Einer aus dem Fußvolk im Rampenlicht: Jimmy Robertsons Sieg in Lommel

Jimmy Robertson, das zeigten alle Reaktionen nach seinem Triumph beim European Masters gestern, ist überall ein populärer Sieger, auch und gerade unter den anderen Profis. Jemand, der über viele Jahre zum Fußvolk der Maintour gehörte, steht plötzlich im Rampenlicht, ein beliebter Typ noch dazu. Da sagt sich jeder: Wenn ich selber nicht gewinnen kann, dann freue ich mich auf alle Fälle für ihn.

European Masters - Final - Interview Jimmy Robertson

Fotocredit: Eurosport

Im Halbfinale von Lommel stand kein einziger Spieler aus den Top 16 der Rangliste. Das hat es auch zuvor gegeben, aber oft passiert das natürlich nicht. Dabei war das European Masters eigentlich sehr gut besetzt. Aber manchmal kommt eben alles zusammen: Die üblichen Verdächtigen straucheln, sind nicht in Top-Form, und vermeintliche Underdogs wachsen über sich hinaus. Wenn immer über die größere Leistungsdichte gesprochen wird, dann ist das eben kein leeres Gerede. Außerdem haben die Kleinen eben auch den (übergroßen) Respekt vor den Großen verloren, der die Top-Leute früher auch oft geschützt hat.
Diese Konstellation mag den Triumph von Jimmy Robertson erleichtert haben. Aber alleine reicht das als Erklärung nicht aus. Vielmehr hat sich auch bei Jimmy Robertson etwas verändert. Besser gesagt: Er hat was verändert. Schon als Jimmy Robertson im Jahr 2002 erstmals auf die Maintour kam sprachen viele Fachleute vom großen Potential des jungen Talentes. Alleine: Die hohen Erwartungen erfüllten sich nicht. Nach einem Jahr fiel er relativ sang- und klanglos von der Tour. In den folgenden Jahren musste man bei den Amateuren nachschauen, wenn man etwas über Jimmy erfahren wollte. Allerdings avancierte er zum dominierenden Amateur in England. So schaffte er 2009 die Rückkehr auf die Tour.
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Jimmy Robertson bei den European Masters 2018

Fotocredit: Imago

Jedoch gelang ihm auch dann noch lange nicht der Durchbruch. Im Gegenteil: Jahrelang kämpfte Jimmy Robertson in der Regel darum, seinen Tourplatz zu behalten. Richtig nach vorne ging es nicht. Zwar gewann er immer wieder Matches, die aufhorchen ließen, aber Erfolge bei den Turnieren waren damit eben nicht verbunden. Darauf hat er selber gestern in Lommel nach seinem Sieg ja auch hingewiesen. Den entscheidenden Schritt hat er dann im letzten Jahr gemacht. Da hat er nämlich einen Mentalcoach verpflichtet.
Der Erfolg ließ sich schon im Februar erahnen, als er beim German Masters erstmals das Viertelfinale erreichte. Beflügelt davon ist er seinen Weg offensichtlich konsequent weitergegangen. Den Lohn hat er jetzt eingefahren. Seine Nervenstärke in Lommel und seine Abgebrühtheit waren beeindruckend. Seine drei ersten Matches in Belgien hatte er mit 4:3 auf Schwarz gewonnen. Im Finale blieb er auch in der Spur, als sein 5:0- und 7:3-Vorsprung dahinschmolz. Wie er am Ende mit einem Century den Sieg perfekt gemacht hat, das war im Stil eines großen Champions! Mentale Stärke war der Schlüssel.
Vielleicht sollte sich Joe Perry auch einmal die Telefonnummer dieses Mentalcoaches geben lassen. Denn der war gestern in dieser Hinsicht das Gegenbeispiel zu Jimmy Robertson. Erster Frame, erste Chance, 17 Punkte, Pink verschossen. Prompt war der Faden gerissen. Auch wenn Perry sich nachher bravourös wieder herangekämpft hat und dafür auch sämtlichen Respekt verdient: In dieser Anfangsphase hat er seine Chancen verspielt, und es war ein mentales Problem, kein spieltechnisches.
Herzliche Grüße
Ihr / Euer Rolf Kalb
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Jimmy Robertsons märchenhafter Sieg mit Century bei den European Masters

Quelle: Eurosport

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