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BVB: Warum Tuchels Auftritt vor Gericht den Bayern-Bossen nicht gefallen dürfte

Marc Hlusiak

Update 20/03/2018 um 13:21 GMT+1 Uhr

Thomas Tuchel sagt im Prozess um den Anschlag auf den BVB-Bus vom 11. April 2017 vor dem Dortmunder Landgericht aus. Dabei schiebt er seine Entlassung einzig und allein auf den Bombenanschlag und erweckt neuerlich nicht den Eindruck, er sei kritikresistent. Beim FC Bayern, wo der Trainer als Topfavorit auf die Nachfolge von Jupp Heynckes ab Sommer gilt, dürfte man nun ins Grübeln kommen.

Thomas Tuchel gilt als Kandidat beim FC Bayern

Fotocredit: Imago

Ohne den Bomben-Anschlag auf den Mannschaftsbus der Dortmunder wäre Thomas Tuchel auch weiterhin Trainer in Dortmund geblieben. So kann bzw. muss sein "davon würde ich ausgehen", das der 44-Jährige am Montag vor dem Dortmunder Landgericht verlauten ließ, gedeutet werden.
Mit Hans-Joachim Watzke war es seinerzeit in Dortmund zum viel beschriebenen "Dissens" gekommen. Grund war die Uneinigkeit um den Nachholtermin der Partie gegen die AS Monaco nach dem schockierenden Anschlag auf den Mannschaftsbus des BVB.
Die Vereinsverantwortlichen hatten sich damals in Absprache mit den Betroffenen dafür entschieden, einem Wiederholungsspiel nur einen Tag nach dem traumatischen Erlebnis zuzustimmen.

Tuchel: "Ich war im Bus und Aki nicht"

Im Nachhinein die falsche Entscheidung - das machten die dramatischen Aussagen von Sven Bender, Marcel Schmelzer oder Roman Weidenfeller, die sich teilweise noch immer in psychologischer Behandlung befinden, am Montag deutlich.
"Der große Dissens bestand darin, dass ich im Bus saß und Aki nicht. Deshalb gab es auch eine andere Herangehensweise mit dem Umgang. Ohne das Aki jetzt vorhalten zu wollen", erklärte Tuchel vor Gericht, lässt dabei aber außen vor, dass er selbst der Variante des schnellen Wiederholungsspiels in einer Krisensitzung am Morgen nach dem Anschlag zugestimmt hatte. Er habe sich bereit gefühlt zu coachen. Erst kurz vor dem Spiel habe er gemerkt, dass es "keinen Sinn" macht, und für eine Absage plädiert.
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Im April gab es einen Anschlag auf den BVB-Team-Bus

Fotocredit: SID

Dass der Ex-Coach auch knapp zehn Monate nach seiner Entlassung beim BVB immer noch davon ausgeht, der Anschlag allein sei Grund für seine Freistellung gewesen, zeigt, dass der Stachel immer noch tief sitzt. Und ist zudem eine denkbar eindimensionale Denkweise.

Mislintat, Zorc, Hummels

Tuchel lässt Zerwürfnisse und Meinungsverschiedenheiten, die eine Fortführung seines Engagements in Dortmund unmöglich gemacht hätten, komplett außer Acht.
Da wäre zum Beispiel das nicht gerade harmonische Verhältnis zu Sportdirektor Michael Zorc, mit dem Tuchel nur das Nötigste - und manchmal nicht mal das - besprach. Beispiel: der Transfer des damals 17-jährigen Alexander Isak. Derzeit reagierte Tuchel überrascht auf den Winterneuzugang, den er nach eigener Aussage nicht einmal kannte. Er merkte öffentlich an, dass der Transfer nicht mit ihm abgesprochen gewesen sei. Indirekte Kritik an Zorc.
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Trainer Thomas Tuchel und Alexander Isak (l.)

Fotocredit: SID

Des Weiteren gab es ein Zerwürfnis mit dem damaligen Chefscout Sven Mislintat, der in Dortmund höchstes Ansehen genoss. Beide gerieten verbal derart heftig aneinander, dass die Vereinsführung in letzter Konsequenz entschied, Mislintat solle sich vom Trainingsgelände und der Mannschaft fernhalten.
Zu guter Letzt gab es auch Spieler, die sich gegen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Trainer ausgesprochen hatten. Neben den alteingesessenen Marcel Schmelzer und Nuri Sahin, den Tuchel in seinem letzten Spiel für den BVB (DFB-Pokal-Finale gegen Eintracht Frankfurt) völlig überraschend nicht spielen ließ, galt vor allem das Verhältnis zum ehemaligen Kapitän Mats Hummels als gestört. Immer wieder gab es Streit, Hummels wechselte 2016 schließlich zurück nach München.
Dass beide noch einmal eine gemeinsame Basis finden, gilt laut Informationen des "kicker" als "nahezu ausgeschlossen".

Kommen die Bayern ins Grübeln?

Das müssten sie aber, sollte Tuchel zur kommenden Saison wirklich Nachfolger von Jupp Heynckes in München werden. Der 44-Jährige gilt als Topfavorit auf den zum 30. Juni 2018 frei werdenden Posten beim Rekordmeister.
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Uli Hoeneß

Fotocredit: Imago

Dass er die sportliche Fachkompetenz besitzt, um einen Verein wie den FC Bayern zu trainieren, hat er bereits bewiesen. Doch neben dem Trainingsplatz muss er mit Alphatieren wie Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge zusammenarbeiten. Eine Kombo, die sich nicht nur brisant anhört.
Frag nach bei Louis van Gaal, der 2010 auf seine ganz eigene Art das "Beinahe-Triple" holte und nicht mal ein Jahr später entlassen wurde. Hoeneß erklärte damals, dass es schwer sei, mit ihm zu reden "weil er andere Meinungen nicht zulässt". Außerdem:
Dass die Spieler hinter ihm standen, ist ein Märchen.
Auch aufgrund dieser Erfahrungen werden die Bayern-Verantwortlichen Tuchels Aussagen sehr genau verfolgt und bewertet haben. Tuchel hat nicht den Eindruck erweckt, dass er während seines Sabbaticals zu der Einsicht gekommen ist, seine Arbeitsweise zu verändern.
Es ist wahrscheinlich, dass Tuchels Chancen auf den Trainerjob in München am Montag nicht dramatisch gestiegen sind.
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