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Bundesliga-Kolumne LIGAstheniker: Weil's niemand kann, ist Max Eberl der falsche Mann - Uli Hoeneß allgegenwärtig

Thilo Komma-Pöllath

Update 26/02/2024 um 18:18 GMT+1 Uhr

Das Aus von Thomas Tuchel hat der FC Bayern ohne Kollateralschäden hinter sich gebracht, doch die Mammutaufgabe steht dem Rekordmeister noch bevor. Mit Max Eberl als Sportvorstand sollen die Wechseljahre der Bayern ein Ende finden. Der LIGAstheniker zweifelt jedoch an den Erfolgsaussichten des "Heilsbringers" - vor allem wegen des Einflusses von Uli Hoeneß. Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath.

Auf "gepacktem Koffer" gesessen? Tuchel kontert Frage süffisant

Die Wechseljahre des FC Bayern erreichen diese Woche ihren Höhepunkt. Der Aufsichtsrat hat Max Eberl am heutigen Montag zum Sport-Vorstand berufen. Angesichts der nachlassenden sportlichen Libido der Münchner kommt der neue "Heilsbringer", wie er auf diversen Sport- und Nachrichten-Plattformen wie "T-Online" schon genannt wurde, ja gerade zur rechten Zeit.
Dass ausgerechnet Eberl für die Münchner zum Heilsbringer taugt, ist angesichts seiner eher überschaubaren Erfolgsvita durchaus interessant: Zuletzt wurde ihm in Leipzig "mangelndes Commitment" vorgeworfen und entlassen, davor war er wegen eines Burnouts krankgeschrieben. Gewonnen hat er als Funktionär wenig bis nichts, immerhin hat Wikipedia 1 (in Worten: ein) Profispiel bei den Bayern-Profis statistisch festgehalten.
So einen "Heilsbringer" hatten die Bayern noch nicht, kann man sagen, sonst mussten es immer gleich Titanen (Oliver Kahn), Champions-League-Sieger (Carlo Ancelotti, Thomas Tuchel) oder Bundestrainer in ihrer Vor-Bundestrainer-Phase (Julian Nagelsmann) sein.
Am Freitag in Freiburg wird der Eberlmax das erste Mal auf der Tribüne sitzen und Fußballdeutschland oder wenigstens die Bayerns-Fans werden sich die Frage stellen: Kann er Bayerns Klimakterium beenden?

Eberl braucht bei Bayern Zeit

Wenn stimmt, was Thomas Tuchel in der letzten Woche mehrfach durchaus plausibel betont hat ("Ich glaube nicht, dass ich das Problem bin"), dann liegt das Problem entweder bei der Mannschaft oder an den ganz eigenen Bayern-Strukturen und dann hat man mit Tuchel womöglich den falschen entlassen.
Gut, dass einer ganzen Mannschaft gekündigt wird, das hätte man gerne mal gesehen, ob und wie das gehen könnte, geht offensichtlich nicht, deshalb hat man es auch gelassen.
Eine Mannschaft neu und passgenau zusammenzustellen wird Eberl nicht im Handstreich gelingen, tatsächlich hat er aber genau darin ein gutes Gespür, am Transfermarkt kennt er sich aus, wie seine Arbeit bei Gladbach immer wieder auch gezeigt hat.
Insofern ist er also womöglich doch der richtige Mann, auch wenn es dauern wird.

Kann Eberl den FC Bayern modernisieren?

Um die Strukturen beim FC Bayern zu verändern, das kann man wahrscheinlich heute schon sagen, ist er der falsche Mann. Einfach, weil es dafür keinen richtigen geben kann.
Keiner kann die Strukturen beim FC Bayern verändern - außer Uli Hoeneß. Er ist die Bayern-Struktur. Und die hat der Clanchef vor kurzem in der "FAZ" mit einem Satz so erklärt: "Der Verein stellt die Mannschaft auf, der Trainer hat die Aufgabe sie zu trainieren und zu verbessern".
Das gibt es so weder bei Liverpool, ManCity oder Barça. Und der Verein, na, wer ist der Verein? Richtig: Uli Hoeneß, Master of Bayern-Puppets.
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Uli Hoeneß

Fotocredit: SID

Bayern sucht nach seiner Libido

Will man also die über Jahrzehnte eingeschliffenen Strukturen beim FC Bayern verändern, weil man glaubt, dass in den Wechseljahren eines Erfolgsvereins andere Erfolgsgravuren nötig wären, um die eigene Fruchtbarkeit zu kitzeln, dann muss man sich unweigerlich mit Uli Hoeneß ins Vernehmen setzen.
Ins Vernehmen setzen klingt dabei so förmlich und höflich, höchstwahrscheinlich muss man auch diskutieren und streiten. Das ist etwas, was Uli Hoeneß durchaus gerne tut, allerdings ist in den Statuten des FC Bayern festgehalten, dass UH noch jede Diskussion für sich entscheiden hat.
Ob Max Eberl sich überhaupt trauen wird, die Vormachtstellung des 72-jährigen Alleinherrschers vom Tegernsee anzuzweifeln, ist fraglich. Als Eberl noch Sportdirektor in Gladbach war, nannte er Hoeneß "mein großes Vorbild, ein Stück weit sogar ein Mentor". Heute, längst auch Tegernsee-Anwohner, nennt er Hoeneß einen Freund.
In den letzten Wochen, so war zu hören, gab es einen intensiven diplomatischen Verkehr zwischen den Seenachbarn. Gute Freunde können sich alles sagen, so sagt man. Ob Uli Hoeneß das auch sagt?

Schmeckt Hoeneß Eberls Kraftbrühe?

Lothar Matthäus spuckt schon mal vorab in die noch nicht abgeschmeckte neue Kraftsuppe, er hält die Heilsbringer-Erwartung an Eberl für Mumpitz, denn: "Solange Uli nicht loslässt, kann sich kein anderer entwickeln."
Der letzte, der sich mit Hoeneß anlegte, war Tuchel, als er den schwachbrüstigen Kader monierte und Verstärkungen einforderte.
Was es ihm gebracht hat, wissen wir nun seit ein paar Tagen: Tuchel darf wieder gehen.

Kommentare bei Eurosport.de geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors / Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

Zur Person Thilo Komma-Pöllath

Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog als LIGAstheniker das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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