Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

Formel 1 in Imola - Mercedes mit historisch schlechtem Qualifying: "Alt Team unter Wert verkauft"

VonMotorsport-Total.com

Publiziert 22/04/2022 um 23:35 GMT+2 Uhr

"Es war kein tolles Qualifying", sagte Rekordweltmeister Lewis Hamilton - und das ist wahrscheinlich noch untertrieben. Denn für Mercedes setzte es vor dem Grand Prix der Emilia-Romagna 2022 in Imola eine historische Schlappe: Erstmals seit 2012 brachten die Silberpfeile kein Auto unter die Top 10 der Qualifikation, zum sechsten Mal überhaupt seit dem Comeback als Werksteam zur Saison 2010.

Lewis Hamilton

Fotocredit: Getty Images

Und waren die Plätze elf für George Russell und 13 für Lewis Hamilton vielleicht sogar der Grund für die ernste Unterhaltung, die Hamilton in der Mercedes-Box mit Teamchef Toto Wolff zu führen schien? "Sky"-Experte Ralf Schumacher meint einen schiefhängenden Haussegen festgestellt zu haben und sagte: "Offensichtlich war man sich nicht so ganz einig. Ich bin kein Lippenleser, aber es sah nicht so positiv aus."
Er habe fast den Eindruck erhalten, Wolff sei "nicht so ganz happy" mit den Fahrern gewesen, so Schumacher weiter. "Das ist jetzt eine kleine Zerreißprobe für so ein Team. Was macht man, in welche Richtung geht man? Ich glaube, da hat man sich an diesem Wochenende deutlich mehr versprochen."
Tatsache ist aber: Mercedes ist in Imola deutlich zu langsam. Und beinahe wäre es schon in Q1 zum Aus von Hamilton gekommen, der um gerade mal 0,004 Sekunden das Weiterkommen in das zweite Segment sicherstellte. In Q2 fehlten Russell dann fast zwei Sekunden, Hamilton sogar 2,3 Sekunden.
"Das ist natürlich enttäuschend", meinte Hamilton und gibt Schumacher mit seinen weiteren Aussagen Recht: "Du kommst optimistisch hierher und weißt, jeder arbeitet wirklich hart, und dann passt einfach nichts zusammen."
Mercedes habe sich am Freitag in Imola "als Team unter Werk verkauft", sagte Hamilton. Begründung: "Es gibt Dinge, die wir hätten tun können, aber nicht getan haben." Ins Detail geht der siebenmalige Formel-1-Weltmeister aber nicht.

Mercedes: Jedes Wochenende eine "Rettungsmission"

Auch nicht dazu, was er mit Wolff in der Mercedes-Box besprochen hat. "Das waren interne Sachen, die ich lieber nicht teilen will", so erklärte Hamilton. "Aber ja, wir arbeiten weiter. Es ist, wie es ist. Jedes Wochenende ist eine Rettungsmission."
Es könne jetzt nur darum gehen, das Wochenende noch irgendwie zu überstehen, im Sprint am Samstag "nach vorne" zu gelangen, meinte Hamilton. "Es wird ein schwieriges Rennen, aber hoffentlich ist am Samstag besseres Wetter. Und wer weiß? Vielleicht kommen wir ja voran."
Doch einer der ersten Gegner für Hamilton auf dem Weg in Richtung Top 10 ist der eigene Teamkollege, der zum zweiten Mal im vierten Versuch im Qualifying besser abgeschnitten hat. Im Direktvergleich der Silberpfeile steht es damit 2:2 in der Qualifikation, mit 2:1-Vorteil für Russell in den bisherigen Rennen.
Das dürfte Hamilton gewaltig wurmen, sagte Schumacher bei "Sky": "Ich glaube, Lewis ist genervt, dass er wieder hinter seinem Teamkollegen ist, auch wenn es ganz da hinten ist. Denn das ist so: Jeder Rennfahrer will da vorne sein."

Wie Teamchef Wolff auf die schwache Leistung reagiert

Mercedes aber steht hinten, und das "tut natürlich weh", wie Teamchef Wolff bei "Sky" bereits nach dem ersten Freien Training eingeräumt hat. Zum Auftakt in Imola hatten Russell und Hamilton für Mercedes die Positionen zehn und 18 belegt, wiederum mit deutlichem Rückstand.
"Wenn ich sehe, wie unser Auto fünf Sekunden hinter der Spitze herumfährt, ist das nicht schön. Da würdest du dich am liebsten erwürgen", sagte Wolff. "Aber die Herausforderung gefällt mir. Ich mag es, wenn die Dinge schlecht stehen, wenn man daneben liegt. Daraus lernt man am meisten. Denn langfristig werden wir unter diesen neuen Regeln gut sein."
Er sei eben ein Optimist, betont Wolff. Er schließe deshalb nicht aus, dass Mercedes noch eine Rolle im WM-Titelkampf 2022 spielen könne - sofern es dem Team gelinge, "das Potenzial des Autos einmal auszuspielen", so Wolff. "Im Moment, wenn man die Abstände heute sieht, scheint das ein total unrealistisches Unterfangen zu sein. Aber wir versuchen weiterhin, es zu verstehen."

Rosberg kann kaum hinsehen

Doch der Ist-Zustand wirft weiter Fragen auf. "Sky"-Experte Nico Rosberg etwa reagiert beinahe fassungslos auf die Vorstellung von Mercedes in Imola. Nicht das Wetter sei schuld am Abschneiden seines ehemaligen Teams, meint Rosberg. "Die waren ja zwei Sekunden pro Runde langsamer!" Er fügte hinzu: "Das ist ja unglaublich, da geht ja gar nichts gerade."
Er selbst fühle sich schon als Zuschauer nicht wohl mit dem Verhalten des Mercedes W13: "Als sie die Gerade runterfuhren, da kriegt man ja Kopfweh nur vom Zusehen, wie das Auto am Rumspringen ist."
"Und die haben keine Lösung dafür momentan, weil das Problem ist: Im Windkanal gibt es keine großen [Bodenwellen]. Da ist alles konstant und stabil und deswegen kann man im Windkanal schwierig die Lösungen finden und das erarbeiten", sagte Rosberg. Deshalb sei schwer abzusehen, "wann die da eine Lösung haben werden".

Was das Porpoising bei Mercedes so schlimm macht

Teamchef Wolff bestätigt, dass das sogenannte Porpoising, das Hüpfen des Fahrzeugs, bei Mercedes eine andere Dimension hat als anderswo im Feld. Ferrari etwa kennt das Bouncing ebenso, aber nicht in dieser krassen Form. "Bei uns ist die Frequenz höher", sagte Wolff bei "Sky" und fügte hinzu: "Der Hauptunterschied ist beim Bremsen. Wenn sie bremsen, stabilisiert sich das Auto. Bei uns nicht."
Doch Mercedes nehme dieses Handicap nicht einfach nur hin, sondern suche aktiv nach Lösungen, allerdings bisher ohne durchschlagenden Erfolg, meinte Wolff: "Wir haben Gewicht reduziert, wissen aber nicht, ob das das Porpoising vielleicht sogar verstärkt."
Sein Team lerne derzeit "wirklich on the fly", erklärte er. "So haben wir bisher noch nie Formel 1 gemacht. Aber das haben wir uns selbst zuzuschreiben."

Russell: Kann nur besser werden für Mercedes

Für Russell und Hamilton äußert sich das zum Beispiel darin, dass sie auf der Strecke nicht dazu in der Lage sind, die Pirelli-Einheitsreifen auf Temperatur zu bringen. Russell erkannte darin einen klaren Nachteil gegenüber den direkten Gegnern: "Das hatten wir schon in Australien im Vergleich zu Alpine und McLaren festgestellt. Ihnen gelang es schon in Runde eins, wir aber mussten es auf der dritten oder der fünften Runde richten, dazwischen immer langsamer fahren."
In Imola sei man erneut über diese Problematik gestolpert, doch Russell nahm es gelassen: "Wenn es ein Wochenende gibt, an dem man nicht da steht, wo man stehen will, dann an einem Wochenende mit Sprint. Es ist nicht ideal, aber wir haben am Samstag die Chance, die Plätze wieder gutzumachen."
Was aber nicht bedeute, dass das auch gelinge, so Russell weiter. Er wusste: "Im Sprint passiert normal nicht so viel. Ich denke auch nicht, dass wir genug Runden haben, damit genug Reifenverschleiß einsetzt, von dem wir profitieren könnten, weil wir da besser aufgestellt sind als unsere aktuellen Gegner. Also mal schauen, was wir ausrichten können. Der Sonntag kommt ja auch noch. Kann nur besser werden."
picture

Schumacher tauscht F1-Boliden in Melbourne gegen Surfbrett

Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung