US Open: "Albtraum" - der Ton bei den Stars wird schärfer
VonTobias Laure
Update 03/09/2020 um 07:53 GMT+2 Uhr
Das Experiment, während der Corona-Pandemie ein Grand-Slam-Turnier mit Profis aus aller Welt abzuhalten, läuft bislang erfolgreich ab. Um diese Darstellung bemühen sich jedenfalls die Turnierveranstalter - und die Matches gehen bislang ja auch problemlos über die Bühne. Inzwischen mehren sich aber kritische Stimmen aus dem Spielerkreis, nicht nur aufgrund des positiven Tests von Benoît Paire.
Die berühmte Bubble, die Blase also, in der sich die mehr als 250 Profis während der US Open aufhalten, hat gute Chancen, zum Tennis-Unwort des Jahres zu avancieren. Es besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass die Maßnahmen wichtig, richtig und im Sinne aller Beteiligten sind. So weit so gut.
Bei der Frage, wie es vor Ort hinter den Kulissen tatsächlich aussieht, gehen die Meinungen allerdings dramatisch auseinander.
Vor allem die Aussage von Paire lässt Spielraum für wilde Spekulationen. "Ich zögere noch zu erzählen, was wirklich in dieser Fake Bubble abgeht", schrieb der 31-Jährige vieldeutig bei "Instagram". Ins Detail ging Paire freilich nicht und es mag bei seiner Wortwahl auch eine Rolle gespielt haben, dass der US-Tennisverband USTA ihm vorgeworfen hat, die Maskenpflicht verletzt und damit die Probleme erst verursacht zu haben.
Zverev äußert Kritik an Kommunikation
Mit seiner kritischen Haltung steht der vom Turnier ausgeschlossene Paire aber nicht alleine da - auch die deutschen Profis Alexander Zverev und Tim Pütz nahmen kein Blatt vor den Mund. "Da haben die US Open nicht ihren besten Job gemacht", erklärte Zverev im Exklusiv-Interview mit Eurosport und meinte damit die Art und Weise, wie die Erkrankung von Paire kommuniziert wurde. "Wir haben das, wie alle anderen auch, über die Medien erfahren und nicht etwa früher. In so einer Situation muss aber uns Spielern zuerst Bescheid gegeben werden", forderte der 23-Jährige.
Es müsse schließlich schnell und exakt nachvollzogen werden, mit wem Paire engeren Kontakt gehabt habe, um einer Ausbreitung des Virus' in der Bubble vorzubeugen. Er selbst sei mit dem Franzosen zwar nur einmal im Aufzug in Kontakt gekommen, aber: "Andere Spieler waren mit Benoît zusammen und nicht glücklich darüber, dass sie es dann über Twitter erfahren haben."
Milos Raonic fühlte sich ebenfalls schlecht informiert. "So vieles ist unklar", ließ der Kanadier wissen. US-Profi Noah Rubin ging sogar noch einen Schritt weiter, warf den Veranstaltern bewusste Desinformation vor.
"Mindestens ein Topspieler", betonte der 24-Jährige im Podcast "Coffee Cast", sei unter den angeblichen elf Profis, die mit Paire so engen Kontakt hatten, dass sie eigentlich in Quarantäne gehen müssten. Dass dies nicht der Fall ist, hängt aus der Sicht von Rubin damit zusammen, dass die Organisatoren "ihr Turnier nicht aufgeben" wollen. Und die Bubble? "Erzähl' mir keinen Scheiß von einer Blase", höhnte der Doppel-Spezialist.
Zwei Hotels, zwei Welten
Die Aussagen passen zudem, was auch der deutsche Doppelspieler Pütz erlebt hat. Der 32-Jährige berichtete bei "Advantage - der Tennis und Sportpodcast" von zwei Hotels, in denen die Profis untergebracht seien. Während im ersten und komplett für den Tennis-Tross reservierten Haus die Sicherheits- und Hygienemaßnahmen tatsächlich um gesetzt würden, sähe es in der zweiten Anlage ganz anders aus.
"Wir, die Spieler und Betreuer in diesem zweiten Hotel waren in keiner Blase, nicht mal ansatzweise." So seien auch "ganz normale Gäste in diesem zweiten Hotel" gewesen. Begegnungen, etwa beim Liftfahren, hätten sich nicht ausschließen lassen.
Pütz, der mit seinem Doppelpartner Freddie Nielsen das Hauptfeld verpasste, bezeichnete die US Open "dennoch vermutlich sicherer als jedes andere Event dieses Jahr". Nur: "Wenn sie von Anfang an kommuniziert hätten, dass das keine vollständige Blase ist, wären jetzt nicht so viele darüber verärgert."
Perez poltert: "Ihr lasst uns im Stich"
Ob der Ärger in den kommenden Tagen verraucht, darf bezweifelt werden. "Ihr erzählt uns, ihr würdet euch um unsere Sicherheit kümmern. Aber wenn es darauf ankommt, lasst ihr uns im Stich", polterte die Australierin Ellen Perez auf "Twitter".
Kollegin Kristina Mladenovic erlebt das Turnier bislang sogar als "Albtraum". Man darf vermuten, dass sich drei prominente Herren in der Schweiz, auf Mallorca und in Australien ob der Nachrichtenlage jenseits des großen Teichs in ihrer Entscheidung bestätigt fühlen, auf die US Open verzichtet zu haben ...
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