Rolf-Kalb-Blog nach der Tour Championship: Schlechte Nachricht für Shaun Murphy vor der WM

Dabei hatte Shaun Murphy im Finale der Tour Championship erst einen kapitalen Fehlstart hingelegt. Kyren Wilson legte furios los und war mit 4:0 in Führung gegangen. Dass Murphy zum Ende der ersten Session den Ausgleich zum 4:4 geschafft hatte war entscheidend für seinen Erfolg. Der Schlüssel war dabei der achte Frame, in dem Wilson seine Chance zum 5:3 nicht nutzte.

Auch am Abend war es meist Shaun Murphy, der die "Big Points" machte. Das erlaubte ihm schließlich den 10:7-Sieg, mit dem er seinen insgesamt elften Titel bei Weltranglisten-Turnieren holte. Damit ist er die Nummer zehn der Turniersieger und hat niemand Geringeres als Jimmy White hinter sich gelassen.

Den Sieg in Hull holte sich Murphy auf ganz andere Art und Weise wie noch wenige Wochen zuvor bei der Players Championship. Da hatte er seine Gegner mit seinem erfolgreichen Lochspiel und seinem Breakbuilding überrollt. Bei der Tour Championship nun musste er oftmals auf sein B-Spiel oder gar sein C-Spiel zurückgreifen.

Aber dass er sich auf sein B-Spiel verlassen kann und einen Gegner auf mit seinem Safe-Spiel kontrollieren kann, das ist eben der Punkt, der Murphy die Zuversicht für die WM geben kann. Denn den 17-Tage-Marathon in Sheffield übersteht man nur in Ausnahmefällen durchgehend im Hurra-Stil (okay – Murphy hat das bei seinem WM-Titel 2005 geschafft). Man braucht gute Safeties und ein verlässliches B-Spiel, um Weltmeister zu werden.

Das war ja auch einer der Gründe, warum Murphy zuletzt 2021 im WM-Finale gescheitert ist. Mark Selby war damals einfach ausgebuffter als er. Murphy und Selby sind ja eng befreundet. Dass er es geschafft hat, etwas von der besonderen Qualität seines Freundes zu entwickeln hilft Murphy natürlich und macht ihn stärker.

Auf seinen möglichen Weg bei der Weltmeisterschaft hat der Sieg von Shaun Murphy keinen gravierenden Einfluss. Läuft alles nach Papierform wartet jetzt Robert Milkins im Achtelfinale auf ihn, Judd Trump im Viertelfinale und Ronnie O’Sullivan im Halbfinale. Das ist natürlich kein leichter Weg. Hätte er gegen Kyren Wilson verloren, dann wären John Higgins, Mark Selby und Neil Robertson seine möglichen Gegner (das sind jetzt die möglichen Gegner von Kyren Wilson); viel leichter wäre die Aufgabe auch nicht.

Auch Kyren Wilson hat (wie Mark Selby) bei der Tour Championship seine gute Form unter Beweis gestellt. Vor allem im Halbfinale und zu Beginn des Finales spielte er atemberaubend. 27 Frames hat er in Hull gewonnen, neun davon mit einem Century. Aber wieder einmal hat er im entscheidenden Moment gepatzt. Angesichts der Sorgen um die Gesundheit seines Sohnes ist es aber sowieso ein kleines Wunder, dass er es bis ins Endspiel geschafft hat.