Porsche Tennis Grand Prix: Eva Lys und die Bürde der deutschen Nummer eins - warum im Damen-Tennis Geduld gefragt ist

Am Donnerstag sind mit Jule Niemeier und Ella Seidel die beiden letzten deutschen Starterinnen beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart ausgeschieden. Für Eva Lys, die Nummer eins der Bundesrepublik, war bereits zum Auftakt Schluss - zu wenig von den Lokalmatadorinnen? Die Erwartungshaltung in Deutschland ist traditionell hoch. Angelique Kerber und Alexander Zverev können ein Lied davon singen.

"Das war einfach zu wenig": Lys hadert nach Auftakt-Pleite

Quelle: Eurosport

Eine deutsche Nummer eins, das hatte Eva Lys in diesen Tagen erfahren müssen, benötigt beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart mehr als gute Grundschläge, Nerven und Fitness.
Die Frische war nach einer Erkrankung in der Vorwoche, wegen der sie die Einzel beim Billie-Jean-Cup verpasste, ohnehin noch nicht vollständig hergestellt.
Dennoch absolvierte sie in den Tagen vor ihrer - schwierigen - Erstrundenauslosung gegen Jasmine Paolini neben ihren Trainingseinheiten einen PR-Marathon für den Turniersponsor: Medienverpflichtungen, Sponsoren-Gespräche, ein Showkampf und noch einiges mehr.
"Mir gibt das Energie", sagte Lys dazu und man mochte ihr das Glauben, ist sie doch eine kommunikative Frohnatur, die öffentliche Auftritte mit Leben füllt.
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Kerber und Zverev können ein Lied davon singen

Nachdem sie am zweiten Turniertag gegen die zweimalige Grand-Slam-Finalistin Paolini in nur 64 Minuten vor vollem Haus mit 2:6, 1:6 verloren hatte, gab sie eine realistische Einschätzung ab. Die 23-Jährige sprach von "einer sehr schlechten Performance".
Sie sei doch noch nicht topfit gewesen. "Gegen solche Spielerinnen ist das brutal - da wird man aufgefressen." Enttäuscht war sie dennoch. In ihrer Instagram-Story beschwerte sie sich später über eine aus ihrer Sicht viel zu negative Überschrift eines Mediums. Schließlich habe sie gegen die Nummer sechs der Welt verloren.
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Highlights: Paolini eine Nummer zu groß - Lys ohne Chance

Quelle: Eurosport

Die Anspruchshaltung in Tennis-Deutschland, sie ist stets eine hohe. Das musste auch Angelique Kerber früh erfahren. Alexander Zverev könnte sicher ebenfalls mehr als ein paar Takte dazu sagen, was es heißt, außerhalb und auf den Tennisplätzen dieser Welt kritisch beäugt zu werden.
Der Unterschied zu Lys ist, dass sie früh und zu einer vergleichsweise niedrigen Rankingposition in die Position als Frontfrau gerückt ist.

Die nächste Generation klopft bereits an

Die Hamburgerin wird kommende Woche rund um Platz 66 in der Weltrangliste platziert sein. Die erfahrenen Laura Siegemund und Tatjana Maria folgen noch hinter Lys in den Top 100. Jule Niemeier, als Hardhitterin mit jeder Menge Potenzial ausgestattet, und Nachwuchskraft Ella Seidel (20) kämpfen dahinter um die Rückkehr beziehungsweise den erstmaligen Durchbruch in den elitären Kreis der hundert besten Spielerinnen der Welt.
Die Kräfteverhältnisse im deutschen Damentennis haben sich nach der goldenen Generation um Kerber, Andrea Petkovic, Julia Görges und Sabine Lisicki längst verschoben.
Barbara Rittner kämpfte lange Zeit als "Head of Women's Tennis" im deutschen Tennisverband DTB um die Nachfolgerinnen, verlor aus verschiedenen Gründen mindestens eine Generation, hinterließ vor ihrem Ende beim Verband aber zahlreiche Talente und ordentliche Strukturen.
Der Turniersponsor in Stuttgart, Porsche, war und ist dem deutschen Nachwuchs inhaltlich und finanziell stets eng verbunden. Die Nachwuchsteams des DTB tragen den Markennamen seit Jahren. Während Talente wie Noma Noha Akugue (Formschwankungen), Nastasja Schunk (lange verletzt) um den Anschluss kämpfen, klopft mit Mariella Thamm (15), Sonja Zhenikhova (16), Julia Stusek (16) und Eva Bennemann (17) bereits die nächste Generation an.
Überwacht wird das Ganze mittlerweile von Nachfolger Torben Beltz, der unter anderem Angelique Kerber lange trainierte und nun beim DTB Verantwortung trägt. Die Talente benötigen vor allem eines: Geduld.

Stuttgart gleicht einer Herkulesaufgabe

Auf dem obersten Niveau müssen die arrivierten Kräfte aber bereits jetzt für Ergebnisse sorgen. Beim Porsche Tennis Grand Prix werden sie von den Veranstaltern gefordert und gefördert - so gut es geht.
Zeitgleich schlagen beim ältesten Indoor-Turnier Europas auf Sand dieses Jahr gleich acht der aktuell besten zehn Spielerinnen der Welt auf. Angesichts der aktuellen Kräfteverhältnisse kommt das einer Herkulesaufgabe gleich.
In deutsch-deutschen Duellen setzten sich immerhin Ella Seidel (gegen Maria) und Jule Niemeier (gegen Siegemund) in zwei Marathonmatches durch. Das Duo erhielt am Donnerstag die Chance, sich mit der Weltklasse zu messen.
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"So gut!" Seidel und Gauff mit Mega-Ballwechsel

Quelle: Eurosport

Niemeier unterlag Lys-Bezwingerin Paolini (1:6, 5:7). Seidel blieb beim 1:6, 1:6 gegen US-Open-Champion Coco Gauff weitestgehend chancenlos. Die Voraussetzungen beider sind unterschiedlich.
Niemeier hat 2022 bereits gezeigt, dass sie das Rüstzeug für die erweiterte Weltspitze hat, erreichte in Wimbledon das Viertelfinale und leistete im Achtelfinale der US Open große Gegenwehr gegen Iga Swiatek. Es folgten schwierige Jahre. Mit dem erfahrenen Trainer Michael Geserer arbeitet sie länger an der fehlenden Konstanz.

Es gibt immer ein nächstes Mal

Am Donnerstag sagte sie in Stuttgart: "Ich glaube, dass es für mich eine positive Woche war. Ich hatte mir heute mehr erhofft. Ich habe aber im zweiten Satz gezeigt, dass ich mit den großen Spielern mithalten kann, dass ich das Level habe. Aber ich muss in der Lage sein, das konstanter zu halten über mehrere Sätze."
Seidel (20) kämpft als Talent seit geraumer Zeit um den Einzug in die Top 100, gewann ein Qualimatch am Samstag gegen die erfahrene Belgierin Yanina Wickmayer, verlor dann gegen Dayana Yastremska und war als "Lucky Loserin" in das Hauptfeld gerückt. Das Glück nutzte sie mit einer couragierten Leistung gegen Maria.
Seidel kann an einem guten Tag jederzeit mit Spielerinnen aus der erweiterten Weltspitze mithalten. Eine Spielerin vom Format Coco Gauff ist noch eine Nummer zu groß.
Eine Zwischenlösung als Gegnerin gibt es beim Porsche Tennis Grand Prix aber nicht. Die deutschen Spielerinnen müssen weiter über das Jahr verteilt an Fähigkeiten, Selbstvertrauen und Rankingpositionen arbeiten. Dann reichen im nächsten Jahr die heimischen Vorteile vielleicht schon zu mehr als zwei Achtelfinalteilnahmen. Das gilt für alle - aber besonders für Eva Lys.
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Pegula exklusiv: "Definitiv ein anderes Turnier als alle anderen"

Quelle: Eurosport


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