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DFB-Stars vs. AfD:: Viel Liebe für "Nachbar" Jérôme Boateng vom FC Bayern

VonSID

Update 29/05/2016 um 19:19 GMT+2 Uhr

Der deutsche Fußball hat nach einer ungeheuerlichen Aussage des stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland Jérôme Boateng demonstrativ den Rücken gestärkt. Nationalmannschafts-Kollege Benedikt Höwedes stellte am Sonntag drei Fotos von ihm und Boateng aus verschiedenen Jahren in soziale Netzwerke und schrieb: "Wenn du für Deutschland Titel gewinnen willst, brauchst du Nachbarn wie ihn."

Gauland äußerte sich jüngst über Jerome Boateng

Fotocredit: SID

Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge reagierte in einer offiziellen Stellungnahme am Sonntag: "Diskriminierungen jeder Art haben im Sport und in unserer Gesellschaft nichts verloren und verdienen die Rote Karte. Jerome Boateng ist ein wunderbarer Mensch und ein vorbildlicher Fußballprofi unseres Vereins. Wir sind stolz, dass er auch für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielt!"
Auch Liga-Präsident Reinhard Rauball und Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, verurteilten die Gauland-Aussagen in einer gemeinsamen Erklärung scharf: "Der Fußball und die gesamte Gesellschaft sind aufgerufen, sich von derartigen Gedanken ohne jeden Zweifel zu distanzieren. An dieser Stelle kann es keine Toleranz und erst recht kein Verständnis geben."

Grindel: "Einfach geschmacklos"

DFB-Präsident Reinhard Grindel sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", es sei "einfach geschmacklos", die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft "für politische Parolen zu missbrauchen." Millionen Menschen liebten die Nationalmannschaft, "weil sie so ist, wie sie ist". Boateng sei "ein herausragender Spieler und ein wunderbarer Mensch, der sich übrigens auch gesellschaftlich stark engagiert und für viele Jugendliche ein Vorbild ist".
Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff erklärte: "Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Sie bedürfen keiner weiteren Kommentierung, die Personen diskreditieren sich von alleine." Der frühere Fußball-Profi Hans Sarpei, in Ghana geboren und in Deutschland aufgewachsen, twitterte derweil: "Jerome Boateng hat bisher 57x für die Nationalmannschaft gespielt. Damit hat er 57x mehr für Deutschland getan als die AfD."
"Jerome ist eigentlich entspannt und fokussiert. Es belastet ihn nicht", berichtete Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff in der Halbzeitpause des vorletzten Testspiels vor der EM (10. Juni bis 10. Juli) der ARD: "Aber es ist unschön, weil er in eine Diskussion kommt, in der er nicht rein will. Blöd ist auch, dass seine Familie belastet wird, man fragt nun in der Nachbarschaft rum. Also alles Dinge, die man nicht in seinem Privatleben haben möchte."
Gauland hatte zuvor in der "FAS" gesagt: "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut, aber wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben." Inzwischen bestreitet er, Boateng beleidigt zu haben. AfD-Chefin Frauke Petry sagte der "Bild"-Zeitung: "Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist."
Der Innenverteidiger von Bayern München ist in Berlin geboren, hat einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter.
Unter der Woche hatte sich bereits eine regionale Facebook-Gruppe von Pegida mit offenbar rassistisch geprägten Internet-Kommentaren versucht, über die Nationalmannschaft zu profilieren. Grindel hatte die Kommentare gegen Kinderfotos von Ilkay Gündogan und Boateng auf der Kinder-Schokolade als "geschmacklos" bezeichnet.

Neuer: "Glaube nicht, dass die Stimmung kippt"

Nationaltorhüter Manuel Neuer war daraufhin gefragt worden, ob ihn die ausländerfeindliche Stimmung im Land sorge. "Ich glaube nicht, dass die Stimmung kippt", antwortete der 30-Jährige der "Augsburger Allgemeinen": "Ich bin im Ruhrgebiet groß geworden. Dort war man jahrelang davon abhängig, dass Integration gelingt. Der Bergbau hätte ohne ausländische Arbeiter nicht funktioniert."
Auch und vor allem der Sport könne das vorleben, denn er stehe "für totale Integration. Schauen Sie: Leroy Sané ist aus Gelsenkirchen, Mesut Özil genauso. Im Ruhrgebiet ist das ganz normal. Eine Ausländerdebatte würde hier keiner verstehen".

Gauland rudert zurück

Gauland gab am Sonntag eine Mitteilung heraus. "Ich habe nie, wie die 'FAS' insinuiert, Herrn Boateng beleidigt", schrieb er darin: "Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten. Ich habe in dem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert, dessen gelungene Integration und christliches Glaubensbekenntnis mir aus Berichten über ihn bekannt sind. Selbstverständlich können wir stolz auf unsere Nationalmannschaft sein. Ich wünsche allen Spielern viel Glück für die Europameisterschaft."
Die "FAS" widersprach am Sonntag dieser Version Gaulands.
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