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Snooker-WM: Ronnie O'Sullivan im Exklusiv-Interview - "Ein Snooker-Match vor 90.000 Fans wäre ein Problem"

Tobias Laure

Update 16/04/2022 um 09:09 GMT+2 Uhr

Ronnie O'Sullivan erklärt vor der heute beginnenden WM, wie er mit dem Druck umgeht, dass viele Spieler davon träumen, ihn zu schlagen. "Es macht die Sache einfacher für mich", so die überraschende Ansage des 46-Jährigen bei einer Eurosport-Presserunde. Als Favorit sieht er sich nicht. O'Sullivan erläutert zudem, warum es keine gute Idee wäre, auch im Snooker den Weg in große Stadien zu gehen.

Ronnie O'Sullivan

Fotocredit: Getty Images

Ronnie O'Sullivan ist seit vielen Jahren das Gesicht seiner Sportart, auch wenn andere Profis ihm sportlich mitunter den Rang abgelaufen haben. Von daher hat der Engländer kein Problem damit, seine Chancen auf den WM-Titel eher moderat einzuschätzen. Er sei "froh, einer von vielen aussichtsreichen Kandidaten" zu sein.
Die Weltmeisterschaft im Crucible Theatre gewann O'Sullivan bereits sechsmal, zuletzt 2020.
Ob des auf den ersten Blick niedrigen Fassungsvermögens von gut 900 Zuschauern stellt sich die Frage, ob der Snooker-Sport nicht das Experiment wagen sollte, einzelne Events in großen Arenen abzuhalten. O'Sullivan steht dem Gedanken kritisch gegenüber.
"Vielleicht könnten wir vor 10.000 Fans spielen", so die Snooker-Ikone, ein Ausflug nach Wembley sei aber undenkbar, wie er bei einer von Eurosport organisierten Presserunde erklärt.
Herr O'Sullivan, wenn Sie eine Sache im Snooker verändern könnten, was wäre das?
Ronnie O'Sullivan (lächelt): Ich würde dafür sorgen, dass wir nur noch auf zwei anstatt auf sechs Taschen spielen. Ich würde sehr viel mehr gewinnen, wenn es nicht diese große Auswahl gäbe.
Ein neuer Ansatz könnte auch sein, hin und wieder in Fußball-Stadien zu spielen. In Wembley wird zum Beispiel vor 90.000 Fans geboxt. Eine Schnapsidee im Snooker?
O'Sullivan: Ich habe ein paar mal, etwa in Hongkong, vor 4000 bis 5000 Zuschauern gespielt. Das ist natürlich eine unglaubliche Atmosphäre. Vielleicht könnten wir auch vor 10.000 Fans spielen. Aber vor 90.000 Leuten? Das wäre ein Problem, denn Snooker ist ein ruhiger Sport - und versuchen sie mal, bei 90.000 Menschen für Ruhe zu sorgen. Wenn der Stadionsprecher die Menge dann auffordern würde, still zu sein, dürfte das kaum klappen.
Der Snooker-Sport wird traditionell von Spielern aus dem Vereinigten Königreich dominiert. Welche Voraussetzungen braucht es, um ein Weltklasseprofi zu werden, wenn man nicht aus dieser Region stammt?
O'Sullivan: Es spielt keine Rolle, aus welchem Land du kommst. Jeder kann im Snooker zum Champion werden. Nun folgt das große Aber: Wenn du etwas Großes erreichen willst, dann musst du ins Vereinigte Königreich kommen. Hier gibt es jede Woche Wettbewerbe, bei denen die Besten antreten - und von denen muss man lernen. Nehmen wir Neil Robertson. Ein unglaublicher Spieler, aber wäre er zu dem geworden, der er heute ist, wenn er in Australien geblieben wäre? Wahrscheinlich nicht. Ich vergleiche das gerne mit dem London-Marathon. Wer den Lauf gewinnen will, muss ein überragender Läufer sein. Also ist es hilfreich, in Kenia, Äthiopien oder Uganda zu trainieren, denn dort sind die Besten zuhause.
Sie selbst sind aufgrund ihrer Erfolge und Popularität für viele Snooker-Spieler der Gegner, den man unbedingt einmal schlagen will. Wie gehen Sie damit um?
O'Sullivan: Es macht die Sache einfacher für mich, denn ich weiß, was ich zu erwarten habe. Viele meiner Kontrahenten versuchen Dinge, um ihr Niveau anzuheben und dafür zu sorgen, dass ich nicht gut spiele. Ich denke dann: "Was immer du heute versuchst, es wird nicht funktionieren. Also genieße einfach das Spiel, denn ich bin in Form und du wirst nach Hause fahren." Ich sage das natürlich nicht, denn das wäre unprofessionell und respektlos. Es gibt diese Tage, wo ich das Gefühl habe, dass ich heute verlieren könnte. Aber ich habe mir über die Jahre ein Selbstvertrauen erarbeitet, mein Spiel aufgebaut und weiß daher, dass ich mit allem umgehen kann, was der Gegner macht. Ich liebe die Herausforderungen, die auf mich zukommen. Ich mag es, wenn junge Spieler mit neuen Ideen kommen. Selbst die Besten wissen nicht alles und so kannst du immer dazulernen.
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Am 16. April beginnt die Weltmeisterschaft im berühmten Crucible Theatre von Sheffield. Worin liegt die besondere Schwierigkeit, dort den Titel zu holen?
O'Sullivan: Der Schlüssel ist die Konsistenz. Du musst nicht brillant spielen. Klar, es gibt die Momente, in denen du über dich hinauswachsen musst - aber ein gleichmäßig gutes Spiel ist die wichtigste Voraussetzung, um die 17 Tage von Sheffield zu überstehen. Du musst über die weitesten Strecken gut bis sehr gut sein.
Das Crucible ist eine Gladiatoren-Arena. Hier kannst du absolute Höhepunkte erleben, hier können aber auch die Tiefpunkte extrem sein.
Sie waren bislang sechsmal Weltmeister. Haben Sie nach jedem Finale einen emotionalen Ausbruch erlebt?
O'Sullivan: Es ist sehr schwer, einen WM-Sieg sofort zu genießen, weil das Turnier so unglaublich lang ist. Das erste Gefühl ist daher eher Erleichterung. Das unvergleichliche Gefühl, die WM gewonnen zu haben, kommt dann erst am Tag danach. Der härteste Turniersieg meiner Karriere war in Sheffield, aus den genannten Gründen. Es ist unglaublich schwer, alles, was es braucht, über 17 Tage vom WM-Beginn bis zum letzten Ball im Finale zusammenzuhalten. Das Crucible ist eine Gladiatoren-Arena. Hier kannst du absolute Höhepunkte erleben, hier können aber auch die Tiefpunkte extrem sein. Dann geht es darum, wie man aus diesen Tiefs herauskommt und sich wieder stabilisieren kann.
Unterschätzen Sie sich in diesem Jahr ein wenig selbst? Es scheint so, als ob Sie anderen Spielern den WM-Titel eher zutrauen.
O'Sullivan: Nein, ich unterschätze mich nicht. Natürlich habe ich eine Chance, aber in den vergangenen zwei Jahren habe ich nur zwei Turniere gewonnen, sonst waren es eher vier bis fünf pro Jahr. Meine Lochrate ist derzeit nicht ganz so hoch wie gewohnt, aber ich werde meine Erfahrung einsetzen. Trotzdem muss man in erster Linie auf Spieler wie Neil Robertson, der die vergangenen zwei oder drei Jahre phänomal war, oder Judd Trump achten. Nichtsdestotrotz gibt es bei dieser WM viele aussichtsreiche Kandidaten. Ich bin froh, einer von ihnen zu sein.
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