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Julian Weigl von Borussia Dortmund im Interview der Woche

Christian Ortlepp

Update 18/02/2019 um 14:45 GMT+1 Uhr

Julian Weigl spricht im im Interview der Woche mit Eurosport-Reporter Christian Ortlepp über die mentale Verfassund von Borussia Dortmund, nach den enttäuschenden letzten Spielen. Lucien Favre sei das eine oder andere Mal "laut geworden". Spieler, bei denen es nicht so läuft, werden in der Kabine in den Arm genommen. Außerdem: So geht Dortmund mit dem geschrumpften Vorsprung auf Bayern um.

Julian Weigl (Borussia Dortmund)

Fotocredit: Getty Images

Herr Weigl, in welcher mentaler Verfassung befindet sich Borussia Dortmund aktuell?
Julian Weigl: "Ich glaube in einer relativ guten. Gerade die drei Spiele, die wir nicht so gestaltet haben, wie wir uns das vorstellen, die schärfen unsere Sinne. Wir halten noch mehr zusammen. Wir analysieren natürlich auch die Dinge, die nicht so gut gelaufen sind. Ich glaube, die Aufmerksamkeit für die kleinen Fehler und für Dinge neben dem Platz ist jetzt wieder größer. Ich glaube, dass wir mit einer sehr guten Mentalität am Montag auf dem Platz stehen werden."
Woran hat es zuletzt gefehlt?
Weigl: "Das kann man nicht immer so genau sagen. Gegen Hoffenheim, wo wir 3:0 geführt haben, waren wir ein bisschen schluderig. Die Konzentration war nicht mehr da, weil wir uns sicher waren, dass wir das Spiel gewinnen. Wir dürfen das Spiel nicht aus der Hand geben. Jeder hat jetzt die absolute Aufmerksamkeit für jedes Spiel, jede Minute. Jeder Gegner kann uns gefährlich werden - das wissen wir. In der Hinrunde hat uns stark gemacht, dass wir nie nachgelassen haben und bis zum Schluss auch Spiele wegverteidigt haben. Deswegen ist es wichtig, dass wir in Zukunft wieder voll da sind."
Was ist in der Kabine abgelaufen?
Weigl: "Was in der Kabine passiert, bleibt in der Kabine. Natürlich gibt es bei uns wichtige Führungsspieler. Man merkt in der Kabine, dass nach einem schwachen Spiel mehr geredet wird. Dass man nach Lösungen sucht und dass man Spieler, die eine schlechtere Phase hatten, auch mal in den Arm nimmt oder mit ihnen spricht. Unsere Mannschaft ist sehr gut darin, solche Situationen zu erkennen. Natürlich haben die Führungsspieler auch ein paar Worte an die Mannschaft gerichtet und das kommt sehr gut an. Man muss nicht immer rumschreien. Das kann man mal machen, direkt nach dem Spiel. Ich war in Tottenham nicht dabei, weiß nicht, was da abgelaufen ist. Aber man kann auch nach dem Spiel ganz normal reden. Wir sind da sehr kommunikativ."
Hat sich die Mannschaft in den letzten Tagen und Wochen verändert?
Weigl: "Die Laune ist natürlich nicht so super, wie wenn man jedes Spiel gewinnt. Das ist klar. Jeder ist sehr selbstkritisch, man versucht enger zusammenzurücken. Ich finde aber, man sollte jetzt auch nicht von einer Riesenkrise reden. Natürlich haben wir viele Fehler gemacht in den drei Spielen und das muss man analysieren. Wir sollten jetzt trotzdem positiv bleiben. Wenn wir am Montag gewinnen, dann kommen wir auch wieder in die Spur."
Wie hat Lucien Favre in dieser Zeit reagiert. Hat er noch intensiver kommuniziert?
"Er hat sich nicht groß verändert. Seine Nachbesprechungen und die Details, auf die er immer viel Wert legt, das ist gleichgeblieben im Vergleich zu den Spielen, die wir gewonnen haben. Er versucht immer an den Details zu arbeiten und da reinzugehen. Er ist schon mal lauter geworden - war natürlich auch unzufrieden."
Kann er auch laut?
Weigl: "Natürlich kann er auch laut. Jeder weiß, was er von uns verlangt und er will das auch jeden Tag von uns sehen. Das ist auch wichtig. Ich kann nur vom heutigen Training sprechen: Die volle Aufmerksamkeit ist da, jeder will sich für Montag beweisen und dann ein anderes Gesicht zeigen."
Kann man den Schalter so einfach wieder umlegen?
Weigl: "Das werden wir sehen. Es ist jetzt wichtig, dass sich jeder auf seine Aufgabe konzentriert. Das keiner jetzt Wunderdinge vom anderen erwartet, sondern dass wir konzentriert an die Sache gehen. Dann sind wir unheimlich gut. Wenn wir die richtige Einstellung und Konzentration auf den Platz bringen, dann werden wir da (Nürnberg, Anm. d. Red.) einen Sieg einfahren."
Ist die Einfachheit im Fußball das beste Mittel?
Weigl: "Ja, ich glaube schon. Nach Spielen, in denen man nicht so erfolgreich war, fängt es damit an. Man muss dann mit ersten Zweikämpfen, mit einfachen Bällen ins Spiel kommen, um Sicherheit zu gewinnen. Dann wird uns auch das Spektakuläre wieder gelingen. Gerade gegen Nürnberg, die uns mit viel Kampf entgegentreten werden, da müssen wir Mentalität an den Tag legen. Der Club hatte auch einen Trainerwechsel, das kann auch nochmal Kräfte freisetzen. Wir müssen auf alles gefasst sein."
Wie geht Dortmund mit dem geschrumpften Vorsprung um?
Weigl: "Die Antwort wird dir nicht gefallen (lacht). Ich glaube wir haben gut daran getan, auf uns zu schauen. Das haben wir in den drei Spielen getan, in denen es nicht so gut lief, als auch in der kompletten Hinrunde. Damit sind wir gut gefahren und das ist auch das Entscheidende.
Wie lautet Ihre persönliche Bilanz bislang?
Weigl: "Erst einmal bin ich natürlich froh, wieder zu spielen. Die Hinrunde war nicht einfach für mich. Da musste ich mir ganz klar meine Gedanken machen. Als ich im letzten Hinrundenspiel erfahren habe, dass ich Innenverteidiger spiele, hatte ich schon Respekt vor der Aufgabe. Es ist eine schwierige Position, die ich so auch noch nie gespielt habe."
Einmal unter Peter Bosz gegen Frankfurt. Da haben Sie gesagt: 'Ich war hilflos...'
Weigl: "Ja, so war das auch (lacht). Da bin ich nach 50 Minuten gelb-rot-gefährdet ausgewechselt worden. Da war ich wirklich relativ hilflos. Jetzt habe ich im Training schon diese Position trainieren können. Ich habe mit Ömer Toprak zusammengespielt, der sehr kommunikativ ist. Er hat mich viel gecoacht und mir so ein gutes Gefühl gegeben. So hat es dann relativ gut funktioniert. Die Vorbereitung war wichtig für mich, um richtig in die Abläufe für die Position reinzukommen. Um nicht mehr so viel nachzudenken, ob ich jetzt rausschieben darf oder mich fallenlassen muss. Dass langsam Automatismen reinkommen. Mittlerweile macht es mir Spaß, ich finde es eine coole Position. Trotzdem spiele ich lieber auf der Sechs. Ich habe jetzt schon mehr Minuten gemacht, als in der gesamten Hinrunde und das ist wichtig für mich."
Können Sie sich mit dieser Position auf Dauer anfreunden?
Weigl: "Ja, natürlich. Wenn es so weiterläuft, dann bin ich zufrieden und da versuche ich da mein Bestmögliches einzubringen. Ich glaube schon, dass ich Qualitäten mitbringe, die da hinten auch gut zur Geltung kommen. Mit meinem Passspiel, das für den Spielaufbau recht wichtig ist. Auch mit den Zweikämpfen komme ich gut zurecht, deswegen kann ich mich mit der Position anfreunden."
Wie ist die Absprache mit Favre, wenn Akanji wieder zurückkommt?
Weigl: "Es gibt keine. Er lässt mich einfach machen auf der Position."
Spüren Sie die absolute Rückendeckung aktuell?
Weigl: "Ich spüre schon, dass der Trainer viel mit mir spricht und mir Tipps gibt. Wie sich das dann in Zukunft gestaltet, wird man sehen. Wir sind alle froh, wenn Manuel Akanji wieder zurück ist, weil er einfach eine unheimliche Qualität hat, die wir auch brauchen. Und wer weiß, vielleicht rutsche ich ja irgendwann noch mal eins vor."
Inwieweit haben Sie rund um die Wechsel-Gerüchte zu PSG das eigene Ego zurückgeschraubt und an das Wir, Borussia Dortmund, gedacht?
Weigl: "Es war schwer, wenn man so eine Chance in Aussicht hat und die Hinrunde für mich ja auch sehr unbefriedigend lief. Ich habe Gespräche geführt, wir haben uns zusammengesetzt. Da habe ich gemerkt, dass von Vereinsseite überhaupt keine Bereitschaft besteht, mich gehen zu lassen. Das ist auch eine Wertschätzung mir gegenüber. Natürlich musste ich das dann akzeptieren. Ich habe dann einfach versucht, auf der Position, auf der ich eine Chance bekommen, mich einzubringen. Ich weiß, was ich an diesem Verein habe und ich weiß auch, dass sie mich aus der zweiten Liga geholt haben. Deswegen war da für mich kein Grund, Stunk zu machen oder mich wegzustreiken. Dafür habe ich die Jungs einfach alle zu gerne. Deswegen habe ich einfach versucht, mich in die Mannschaft zu spielen. Das ist mir dann auch gut gelungen."
Haben Sie die Führungsetage verstehen können - auch wenn es schwerfällt?
Weigl: "Erst einmal will man das nicht verstehen. Ich bin mir aber durchaus bewusst, was die Beweggründe dafür waren. Natürlich kann man es dann schon verstehen, wenn man es analytisch sieht und sich die Gespräche nochmal genau in den Kopf holt. Dann konnte ich das auch akzeptieren."
Ist in diesen Gesprächen durchgeklungen, dass man auf Sie bauen wird beim BVB?
Weigl: "Ich kann nicht alles von den Gesprächen hier rausgeben, das geht zu weit. Wir hatten sehr positive Gespräche und ich habe die Rückendeckung des Vereins gespürt und gemerkt, dass mich keiner gehen lassen will."
Wie sieht es im Sommertransferfenster aus?
Weigl: "Das wird man sehen. Bis dahin ist es noch eine lange Zeit. Der Fokus gilt jetzt komplett unserer Saison. Wir wollen weiter erfolgreich sein. Was im Sommer passiert, kann ich jetzt noch nicht sagen."
Ist Ihr Papa immer noch der schärfste Kritiker?
Weigl: "Ja ist er immer noch."
Wie läuft das ab?
Weigl: "Ich bekomme vorm Spiel eine Nachricht per WhatsApp, in der er mir viel Glück wünscht. Nach dem Spiel kommt eine kurze Nachricht und dann rufe ich ihn an. Meistens auf dem Heimweg."
Ist er sehr streng?
Weigl: "Was heißt sehr streng? Er ist sehr ehrlich. Er ist keiner, der mir sagt, dass ich super gespielt habe, wenn ich nicht super gespielt habe. Ich finde das auch gut, denn er hat von mir die meisten Spiele gesehen und kann einfach gut beurteilen. Er kennt meinen Spiel- und Laufstil. Er sagt dann zum Beispiel: 'Das sah aber komisch aus, wie du da reingerutscht bist', 'Warum bist du da hingefallen?' und so weiter. Er bekommt auch immer die Szenen von meiner Berateragentur zugeschickt und dann schaut er sich das genau an. Ich behalte das auch gerne so bei, denn es hat sich gut bewährt."
In der Jugend gab es einen gewissen Vorfall mit einer Wurstsemmel...
Weigl: "Ja, in der U 13 saß ich schon auf der Bank, weil ich Faxen gemacht hatte. Wir haben in der Kabine rumgeschrien und mit Wasserflaschen rumgespritzt. Das hat dem Trainer nicht gefallen. Ich und zwei andere Jungs saßen dann auf der Bank, obwohl ich Kapitän war. Dann habe ich mir auf die Bank eine Wurstsemmel geholt, saß da und hab sie gegessen. Die Mannschaft war glaube ich 0:2 oder 0:3 hinten und hätte mich eigentlich gebraucht, der Trainer hat mich aber nicht gebracht. Er hat mir dann später erklärt: 'Ich habe dich aus disziplinarischen Gründen nicht gebracht. Du kannst keine Wurstsemmel auf der Bank essen. Was meinst du wie das in der Bundesliga irgendwann mal aussieht, da wo du hinwillst, wenn da einer eine Leberkässemmel auf der Bank isst?' Das war mir schon eine Lehre."
Wie heimatverbunden sind sie?
Weigl: "Schon sehr. Natürlich macht es unser Terminkalender schwer, oft in die Heimat zu fliegen. Die Familie kommt eher zum Spiel hier hochgeflogen. Aber klar, wenn ich die Möglichkeit habe, bin ich gerne auch in Ostermünchen am Sportplatz. Viele Jungs, mit denen ich früher zusammengespielt habe, spielen da jetzt in der ersten Mannschaft Das ist einfach cool anzuschauen. Es ist ein Verein der Kameradschaft und das leben diese Jungs auch vor."
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