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Tour de France 2022 - Drei Dinge, die auf der 19. Etappe auffielen: Tour ist, wenn alle 50 fahren und Jumbo gewinnt

Felix Mattis

Update 22/07/2022 um 20:22 GMT+2 Uhr

Die Teams der Sprinter haben auf der 19. Etappe alles für ihre Kapitäne getan. Doch nach drei brutal schweren Wochen Tour de France waren die Reserven in Cahors nach 188 Kilometern schließlich doch nicht mehr groß genug, um gegen einen entfesselten Christophe Laporte zu bestehen. Jumbo-Visma setzte seine Dominanz fort, doch auch Tadej Pogacar war wieder zu sehen. Drei Dinge, die auffielen.

Highlights: Laporte düpiert Sprinter - Protest sorgt für Ärger

Christophe Laportes Etappensieg in Cahors war der fünfte seines Teams Jumbo-Visma - und es war ein schöner Dank seiner Mannschaft an den wichtigen Helfer.
Gleichzeitig aber offenbarte auch dieser Triumph noch einmal, wie brutal die Tour 2022 für die Sprinter war und weiterhin ist.
Weniger echte Massensprints als in diesem Jahr gab es seit Jahrzehnten nicht mehr.
Und dann zeigte sich auf der Überführungsetappe von den Pyrenäen in Richtung Schluss-Zeitfahren auch Tadej Pogacar nochmal.
Hier sind drei Dinge, die in Cahors auffielen:

1. Jumbo-Visma hat das Momentum

Fünf Etappensiege hat das Team Jumbo-Visma mit drei verschiedenen Fahrern bei der Tour jetzt geholt - zusätzlich zum Gelben, dem Grünen und dem Gepunkteten Trikot. Die Dominanz des niederländischen Rennstalls setzte sich in Cahors fort, als es Wout Van Aert sogar einem der wichtigsten Helfer der letzten drei Wochen noch ermöglichte, einen Etappensieg zu holen - und sich so seinen persönlichen Kindheitstraum als Franzose zu erfüllen.
Die Männer um Jonas Vingegaard unterstrichen mit ihrem Auftritt am Freitag noch einmal, dass sie alles unter Kontrolle haben - selbst ohne im Etappenverlauf überhaupt das Geschehen vor den letzten zehn Kilometern mitzubestimmen. Man ließ die Sprinter-Teams die Arbeit machen, und am Ende gab Van Aert Vollgas, um Vingegaard in Sicherheit und Laporte nach vorne zu bringen - wie im Lehrbuch.
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Laporte holt sich sein "Danke" ab - Analyse des Cahors-Coups

"Ich kann es noch gar nicht glauben. Ich bin super glücklich. Das Team hat mir heute vertraut. Wout hat mir heute schon während des Rennens gesagt, dass ich im Finale freie Fahrt bekommen würde", freute sich Laporte, der nach seinem Etappenerfolg bei Paris-Nizza bereits zum zweiten Mal in dieser Saison von seinen Teamkollegen einen großen Sieg serviert bekam. Besser kann man wichtige Helfer nicht glücklich machen und motiviert halten.
Doch Laportes Sieg zeigte auch, wie clever es die Teamleitung bei Jumbo-Visma macht. Das winklige Etappenfinale und der ansteigende Schlusskilometer waren perfekt geeignet für eine derartige Aktion. Einzig: Man muss dann eben auch den Mut haben, es zu probieren. Und das tat bis auf den Franzosen niemand.
"Der Antritt von Laporte hat mich überrascht, ich hatte noch geschaut, ob irgendwelche Anfahrer da sind. Aber es waren dann einfach nicht mehr viele Teams mit Helfern vorne vertreten", offenbarte etwa Sprint-Ass Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck), dass es nicht nur die Beine von Laporte waren, die das Rennen entschieden.
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"Chaotisches Finale": Geschlagener Philipsen gesteht Fehler ein

Übrigens: Im vergangenen Jahr gewann Van Aert sowohl das lange letzte Zeitfahren und die Schlussetappe in Paris. Die Zahl der Jumbo-Etappensiege könnte also sogar noch auf sieben steigen - das wären dann ganze 33 Prozent Ausbeute.

2. Sprinter schauen in die Röhre

Es war eine brutale Tour für Sprinter. Kaum Chancen hatten die Männer mit den dicken Oberschenkeln in Frankreich. Und trotzdem quälten sich fast alle von ihnen über all die heißen Bergetappen, um am Sonntag in Paris noch über die Champs-Élysées rauschen zu dürfen – und um eben in Cahors auch noch eine Chance auf einen Tagessieg zu haben.
Ihre Teams spannten sich für dieses Vorhaben voll ein und ließen keine Ausreißergruppe im Verlauf der 19. Etappe weit weg - mehr als eine Minute bekamen die Spitzenreiter nur sehr kurz. Vor allem Lotto Soudal, DSM, Alpecin-Deceuninck, BikeExchange-Jayco und TotalEnergies ließen ihre Helfer den ganzen Tag hart schuften. Doch am Ende gingen sie alle leer aus, weil Laporte ihnen im anspruchsvollen Finale davonstiefelte.
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Perfekter Antritt kurz vor dem Ziel: Laporte erlöst Frankreich

"Tour de France ist dieses Jahr, wenn alle 50 km/h fahren und einer von Jumbo gewinnt", stellte John Degenkolb vom Team DSM in Cahors fest. "Wir waren kurz davor, den Anschluss an die drei Mann zu schaffen, die noch vorne waren. Dann war es unfassbar schnell und Philipsen lässt das Hinterrad seines Vordermanns gehen. Laporte sieht das in dem Moment, gibt Vollgas, schließt die Lücke zu denen und zieht voll durch", so der Oberurseler über den entscheidenden Moment. "Das ist schon beeindruckend, eine andere Liga. Ich habe dann versucht, die Lücke zu schließen, aber keine Chance: Ich bin nicht rangekommen und die hinten haben zu spät reagiert."
So stehen nach 19 Etappen nur drei Tage zu Buche, die wirklich mit einem Massensprint um den Sieg zu Ende gingen. Tag vier wird am Sonntag in Paris sicher noch hinzukommen, doch unterm Strich steht in der Endabrechnung der Tour schon jetzt: So wenig zu melden hatten Sprinter bei einer Frankreich-Rundfahrt seit 1992 nicht mehr. Damals endeten auch nur vier Etappen mit einem Massensprint.

3. Pogacar hat noch Bock

Tadej Pogacar ist ein Phänomen. Am Donnerstag stellte er in Hautacam fest, dass er die Tour nun wohl verloren habe. 3:26 Minuten Rückstand auf Jonas Vingegaard, das sei wohl auch für ihn nun zu viel. Doch am Freitag blies der Slowene trotzdem schon wieder zur Attacke. Dass er tatsächlich glaubte, an jenem Hügel gut 30 Kilometer vor dem Ziel entscheidend vom Gelben Trikot wegzukommen, ist unwahrscheinlich. Doch Pogacar attackierte trotzdem.
"Es war am Anfang etwas langweilig, aber wurde spaßiger gegen Ende. Es war ein hartes und schnelles Finale, also habe ich es versucht und mein Bestes gegeben", sagte der beste Jungprofi der Tour in seinem Weißen Trikot in Cahors.
Und sein Teamchef Mauro Gianetti erklärte: "Tadej ist nur einer Attacke gefolgt. Er ist halt so. Manchmal macht er das auch aus Spaß. Er fährt immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Es ist schön, ihn im Team zu haben."
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Überraschung! Pogacar kriegt nicht genug und attackiert auf Flachetappe

Während 90 Prozent des Pelotons am Ende der dritten Tour-Woche auf dem Zahnfleisch geht, reitet Pogacar noch sinnlose Attacken aus Spaß und landet im Zielsprint auf Rang fünf. Das ist pervers, aber das ist die Realität. Man darf gespannt sein, was er nun noch im Zeitfahren am Samstag nach Rocamadour zeigt. Nicht wenige trauen dem Slowenen sogar zu, da noch einmal um den Tagessieg zu kämpfen.
"Ich weiß nicht, was ich werde ausrichten können, aber eins weiß ich: Ich werde alles geben. Ich habe den Kurs zweimal besichtigt. Er ist hart auf rauem, langsamem Asphalt. Trotzdem wird es ein schnelles Zeitfahren mit zwei kleinen Anstiegen am Ende werden. Es wird lang und hart und ich sehe keine großen Überraschungen passieren", blickte er voraus, verkniff sich aber auch Folgendes dann nicht: "Aber man weiß nie …"
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Ausblick auf Etappe 20: Was geht noch im Zeitfahren?

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