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Arnd Peiffer kritisiert Änderungen im Rennkalender: "Nicht unbedingt athletenfreundlich"

Andreas Morbach

Update 30/11/2019 um 13:08 GMT+1 Uhr

Die neue Biathlon-Saison startet mit einem geänderten Programm am 30. November in Östersund (live bei Eurosport und im Eurosport Player). Im Interview mit Eurosport.de erklärt der amtierende Olympiasieger Arnd Peiffer, was ihn an dem neuen Plan stört. Insgesamt sieht der 32-Jährige den internationalen Verband aber auf einem guten Weg, wenngleich es noch einige Schwächen abzustellen gelte.

Arnd Peiffer bei der WM

Fotocredit: Getty Images

Das Interview führte Andreas Morbach
Herr Peiffer, Sie hatten im März mit Ihrem WM-Titel im Einzel besonders erfreuliche Erlebnisse in Östersund. Dort startet nun wieder der Weltcup - ändert sich Ihr Blick speziell auf diesen Ort dadurch?
Arnd Peiffer: Ich habe natürlich positive Erinnerungen an den Ort, das hilft immer. Es ist für mich aber eine ganz andere Ausgangslage. Wir wohnen wieder komplett anders als während der WM. Dort, wo wir sonst auch bei Weltcups gewohnt haben. Bei der WM haben wir ja relativ nah am Stadion Privathäuser gemietet. Das war echt witzig, auch ein Stück weit absurd – weil Erik und ich sozusagen im Elternschlafzimmer lagen. Dazu hatten wir einen eigenen Koch dabei. Deshalb wird es sich jetzt nicht wieder wie WM anfühlen – sondern wie der normale Östersund-Weltcup. Ich bin gespannt, wie es ist, im Einzel zu laufen…
… mit dem Sie vor acht Monaten Ihren Frieden gemacht haben. Durch Ihren WM-Sieg in einer Disziplin, in der Sie es in all den Jahren vorher nicht einmal aufs Siegerpodest geschafft hatten.
Peiffer: Ich hatte mich auf die WM gefreut, weil ich dieses Einzel gerne noch mal in Topform laufen wollte. Das hat wirklich auch geklappt. Jetzt stehen wir wieder am Anfang der Saison – und mein Kopf weiß noch, wie sich das angefühlt hat, dieses Rennen bei der WM zu laufen. Aber wahrscheinlich bin ich jetzt wieder erschüttert, wie hart dieses Einzel ist.
Der Massenstart ist die einzige Disziplin, in der Sie noch keinen Weltcupsieg geholt oder WM-Titel gewonnen haben. Fühlen Sie sich inzwischen als eine Art Alleskönner?
Peiffer: Meine Spezialität ist, glaube ich, immer noch der Sprint. Die Verfolgung mittlerweile auch ein bisschen. Klar, im Massenstart würde ich schon noch mal gerne aufs Podest laufen. Ganz vorne wäre auch mal schön. Aber das ist schwer, dafür muss wirklich alles passen. Grundsätzlich laufe ich schon lieber gegen die Uhr – denn dieses Auf-die-Stöcke-Gelatsche wie beim Massenstart ist nicht so meins. Im Verfolger ist das ähnlich, aber da gibt es immerhin eine gewisse Vorsortierung. Das ist schon ein bisschen angenehmer als beim Massenstart, wo jeder meint, er muss sich zeigen. Aber ich finde eben auch: Man muss etwas nicht lieben, um darin gut zu sein. Trotzdem bleibt mein Herzensrennen der Sprint.
Würden Sie eigentlich gerne auch mal das Single Mixed laufen? Oder sind Sie mit Ihren Starts in der Mixed-Staffel, wie etwa beim WM-Silber im März, vollkommen zufrieden?
Peiffer: Ich kann da durchaus mal mitmachen. Ich glaube aber, dass Erik Lesser im Schnitt besser ist als ich. Wir machen zum Auftakt einer Trainingseinheit häufig kurze Runden nur um den Schießstand herum. Das ist ja im Grunde ein Single Mixed – sehr kurze Runden, sehr schießlastig, die Schießgeschwindigkeit ist wichtig. Und da tu' ich mich gegen Erik häufig schwer. Intern komm' ich mal auf den zweiten Platz, manchmal auf den ersten. Aber Erik ist im Schnitt schon immer am weitesten vorne.
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Arnd Peiffer (li.) gewinnt mit der deutschen Biathlon-Staffel WM-Silber

Fotocredit: Getty Images

Neu im Programm für Östersund ist, dass am ersten Wochenende nicht nur die beiden gemischten Staffeln ausgetragen werden, sondern am Sonntag zusätzlich auch der Sprint bei Frauen und Männern. Wie gefällt Ihnen diese Änderung und gibt es dafür einen bestimmten Grund?
Peiffer: Es ist auf jeden Fall nicht unbedingt athletenfreundlich. Jetzt sind die beiden Wochenenden in Östersund ziemlich in die Länge gezogen. Vorher war es so: Man hatte zwar am ersten Wochenende Single Mixed und Mixed-Staffel, aber dafür ist eben nur ein kleines Team angereist. Jetzt muss das gesamte Team von Anfang an vor Ort sein. Außerdem gibt es am zweiten Wochenende auch noch eine normale Staffel. Bei den Männern sind wir sechs Athleten, das heißt also: Unter Umständen sind zwei Leute für zwei Rennen elf Tage in Östersund. Dabei haben sich die verantwortlichen Planer nicht viel gedacht.
Der Weltverband IBU hat im Oktober in München auf einem außerordentlichen Kongress eine Art Neuerfindung entwickelt – um mit einer neuen Satzung für mehr Transparenz, Ethik und Integrität zu sorgen. Wie beurteilen Sie diese groß angelegte Initiative?
Peiffer: Grundsätzlich glaube ich, dass die IBU tatsächlich die Chance hat, als Sportverband ein Vorreiter zu werden. Die IBU ist ja zum Glück nicht so riesig, dass sie unmöglich ihren Kurs ändern kann. Wir haben ja ein bisschen Einblick, weil der Präsident des DSV [Franz Steinle, Anm. d. Red.] auch Vizepräsident der IBU ist. Dazu ist Erik Lesser in der Athletenkommission, auch dadurch bekommt man Dinge mit. Grundsätzlich glaube ich, dass vieles auf dem richtigen Weg ist. Es gibt aber auch ein paar Themen, die im Argen liegen – und bei denen ich auch nicht verstehe, warum die nicht geändert werden.
Zum Beispiel?
Peiffer: Jede Nation hat zum Beispiel eine Stimme im Kongress. Dann gab es einen Antrag, dass nur die Nationen zwei Stimmen bekommen, für die auch Athleten – beispielsweise bei der WM – starten. Die müssen nicht mal gut sein, die müssen nur teilnehmen. Und die Nationen, die keinen Athleten stellen, hätten in dem Fall eine Stimme. Dieser Antrag wurde abgelehnt, auch von großen Nationen wie Schweden. Mit dem Hinweis, das sei undemokratisch, und es gelte: One country, one vote. Da frage ich mich: Warum muss der, sagen wir, indische Skiverband – der keinen Athleten hat, wo einfach nur ein Büro existiert – das gleiche Stimmrecht haben wie etwa Norwegen? Das öffnet der Korruption natürlich auch ein Stück weit Tür und Tor. Um eine WM zu bekommen oder um irgendetwas zu ändern, brauche ich im Moment die Stimmen derjenigen, die gar nicht teilnehmen an einer WM. Das ist irgendwie absurd. Ich verstehe nicht, warum die überhaupt eine Stimme haben, wenn sie keine Athleten stellen.
Inwieweit könnte die IBU nun die von Ihnen erwähnte Vorreiterrolle für andere Weltverbände übernehmen?
Peiffer: Ich glaube, in der IBU wurden jetzt viele Weichen gestellt, so dass sich dort jetzt wirklich etwas tut. Alle Sportverbände erzählen ja, dass sie transparenter werden wollen. Aber da sich in der IBU auch die Personalsituation sehr verändert hat, habe ich in dem Fall wirklich das Gefühl, dass sich da etwas zum Positiven hin verändert.
Vor einem Jahr, nach dem großen Skandal um den Biathlon-Weltverband, mit Wohnungsdurchsuchungen und Korruptionsvorwürfen, sagten Sie, es gehe nicht um Vertrauen, das sei Ihnen zu schwammig. Es gehe um vernünftige Kriterien.
Peiffer: Genau. Damals ging es um Kriterien für den russischen Biathlonverband. Die hat er nicht erfüllt, und deshalb ist er aktuell auch kein vollwertiges Mitglied.
Haben Sie hinsichtlich dieser Kriterien generell das Gefühl, dass dieses Schwammige verschwunden und in der IBU tatsächlich etwas vorwärts gegangen ist?
Peiffer: Ich glaube schon. Was den russischen Biathlonverband betrifft: Es gab zehn oder 15 Kriterien - und davon wurden etwas mehr als die Hälfte erfüllt. Aber das reicht halt nicht.
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