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Formel 1 in Bahrain - Riesiger Zoff um Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo: "Wollt ihr mich jetzt verarschen?"

VonMotorsport-Total.com

Publiziert 02/03/2024 um 23:35 GMT+1 Uhr

Die Stallorder bei den Racing Bulls während des Formel-1-Grand-Prixs in Bahrain hat für massiven Unmut bei Yuki Tsunoda gesorgt. Der Japaner der kurz vor Schluss die Anweisung bekam seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo vorbeizulassen, schimpfte am Teamfunk wie ein Rohrspatz und ließ sich nach Rennende scheinbar sogar zu einem riskanten Manöver gegen den Australier hinreißen.

Yuki Tsunoda mit einem Teammitglied

Fotocredit: Getty Images

"Wollt ihr mich jetzt verarschen?" platzte es kurz vor Schluss beim Formel-1-Auftakt 2024 in Bahrain aus Yuki Tsunoda heraus. Denn sein Team Racing Bulls hatte ihn gerade darauf hingewiesen, seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo vorbeilassen. Und diese Botschaft kam bei Tsunoda gar nicht gut an.
Der Japaner redete sich regelrecht in Rage: "Ich war gerade drauf und dran, Magnussen zu überholen. Ich war Seite an Seite mit ihm auf der Zielgeraden. Und dann soll ich einen Platztausch vornehmen. Da habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden, was sich das Team dabei gedacht hat."
Doch eigentlich hätte es Tsunoda wissen können oder sogar müssen. Denn "wir sprechen vor einem Rennen über solche Dinge", wie Ricciardo bei "Sky" erklärte. "Wir sitzen gemeinsam in der Strategie-Besprechung. Es gibt keine Geheimnisse."
"Und es war klar: Es gibt eine sehr gute Chance, dass ich das Rennen auf besseren Reifen beenden würde. Und wenn ich mit einem Geschwindigkeitsvorteil ankommen würde, dann würde es eine Stallregie geben."

Ricciardo wesentlich schnell als Tsunoda

Genau diese Situation trat ein: Ricciardo fuhr im letzten Stint auf frischen Soft-Reifen, Tsunoda hatte Hard am Auto. Ricciardo kam deshalb um über eine halbe Sekunde pro Runde näher an Tsunoda heran, der auf P13 hinter Magnussen festhing.
Und Ricciardo machte Druck am Funk: "Ich will das nicht verlieren. Probieren wir was." Woraufhin sein Ingenieur den Positionstausch ankündigte. Verbunden mit dem Hinweis: "Lass uns das nutzen und die drei vor uns noch abfangen und in die Punkte fahren!"
Acht Runden vor Schluss erging schließlich der simple Funkspruch an Tsunoda: "Positionstausch, Positionstausch." Was Tsunoda mit dem bereits geschilderten Spruch quittierte - und sich weigerte sofort Platz zu machen.
Ricciardo erkannte, was im Auto vor sich vorging: "Ich muss nichts sagen", funkte er. Und ließ hörbar enttäuscht folgen: "Wir haben eine ganze Runde verloren!"
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Yuki Tsunoda (Racing Bulls) in Bahrain

Fotocredit: Getty Images

Tsunoda beleidigt - Ricciardo vermeidet Begegnung

Schließlich ließ ihn Tsunoda nach erneuter Aufforderung doch noch ziehen, aber nicht ohne einen weiteren schnippischen Kommentar abzusenden: "Danke, Leute, das weiß ich zu schätzen." Und kaum lag er hinter Ricciardo, herrschte er diesen indirekt an: "Dann soll er mal draufdrücken!" Und: "Er ist gar nicht schnell!"
Das brachte Tsunoda offenbar so sehr auf, dass er sich in der Auslaufrunde nach dem Rennen zu einem Schlenker-Manöver gegen Ricciardo hinreißen ließ. Ricciardo am Funk: "Was zur Hölle stimmt nicht mit ... Entschuldige, ich spare mir das. Da reden wir noch drüber!"
Doch unmittelbar nach dem Rennen ging Ricciardo seinem Teamkollegen bewusst aus dem Weg. Begründung: "Er soll sich erstmal beruhigen. Wir wissen ja, wie er ist. In dem Moment ist er sehr ... Er ist Yuki. Wenn wir aber im Besprechungszimmer sitzen, wird er völlig okay sein."
Er selbst sei "natürlich okay", betonte Ricciardo und sagte: "Ich denke langfristig, und vor uns liegt eine lange Saison. Deshalb müssen wir zusammenarbeiten können. Ich will daher nicht mit einer verärgerten Einstellung reingehen. Wir müssen einfach sehr ehrlich und realistisch damit umgehen, dass das so nicht hätte passieren sollen."

Tsunoda ohne Verständnis für Stallregie

Das sah auch der neue Racing-Bulls-Teamchef Laurent Mekies bei "Sky" so: "Wir waren eben das einzige Team mit einem Auto auf frischen Reifen. [Den Platztausch] nicht zu machen, das wäre ein Fehler gewesen."
Das werde Tsunoda rückblickend auch erkennen. "Ich verstehe die Emotionen in dem Moment, aber ich bin sicher, es wird anders sein, wenn wir die Situation und die Daten gemeinsam anschauen", meinte Mekies.
Und Tsunoda selbst brannte tatsächlich auf die Aufarbeitung der Stallregie: "Es ist schwer nachvollziehbar für mich. Vielleicht gab es da [beim Team] bestimmte Gedanken. Die muss ich verstehen. Wir müssen uns das anschauen, denn ich verstehe es wirklich nicht."
Die Gründe für sein Unverständnis lieferte er gleich mit: Erstens habe Ricciardo "auch nicht überholt" und zweitens habe es vor der Zieldurchfahrt keinen Platztausch zurückgegeben: Ricciardo lief auf P13 ein, Tsunoda belegte P14.
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Daniel Ricciardo

Fotocredit: Getty Images

Ricciardo unaufgeregt

Ob er erwartet habe, am Ende wieder vorbeigelassen zu werden, antwortete der Japaner: "Um ehrlich zu sein: Ja. Andererseits war es außerhalb der Punkte."
Das gleiche Argument verwendete auch Ricciardo: "Ob ich nun 13. oder 14. bin, ich glaube nicht, dass sich ein Fahrer darum schert. Ich nicht. Wenn das Team gemeint hätte, ich soll ihn vor der Ziellinie wieder vorbeilassen, dann hätte ich das gemacht. Mir bedeutet das nichts."
"Aber solange wir nicht in den Punkterängen liegen, wen interessiert es schon? Es ist doch wirklich nur dann relevant, wenn es um Punkte geht", sagte Ricciardo.
"Wenn er mich für P9 durchgelassen hätte und Zehnter gewesen wäre, dann dreht man es vielleicht wieder, wenn ich nicht P8 erreichen kann. Aber das hat heute keine Rolle gespielt."

Ricciardo erkennt mehrere Probleme

Umso schlimmer sei aus seiner Sicht, dass diese kleine Zusammenarbeit auf der Strecke nicht funktioniert habe. "Es gab ja auch nichts zu verlieren, weil wir ohnehin außerhalb der Punkte lagen. Er hätte mich einfach ziehen lassen können", erklärte der Australier.
Der 34-Jährige erkannte gleich mehrere Versäumnisse: "Ich glaube, die Anweisung [zum Platztausch] kam schon eine Runde zu spät. Und als er reagierte, war es zu spät."
"Bei diesen Soft-Reifen ist jede Runde entscheidend. Ich glaube also, ich habe wahrscheinlich zweieinhalb gute Runden mit diesen Reifen verloren. Das hat vielleicht den Unterschied ausgemacht", sagte der ehemalige Red-Bull-Pilot.
"Hätten wir Stroll auf P10 noch kriegen können? Nein. Im besten Fall hätten wir vielleicht Zhou attackieren können. Punkte wären also schwierig gewesen, aber wir mussten eben etwas probieren. Das Team hat die Entscheidung getroffen, aber dann liegt es an Yuki, Platz zu machen."

Ricciardo will kein Öl ins Feuer gießen

Über die Nachbesprechung hinaus solle dieser "kleine Konflikt" aber nicht getragen werden, beschied der Routinier: "Es war das erste Rennen von 24 und das soll nicht den Ton angeben. Wir reden darüber. Und hoffentlich kann er sagen, wenn er sich beruhigt hat: 'Ja, okay, ich hätte eine Runde früher Platz machen sollen.'"
Tsunoda beharrte nach dem Rennen auf seiner Position. Doch er zeigte sich auch offen für konstruktive Kritik: "Wir müssen uns das für die Zukunft anschauen."
Gleiches gelte für die Strategie im Grand Prix: Von P11 kommend wurde Tsunoda nur 14. und sagte: "Mit jedem Stopp ging es rückwärts. Das ist ziemlich schmerzhaft, aber wir werden daraus lernen. Hoffentlich. Damit wir sowas in Zukunft vermeiden."
"Wahrscheinlich gibt es einen Grund, warum die Strategie nicht aufgegangen ist. Vielleicht muss ich mich da selbst steigern und auf dem Laufenden bleiben, wie die Reifensituation ist, damit [das Team] die Strategie optimal trifft." An den Boxenstopps habe es jedenfalls nicht gelegen: "Die Mechaniker waren gut. Ich glaube, es lag eher an der Strategie an sich."
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