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Dustin Brown wird nach seinem Sieg gegen Rafael Nadal in Wimbledon gefeiert
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Publiziert 03/07/2015 um 13:26 GMT+2 Uhr
Die altehrwürdige "Times" räumte ihm zu Ehren sogar einen Teil ihrer Titelseite frei. Der "Telegraph" feierte ihn als neuen "Kult-Helden des Centre Court". Egal, welche Zeitung Dustin Brown am Morgen nach seinem Wimbledoncoup über Rafael Nadal aufschlug, überall flogen ihm seine Rastazöpfe entgegen. Der mäßig begabte Mitläufer war zum Gesprächsthema Nummer eins der Tenniswelt geworden.
Dustin Brown wird nach seinem Sieg gegen Rafael Nadal gefeiert
Fotocredit: AFP
Am "wahrscheinlich besten Tag" seines Lebens hatte Brown, der Qualifikant aus dem niedersächsischen Winsen an der Aller, den zweimaligen Champion Nadal auf dem heiligsten aller Rasenplätze gedemütigt.
Beim 7:5, 3:6, 6:4, 6:4 zerlegte er den spanischen Superstar in dessen Einzelteile; mit seiner eigenen, extravaganten Art, den Schläger zu schwingen.
"Das ist kein Tennis, das ist Picasso, wie er Guernica malt", bejubelte die "Times" Browns "systematischen Versuch", die Regeln seines Sports in einer bislang unbekannten Sprache neu zu verfassen. Salbungsvolle Worte für einen Mann, der trotz seiner eindrucksvollen Erscheinung auf der Tour in 13 Profijahren kaum aufgefallen war, von dem kaum jemand etwas wissen wollte.
McEnroe feiert Browns Spiel
Nun durfte er sie erzählen, seine Geschichte, die so reich an Anekdoten, aber auch so typisch für einen Spieler aus der dritten Reihe des Tenniszirkus ist. Brown berichtete von der Tingeltour in seinem Wohnmobil von Turnier zu Turnier, von Pleiten und Zweifeln und finanziellen Sorgen. "All das hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. All das hat zum heutigen Tag geführt."
Plötzlich war jedes Detail interessant: das Tattoo unter seinen Rippen, das seinen Vater Leroy zeigt, den er so selten sieht. Das Zungenpiercing, die Dreadlocks, die er seit 19 Jahren nicht mehr hat schneiden lassen. Und natürlich die Zahlen: 114-mal schlug er auf, 99-mal stürmte er danach ans Netz. Der dreimalige Wimbledonchampion und BBC-Experte John McEnroe feierte in seiner Kabine euphorisch die Wiedergeburt des Serve-and-volley.
Zweimal hatte Brown bis dato in Fachkreisen für Aufsehen gesorgt. 2013 bezwang er den alternden Champion Lleyton Hewitt im All England Club, 2014 den müden Nadal nach dessen neuntem French-Open-Sieg auf dem ostwestfälischen Rasen in Halle. Beides kein Vergleich zum Erdbeben, das er in Wimbledon entfachte.
Weitere Niederlage gegen Außenseiter
Zwar erwischte er Nadal in dessen größter Formkrise, zwar hatte der 14-malige Grand-Slam-Sieger auch in den vergangenen drei Jahren gegen Spieler außerhalb der Top 100 verloren. So spektakulär, so erstaunlich und mitreißend hatte es jedoch weder Lukas Rosol noch Steve Darcis und auch nicht Nick Kyrgios geschafft, Nadal zu schlagen. Was alle drei sonst noch gemeinsam hatten? Nur eine Runde nach ihren überraschenden Erfolgen war für sie in Wimbledon schon wieder Schluss, die Herrlichkeit beendet.
Brown weiß um diese Gefahr, wahrscheinlich besser, als seine drei Vorgänger es wussten. "An einem Tag, an dem alles zusammenkommt, kann ich solch ein Match gewinnen", sagte Brown: "Aber ich kann auch ganz schön schockierend spielen." Keine Frage, sonst wäre er nicht die Nummer 102 der Welt. Doch egal, was in der dritten Runde gegen den Serben Viktor Troicki passiert, den Sieg über Nadal und die Lobeshymne der "Times" kann Brown niemand mehr nehmen.
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