehl gesucht: Man hatte die unschönen Details seines Justizmarathons schon wieder in den hinteren Hinterkopf geschoben. Doch sie stinken noch immer zum Himmel.
Der Hacker-Angriff auf das französische Kontrolllabor ist ja fast noch lustig - die Täter schickten gefälschte Dokumente weiter, um das Labor anzuschwärzen, schrieben dabei aber leider den Ortsnamen im nachgemachten Briefkopf falsch...
An Widerlichkeit schwer zu überbieten war aber der Versuch, Greg Lemond unter Druck zu setzen. Der dreifache Toursieger hatte im persönlichen Gespräch auf Landis eingewirkt und wollte ihn dazu bringen, reinen Tisch zu machen. Er gestand ihm dabei, dass er in seiner Kindheit sexuell missbraucht worden war. Ihm habe es geholfen, sich diesem Trauma zu stellen, deshalb empfehle er Landis ein Geständnis. Einzige Folge: Vor einer Aussage Lemonds im späteren Verfahren wurde versucht, den zweifachen Weltmeister zu erpressen: Sollte er gegen Landis sprechen, würde der bis dahin der Öffentlichkeit unbekannte Missbrauch lanciert.
Man möchte heute noch fast brechen bei solcher "Prozesstaktik" - und irgendwie freut's mich dann, dass die Rückkehr von Landis im Rennsattel derzeit eher stockt.
Landis-Intimus wechselt die Seiten
Ein enger Vertrauter der rotblonden Sympathieträgers hingegen ist zur neuen Saison sogar "befördert" worden: Allan Lim, Sportwissenschaftler und bei der Tour 2006 persönlicher Betreuer an der Seite von Landis, wurde vom neuen Armstrong-Team RadioShack unter Vertrag genommen.
Aber Achtung, keine vorschnellen Reflexe: Der Sohn chinesischer Immigranten steht bislang für exzellente Fachkenntnisse jenseits der Grauzonen (und inzwischen schon berühmt gewordene Reiskuchen). Zwei Jahre lang stand er als Leistungsdiagnostiker und Tausendsassa in Diensten des für seinen sauberen Ansatz nur zu lobenden Garmin-Teams, das ihn nur sehr schweren Herzens ziehen ließ.
Frischer Wind
Jetzt aber genug mit alten Bekannten, ich freu' mich auf neue Gesichter und tolle Rennen fast im Tagestakt: Die neue Saison hat ja schon einige frische, junge Sieger hervor gebracht: Jens Keukeleire (Cofidis) oder Leigh Howard (Columbia) haben schon für Aufsehen gesorgt, der deutsche Weltenbummler Tobias Erler führt die Tour de Langkawi an und ich bin gespannt auf die junge, bunte Truppe der neuen deutschen Mannschaft NetApp.
Die ersten ganz großen Höhepunkte stehen jetzt auch an, Paris-Nizza wie Tirreno-Adriatico versprechen tollen Radsport (natürlich live bei Eurosport). Also einschalten, mitfiebern, genießen - und immer mal wieder kritisch hinterfragen!
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