John Degenkolb besucht Unfallort: "Ein Moment, in dem man abschließt"
VonFelix Mattis
Update 23/12/2016 um 12:41 GMT+1 Uhr
John Degenkolb kann sich an die schrecklichen Sekunden im Januar nicht mehr wirklich erinnern - und doch war es ihm ein Bedürfnis, für sich einen Schlusspunkt zu setzen. Er hat seinen Frieden gemacht mit dem Ereignis, das ihn beinahe die Karriere, ja das Leben gekostet hätte. Während des Trainingslagers seines neuen Teams Trek-Segafredo war Degenkolb jetzt erstmals wieder am Unfallort bei Calpe.
"Am Ende ist es auch ein Moment, in dem man damit abschließt", sagte der 27-Jährige dem SID: "Es ist eine Sache, die mit dem Jahreswechsel jetzt zur Vergangenheit gehört, und mit der ich mich dann auch nicht mehr beschäftigen muss, weil es verarbeitet und abgehakt ist."
Der 23. Januar 2016 wird für Degenkolb dennoch immer ein einschneidendes Erlebnis bleiben. Eine britische Autofahrerin war damals in der Provinz Alicante frontal in die Trainingsgruppe mit dem gebürtigen Thüringer gefahren. Der Zusammenstoß hinterließ ein regelrechtes Trümmerfeld aus zerbrochenen Rädern, Trinkflaschen und Helmen.
"Es ist nicht so, dass ich hier Angst hätte, aufs Rad zu steigen", sagte Degenkolb dennoch.
Es war nach der ersten Zeit der Rehabilitation, nachdem er verschiedene Operationen hinter sich gebracht hatte, nachdem sein linker Zeigefinger vor der Amputation gerettet wurde, schon so etwas wie sein Rezept: baldmöglich wieder auf dem Rad zu sitzen, sich auch rauszuwagen auf die Straße. "Wenn so eine Situation nochmal käme, kann man es auch nicht verhindern. Deswegen muss man sich damit abfinden, und ich habe jetzt auch keine Panikattacken", erzählte Degenkolb.
Mitdenken für die anderen müsse man als Radprofi ohnehin, "ob das jetzt ein kleines Kind ist oder der Roller aus der Seitenstraße". Aber das sei vorher schon so gewesen. Und überdies:
Ich habe Bock, mich auf das zu konzentrieren, was vor mir liegt - und da strömen im Moment viele neue und aufregende Dinge auf mich ein.
Degenkolb beginnt einen neuen Abschnitt mit dem Wechsel von Giant-Alpecin zu Trek als Nachfolger des Schweizers Fabian Cancellara. Bei den Klassikern im Frühjahr will er wieder eine Sternstunde erleben - so wie 2015, als Degenkolb bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix triumphierte. Und die "Hölle des Nordens" hat er bereits ein erstes Mal inspiziert, noch ehe er über Weihnachten zur Familie nach Oberursel bei Frankfurt reiste.
"Wir sind schon am tüfteln, was Material angeht und um die Strecken wieder in den Kopf zu bekommen. Einige sagen, es ist verrückt, schon jetzt auf die Pavés zu gehen", berichtete Degenkolb. Und doch, es soll sich auszahlen. "Mein Ziel ist es, von Sanremo bis Roubaix in Top-Form zu sein und alle Chancen zu nutzen, die sich bieten", sagte er.
Eine weitere "Kante in meinem Kerbholz", der dritte Sieg bei einem Radsport-Monument, steht 2017 für Degenkolb über allem. Erinnerungen an die Landstraße nahe Calpe spielen dann längst keine Rolle mehr.
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