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Borussia Dortmund: Supersaison, aber immer im Schatten des FC Bayern

Andreas Morbach

Publiziert 08/11/2015 um 23:13 GMT+1 Uhr

In England, Italien und Spanien wäre Borussia Dortmund mit 29 Punkten aus zwölf Spielen Erster - aber nicht in der Bundesliga. "Unser Problem sind die Bayern", sagt Michael Zorc. Den Derby-Triumph gegen den FC Schalke 04 kosteten die BVB-Akteure dennoch aus. Und Schalke war froh, dass man halbwegs mithalten konnte.

Shinji Kagawa, Matthias Ginter und Henrich Mchitarian jubeln

Fotocredit: AFP

Einen Moment überlegte er - doch dann verweigerte Matthias Ginter den erbetenen Blick in den eigenen Gefühlshaushalt.
Nach dem 3:2 im hochemotionalen Revierderby nahm Dortmunds Defensivkraft ein ausgiebiges Jubel-Bad vor der tobenden Südkurve. Und als er genug gejubelt hatte, erklärte der 21-Jährige: "Wenn ich versuchen würde, dieses Gefühl zu beschreiben, würde ich es eh nicht schaffen. Man muss es erlebt haben."
Begriffe wie "atemberaubend" und "unglaublich" kramte der frühere Freiburger aber doch noch hervor. Für einen kleinen Siegestrunk war Ginter aber trotz der tobenden Glückshormone nicht zu haben. Am Montag geht's für den blonden Abwehrrecken mit dem Flieger von Düsseldorf nach München, Treffpunkt Nationalmannschaft. Weswegen Ginter bei der Frage nach einem Feierabendbierchen sofort abwinkte: "Da geht nix mehr."

71:24 Tore in 22 Spielen

Sehr viel geht dagegen für die Schwarz-Gelben in der Premieren-Saison unter Thomas Tuchel. Nach dem zum Teil traumatischen letzten Jahr ist der BVB wieder da angekommen, wo der Klub dem Selbstverständnis nach hingehört. Ganz weit oben im Tableau, in den Schatten gestellt nur vom FC Bayern München. Das gewonnene Revierderby war Partie Nummer 22 unter Tuchel, die Zwischenbilanz ist - das 1:5 in München mal ausgenommen - beeindruckend: 18 Siege, drei Remis, bei einem gewaltigen Torverhältnis von 71:24, also plus 47.
In Westfalen ist in kurzer Zeit ein sehr homogenes, in sich ruhendes Team herangewachsen. Ihre Favoritenrolle im Kräftemessen mit "Königsblau" nahmen die Dortmunder im Vorfeld recht lässig an - und wer derart überzeugt ist von sich, kann auch mal einen Schritt weiter gehen.
So wie Michael Zorc, der vor dem Nachbarschaftsduell die Tabellen der großen europäischen Ligen hervorkramte. Dann rechnete der Sportdirektor des BVB vorab die drei Punkte, die das Team im Derby später ergatterte, dazu. Und siehe da: "Mit 29 Punkten wären wir in England, Spanien und Italien Tabellenführer", erklärte Zorc stolz. "Nur bei uns gibt es Bayern München, das alle Spiele gewinnt. Das ist unser Problem in diesem Jahr."
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Die Spieler von Borussia Dortmund bejubeln ein Tor gegen den FC Schalke 04

Fotocredit: Imago

Als lösbares Problem erwies sich hingegen der Besuch aus Gelsenkirchen. In deren Augen war die Qualität der Borussia so hoch, dass sich André Breitenreiter wegen der Niederlage nicht übermäßig grämte. "Das war ein hochklassiges Spiel - und dazu haben wir einen großen Teil beigetragen. Wir können das Dortmunder Stadion erhobenen Hauptes verlassen", erklärte der S04-Coach. Ein Urteil, dem sich Kollege Tuchel, wie Breitenreiter in seinem ersten Revierderby in verantwortlicher Position, anschloss.
"Beim Schlusspfiff hab' ich gemerkt, was Derby bedeutet", erklärte der Übungsleiter der Borussia, als der Jubel der 73.000 BVB-Fans über ihn hinweg geschwappt war. Neben den krachenden Feierlichkeiten behagten dem Mann dabei speziell die letzten Minuten. "Es war toll, zuzusehen, wie wir die vier Minuten Nachspielzeit absolviert haben. Mit welchem Selbstvertrauen in unsere Fähigkeiten - und wie wir überhaupt keine Torchance mehr zugelassen haben."

Nachsicht mit Aubameyang

Das allerdings gelang dem BVB, der ohne den an der Leiste verletzten Marco Reus antrat, nicht durchgehend. Zwar schossen Shinji Kagawa (30.), Ginter (42.) und Pierre-Emerick Aubameyang bis zur 47. Minute eine komfortable 3:1-Führung heraus. Bei den Gegentoren durch Klaas-Jan Huntelaar, der zum zwischenzeitlichen 1:1 (33.) und 19 Minuten vor Schluss zum 2:3 traf, leisteten sich die Gastgeber jeweils Schnitzer in der Defensive.
"Shit happens - aber dahinter steckt kein System", betonte Tuchel aber und beharrte: "Kritik an unserem allgemeinen Verteidigungsverhalten verbietet sich." Viel lieber nahm der 42-Jährige beim Gang in die Länderspielpause den Triumph über Schalke in sich auf. Nachsicht, die Tuchel auch gegenüber Torjäger Aubameyang übte.
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Pierre-Emerick Aubameyang (l.) bejubelt sein Tor für Borussia Dortmund gegen den FC Schalke 04

Fotocredit: Imago

Nach seinem 14. Treffer in der Liga zog der Gabuner sein Trikot aus, präsentierte ein T-Shirt mit aufgedrucktem Batman-Logo – ein Hinweis auf die gemeinsame Jubel-Aktion mit dem versehrten Kumpel Reus beim 3:0-Derbysieg im Frühjahr.
"Es ist besser, dass er mich vorher nicht gefragt hat, ob er die Aktion machen darf", kommentierte Tuchel, fügte aber gütig hinzu: "Heute drücke ich mal ein Auge zu - und wenn er gute Argumente hat, vielleicht auch noch mal beim Rückspiel."
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