Alexander Zverev gibt Comeback in Saudi-Arabien - das Interview: "Es war keine einfache Zeit für mich"

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VonEurosport

Update 09/12/2022 um 09:02 GMT+1 Uhr

Alexander Zverev ist nach langer Zwangspause und einer schweren Sprunggelenksverletzung auf den Platz zurückgekehrt. Beim Diriyah Tennis Cup (8. bis 10. Dezember live bei Eurosport und auf discovery+) legte der Hamburger mit einem Sieg gegen Dominic Thiem (10:8, 10:7) und einer Niederlage gegen Daniil Medvedev (0:6, 4:6) los. Zuvor sprach Zverev mit Eurosport über seinen Weg zum Comeback.

Zverev exklusiv über seine Rückkehr: "Habe es unglaublich vermisst"

Bei den French Open verletzte sich Alexander Zverev im Halbfinale gegen Rafael Nadal schwer. Der 25-Jährige riss sich drei Außenbänder im rechten Sprunggelenk.
Die Folge: Eine rund sechsmonatige Pause. Ein Ermüdungsbruch warf Zverev zudem zwischenzeitlich erneut zurück.
Im exklusiven Interview mit Eurosport-Expertin Barbara Schett beim Diriyah Tennis Cup (live bei Eurosport und auf discovery+) gab der Olympiasieger von 2021 Einblicke in seine Rehabilitation und verriet, wie sehr ihn die schwere Verletzung veränderte. "Als ich das erste Mal gegangen bin, habe ich mich wie ein kleines Kind gefreut", erklärte Zverev.
Auch das zurückliegende Tennis-Jahr auf der ATP-Tour war ein Thema. Dabei zeigte sich Deutschlands Nummer eins vom Aufstieg Carlos Alcaraz' wenig überrascht und bezeichnete die Saison durch die vielen Veränderungen in der Weltspitze als "ein komisches Jahr".
Sechs Monate sind vergangen, sechs Monate Rehabilitation. Die Interviews haben Ihnen sicher auch gefehlt.
Alexander Zverev: "Ich bin froh, das alles zu machen. Das habe ich die letzten Monate schon vermisst. Es war keine einfache Zeit für mich. Ich habe die Tennis-Tour, die Turniere vermisst. Ich habe Interviews vermisst, ich habe wirklich alles vermisst. Ich bin einfach froh, wieder auf dem Platz und mit den besten Spielern der Welt hier zu sein. Einfach wieder in dieser Atmosphäre dabei zu sein. Ich freue mich wieder auf dem Platz stehen. Hoffentlich geht es hier richtig los für mich."
Wie oft haben Sie an diesen Moment, dieses Spiel gedacht, gegen Rafael Nadal in Paris? Ist so etwas lange im Kopf?
Zverev: "Ich konnte es relativ gut akzeptieren, denn es ist während eines Matches gegen Rafael Nadal in einem Halbfinale bei einem Grand Slam passiert, in Roland Garros, wo ich versucht habe, meinen Traum zu erfüllen, Grand-Slam-Champion zu werden und ich die Chance hatte, die Nummer eins der Welt zu werden. Es ist nicht bei einem doofen Unfall passiert, beim Snowboarden oder Skifahren. Deshalb war es für mich etwas einfacher, es zu akzeptieren. Aber in dem Moment möchtest du es nicht wahrhaben. Die Partie war über drei Stunden lang, wir hatten noch nicht einmal zwei Sätze gespielt. Ich dachte, ich hatte wirklich Chancen. Das Spiel hätte noch in beide Richtungen gehen können.
Ansonsten sind schon die Gedanken da 'Was hätte sein können?'. Vielleicht das erste Grand Slam, vielleicht die Nummer eins der Welt. Das ist schon alles im Kopf.
"Denn du hast das Match nicht einfach so verloren, sondern du hast es durch einen Unfall, eine Verletzung verloren. Dann kannst du sieben Monate nicht zurück auf den Platz. Das ist schon eine lange Zeit. Aber solche Dinge passieren bei vielen Sportlern. Das muss man akzeptieren."
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Alexander Zverev verletzte sich bei den French Open

Fotocredit: Getty Images

Das Comeback musste wegen eines Ermüdungsbruch verschoben werden. Wie haben Sie sich nach diesem Einschnitt als Person verändert?
Zverev: "Die zweite Verletzung war für mich nicht einfach, denn die eigentliche Verletzung war heil. Ich war gesund und dann sagte man mir: 'Das hat Nachwirkungen, der Knochen ist noch nicht bereit.' Dann dachte ich mir, dass ich wieder von vorne anfangen muss. Sechs Wochen durfte ich nichts machen, musste den Tennisschläger wieder weglegen, durfte nicht ins Fitnessstudio gehen. Ich bin irgendwann in den Urlaub gefahren, um den Kopf freizubekommen. Aber die Verletzung hat mir beigebracht, geduldiger zu sein und die kleinen Dinge zu schätzen."
Als ich das erste Mal gegangen bin, habe ich mich wie ein kleines Kind gefreut. Als ich das erste Mal laufen konnte, war es, als hätte ich das größte Turnier der Welt gewonnen. Dinge, die du ein Leben lang machen konntest, waren auf einmal etwas Besonderes. Das ist der Riesenunterschied zwischen nach der Verletzung und vor der Verletzung.
Man merkt, dass eine Karriere schnell vorbei sein kann. Ist man daher dankbarer?
Zverev: "Ja, vor allem für die Tour, und das, was man hat. Wenn man in diesem Tennis-Zirkus ist, spielt man elf Monate im Jahr und man ist jede Woche auf einem neuen Turnier, jede Woche verreist man. Du vergisst wertzuschätzen, dass du überhaupt dieser Tennisspieler bist, vor 20.000 Zuschauern und in den größten Stadien der Welt spielst, und du den Sport machst, den du über alles liebst. Das vergisst man alles ein bisschen.
Wenn du sieben Monate mit einer Verletzung raus bist, bei der du wirklich gar nichts machen kannst, fängst du an darüber nachzudenken, wie sehr du das vermisst. Ganz ehrlich: Ich habe es unglaublich vermisst. Ich weiß nach der Verletzung noch weniger, was ich ohne Tennis machen würde.
Ich möchte so schnell wie möglich auf den Platz. Aber vor allem möchte ich wieder etwas mit den besten Spielern der Welt zu tun haben. Das hatte ich auch nicht. Ich war nicht in diesem Umfeld. Ich war zuhause oder im Fitness, da gab es diese Situationen nicht, das Gefühl von Nervosität, von Gewinnen und Verlieren. Das vermisst man alles. Das bekommt man im normalen Leben nicht wieder. Ich freue mich, dass es für mich losgeht, auch wenn es ein anderes, sehr schnelles Format ist. Wir spielen mit Dominic (Thiem, Anm. d. Red.) höchstens drei Tiebreaks, das kann schnell vorbei sein. Aber einfach dieses Gefühl mit den Ballkindern, mit einem Schiedsrichter und den Zuschauern wieder zu spielen, das habe ich vermisst."
Was sind Ihre Ziele im ersten Spiel?
Zverev: "Die habe ich nicht. Ich möchte einfach Spaß haben. Das ist das erste Ziel. Für mich ist es immer noch ein Prozess. Ich muss immer noch zu 100 Prozent zurückkommen. Es ist nicht so, dass man nach einer Verletzung gesund ist und man genauso wie zuvor spielt. Das funktioniert nicht. Man sagt immer, wenn Rafa oder Roger zurückkommen, sind sie wieder bei 100 Prozent. Aber das stimmt auch nicht ganz. Rafa ist letztes Jahr zurückgekommen und hat beim Exhibition in Abu Dhabi glaube ich gegen alle verloren. Bei den Australian Open kam er zurück, hat das Turnier gewonnen und das beste Tennis seines Lebens gespielt. Bei Roger damals beim Hopman Cup war es auch nicht anders. Da hat er gegen mich verloren und hat gegen andere Spieler noch nicht so gut gespielt. Bei den Australian Open hat er seine Form gefunden. Ich hoffe, dass es bei mir ein ähnlicher Prozess sein wird, ich aber natürlich nicht gleich mein bestes Tennis spielen werde. Ich werde wahrscheinlich auch in Dubai beim Exhibition nicht mein bestes Tennis spielen. Ich hoffe, dass es mit jedem Tag besser wird und bei den Australian Open da sein wird, wie ich es haben möchte."
Was hat Sie während der Auszeit auf der ATP-Tour, von den Spielern her, am meisten überrascht?
Zverev: "Es war auf der Tour ein komisches Jahr. Ich glaube für alle Spieler, generell für die ATP-Tour. Rafa hat am Anfang des Jahres dominiert, hat bis nach den French Open gefühlt alles gewonnen, was er gespielt hat. Danach hat er Fußprobleme bekommen, konnte das Wimbledon-Halbfinale nicht mehr spielen. Auf einmal war Novak wieder der beste Spieler der Welt. Bis er wegen der Corona-Regelung und weil er nicht geimpft ist, nicht in die USA reisen und sehr viele Turniere nicht spielen durfte. Carlos Alcaraz, ein Teenager, gewinnt die US Open. Das ist wunderschön für das Tennis. Man sieht, dass die neue Generation sehr gutes Tennis spielen kann und das Tennis in guten Händen ist. Es war aber ein komisches Jahr, weil Alcaraz das Jahr mit 6.500 Punkten als Nummer eins der Welt beendet. Letztes Jahr hatte ich über 8.000 Punkte und war Nummer drei der Welt. In der Hinsicht war es ein komisches Jahr."
Sind Sie überrascht, dass Alcaraz die US Open gewonnen hat und die Nummer eins der Welt ist? War es für Sie abzusehen, dass er so einen Schritt nach vorne macht?
Zverev: "Es überrascht nicht wirklich. Ich habe schon 2021 das erste Mal in Acapulco gegen ihn gespielt. Da habe ich schon gesagt: 'Der wird Wahnsinn, er wird ein unglaublicher Spieler werden.' Um ehrlich zu sein, das ist er auch. Es haben viele Faktoren eine Rolle gespielt. Novak war bei den US Open nicht dabei, Rafa war vielleicht nicht bei 100 Prozent. Daniil nach seiner Rückenverletzung und OP war auch noch nicht ganz da, wo er letztes Jahr mit seinem Tennis war. Er hat also seine Chance genutzt. Hut ab! Er war der beste Spieler in New York. Das hat er eiskalt bewiesen."
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Carlos Alcaraz mit dem Pokal der US Open 2022

Fotocredit: Getty Images

2023 steht vor der Tür. Was nehmen Sie sich persönlich vor?
Zverev: "Zunächst einmal gesund bleiben. Das wäre ein guter Anfang. Und dann hoffentlich schnell wieder die Form finden, die ich dieses und letztes Jahr hatte, und vielleicht noch eine bessere Form finden. Solange mein Fuß gesund ist, denke ich, dass ich meine Form finden werde."
Gibt es Vorsätze, im Tennis oder privat?
Zverev: "Mit der Verletzung habe ich gelernt, dass ich am Ende des Tages mein Bestes geben werde. Ob das genug ist oder nicht, werden wir dann sehen. Ich glaube daran nicht. Das hält meistens nur einen Tag, dann ist es eh vorbei."
Ihr Bruder (Mischa Zverev, Anm. d. Red.) ist doch gut darin. Er macht immer Vorsätze ...
Zverev: "Die hält er ja auch höchstens eine Woche durch. Dieses Jahr hatte er eine All-Carb-Diät, dann hat er auf einmal nur noch Fleisch gegessen, dann war er eine Woche vegan. Das ändert sich auch alle zwei Tage. Ich glaube daran nicht. Pünktlichkeit wäre für mich aber mal nicht schlecht (lacht)."
  • Der Diriyah Tennis Cup im Livestream bei discovery+
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