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Taktik-Check: Tayfun Korkuts Maßnahmen fruchten beim VfB Stuttgart

Luca Baier

Publiziert 16/03/2018 um 09:55 GMT+1 Uhr

Mit 14 Punkten aus sechs Spielen hat Tayfun Korkut den VfB Stuttgart seit seiner Amtsübernahme vom Abstiegskampf ins gesicherte Mittelfeld geführt. Gelingt im Spiel beim SC Freiburg (Freitag, 20:30 Uhr live im Eurosport Player) das nächste Erfolgserlebnis, müssten die Schwaben wohl endgültig nicht mehr nach unten blicken. Eurosport.de analysiert im Taktik-Check, warum es beim VfB so gut läuft.

Taktik-Check zum VfB Stuttgart unter Tayfun Korkut

Fotocredit: Getty Images

Als der VfB Stuttgart sich Ende Januar von Aufstiegstrainer Hannes Wolf trennte und die Verpflichtung von Tayfun Korkut verkündete, befürchteten viele Fans den sicheren Abstieg. Auch die Konkurrenz im Tabellenkeller dürfte sich angesichts Korkuts glücklosen letzten Auftritten in der Bundesliga kurz Hoffnungen gemacht haben, der VfB würde noch einmal tief in den Abstiegskampf rutschen.
Anderthalb Monate und sechs Spiele später muss man sagen: Sie alle haben sich geirrt. 14 von 18 möglichen Punkten hat Stuttgart in dieser Zeit unter Korkut geholt und sich damit eine sehr gute Ausgangsposition für das Sichern des Klassenerhaltes erspielt.

Pragmatismus pur

Korkut setzt beim VfB auf jene taktische Elemente, die schon seine vorherigen Teams auszeichneten. Das Spiel mit dem Ball soll kontrolliert und schnörkellos vorgetragen werden, gegen den Ball soll es eine Mischung aus mutigem Pressing und einer stabilen Verteidigung in der eigenen Hälfte geben. Dabei vertraut Korkut in Sachen System auf die Klassiker 4-4-2 und 4-2-3-1.
Auffällig ist vor allem der langsame Spielrhythmus mit dem Ball. Kaum eine Mannschaft lässt den Ball so lange zwischen den Abwehrspielern laufen wie der VfB. Für den Gegner ist dies in der Regel unangenehm zu verteidigen. Denn die meisten Teams warten in der eigenen Hälfte auf geeignete Pressingsituationen, um dann ins offensive Umschaltspiel zu kommen. Stuttgart macht aber schlichtweg kaum Anstalten, überhaupt in diese Zonen zu spielen. Die Spieler auf der Doppelsechs bieten sich meistens in der Nähe der Innenverteidiger an, die offensiveren Spieler stehen ganz vorne auf der letzten Linie.
Die Folge: Läuft der Gegner den VfB dann irgendwann doch an, werden die Reihen des Gegners mit einem langen Ball überspielt, vorne schafft man so Gleichzahlsituationen, in denen die individuelle Klasse von Mario Gomez, Daniel Ginczek und Co. zur Geltung kommt. Bleibt der Gegner hingegen in der abwartenden Haltung, behält Stuttgart sehr lange den Ball und spielt nach einer Weile lang in Richtung der Spitzen oder sucht den Weg über die Außenverteidiger und äußeren Mittelfeldspieler.

Konterabsicherung und variable Verteidigung

Die extrem risikoarme Spielweise mit dem Ball ist eine gute Konterabsicherung: So bleiben mindestens drei Abwehrspieler und die beiden Sechser hinter dem Ball, wenn lang oder über den Flügel gespielt wird. Weil die Ballverluste entweder nahe der Seitenauslinie oder aber nach langem Ball im letzten Drittel vorkommen, wird der Gegner kaum einmal gefährlich beim Umschalten.
Auch sonst stehen die Stuttgarter unter Korkut sehr stabil gegen den Ball. Grundsätzlich agieren sie in einem tiefen Mittelfeldpressing, bei dem die beiden Spitzen die gegnerischen Innenverteidiger selten anlaufen – Hauptaufgabe ist das Schließen der Passwege auf die Sechser. Hin und wieder überrascht man den Gegner jedoch mit aggressivem Forechecking. Hier gibt entweder Gomez oder Ginczek das Signal, indem sie nach einem langsameren Pass des Gegners mit Tempo vorrücken und den Innenverteidiger unter Druck setzen. Dahinter schiebt Stuttgart nach und agiert sehr mannorientiert.
Als Plan B für die Defensive hat Korkut zudem ein 5-4-1 einstudieren lassen, auf das er während der Spiele gerne mal umstellt. So stabilisierte er die Verteidigung beispielsweise gegen den 1. FC Köln, der zu Beginn des Spiels zu guten Chancen gekommen war. Im 5-4-1 steht Stuttgart noch etwas tiefer, die einzelnen Spieler rücken aber mutiger vor – schließlich haben sie in dieser Grundordnung einen zusätzlichen Akteur als Absicherung hinter sich.

Passende Rollen für die "Problemfälle"

Ein nicht zu unterschätzender Faktor für den Erfolg des VfB ist die ansteigende Form der etablierten Spieler. Holger Badstuber und Christian Gentner hatten beispielsweise zuvor zu viele Phasen, in denen sie nicht ihr ganzes Können abgerufen haben. Korkut hat für beide eine neue Rolle gefunden, in denen sie förmlich aufblühen.
Innenverteidiger Badstuber agierte zuletzt auf der Doppelsechs, hinten überzeugten die schnellen und beweglicheren Benjamin Pavard und Timo Baumgartl. Badstubers gutes Passspiel kommt auf der Sechs besser zur Geltung, in Korkuts System sind auf dieser Position zudem keine Wege nach vorne vorgesehen. Und will man dann während des Spiels doch auf Fünferkette umstellen, kann Badstuber einfach eine Position nach hinten rücken.
Gentner, zuvor als Sechser mit hektischen und unsicheren Aktionen aufgefallen, darf nun ebenfalls weiter vorne spielen: im 4-2-3-1 als Zehner oder im 4-4-2 auf einer der offensiven Außenbahnen. Hier ist er seltener in strategischen Fragen gefordert, sondern kann mit seiner Dynamik um zweite Bälle kämpfen und die Räume hinter den entgegenkommenden Stürmern anlaufen.
Eurosport-Check: Tayfun Korkut hat einen Traumstart erwischt, Stuttgart blüht derzeit richtig auf. Auch gegen Freiburg wird man nicht von der einfachen Marschroute abweichen und weiterhin jegliches Risiko im Spiel vermeiden. Auf der Basis einer soliden Defensive wird es sicherlich wieder einige Momente geben, in denen Gomez, Ginczek oder auch der stark aufspielende Winterneuzugang Erik Thommy ihre individuelle Klasse einbringen können. Und zur Not nimmt man ein 0:0 wohl auch gerne mit und hält Freiburg somit auf Distanz. Ganz einfach eben.
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