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FC Bayern | Der Anti-Kovac: Wie Flick die Spieler bei Laune hält

Florian Bogner

Update 30/11/2019 um 16:53 GMT+1 Uhr

Erst vier Spiele im Amt, schwärmt der komplette FC Bayern München von Interimstrainer Hans-Dieter Flick. Verfrühte Vergleiche mit Jupp Heynckes werden gezogen, Aussagen der Spieler werfen widerum kein gutes Licht auf Vorgänger Niko Kovac. Dabei reichte es Flick, erstmal nur an kleinen, aber wichtigen Stellschrauben zu drehen - und schon waren die Bayern wieder flott gemacht.

Hans-Dieter Flick - FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Hans-Dieter Flick, soviel kann man nach vier Spielen als Trainer des FC Bayern München sagen, mag das Rampenlicht nicht sonderlich. Es ist okay für ihn, er erträgt es - aber er sonnt sich darin nicht.
Lorbeeren für die Wende bei Bayern, den 2:0-4:0-4:0-6:0-Start als Interimscoach? Will er nicht. "Mir ist wichtig, dass man auch weiß, dass hintendran viel, viel mehr Menschen stecken, die tolle Arbeit machen", sagte er am Freitag auf der Pressekonferenz der Bayern vor dem Bundesliga-Spiel gegen Bayer Leverkusen (Sa., 18:30 Uhr im Liveticker). Denn:
Der Fußball ist keine One-Man-Show. Und ich nehme mich da auch nicht so wichtig.
Viel lieber lobte Flick seine Adjutanten: Die Co-Trainer Danny Röhl und Hermann Gerland nannte er am Freitag namentlich, auch Torwarttrainer Toni Tapalović, last but not least Fitnessleiter Dr. Holger Broich plus Mediziner: "Die sind alle ständig da für die Mannschaft!"
Fast philosophisch meinte Flick dann noch: "Ein Team macht das Team hinterm Team." Er müsse das Ganze nur leiten und "schauen, dass jeder einzelne Experte in seinem Bereich Top-Leistungen bringt und auch die Wertschätzung erhält".
Ein Ansatz, den nicht nur die Bayern-Spieler an Jupp Heynckes erinnert: wärmer, motivierender als es Niko Kovac zum Ende hin möglich war. Und natürlich auch vom Neuanfang und den Ergebnissen begünstigt.
Was macht Flick anders, wo setzt er an? Ein Überblick.

Spieler stark reden

Niko Kovac hat als Bayern-Trainer gewiss nicht alles falsch gemacht - dass er nach schlechten Ergebnissen jedoch immer wieder auf individuellen Fehlern der Spieler rumhackte, kam in der Kabine nicht gut an. Auch wenn er selten Namen nannte.
Fürs Einfühlsame war bereits seit Saisonbeginn Flick verantwortlich - am plakativsten veranschaulicht, als er Javi Martínez vor dem Heimspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim auf der Bank in den Arm nahm und tröstete.
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Javi Martínez, Hans-Dieter Flick - FC Bayern München

Fotocredit: Imago

Als Interimscoach versteht sich Flick weiterhin als Vertreter der Spieler und redet seine Profis entsprechend stark. "Ich kann morgen eigentlich nichts falsch machen, weil jeder darauf brennt zu spielen und zu zeigen, was für eine Qualität er hat. Das macht's mir einfach", sagte er am Freitag mit Blick auf die Aufstellung.
So lobt Flick, wo es geht. Robert Lewandowski nannte er vor dem Leverkusen-Spiel den "aktuell besten Stürmer der Welt". Denn er sei nicht nur eine Tormaschine: "Wie er sich auch als Leader zeigt, die anderen mitzieht, ist schon toll."
Mit Philippe Coutinho müsse man dagegen Geduld haben. "Er kam ohne große Vorbereitung zu uns, hat jetzt den zweiten Trainer. Man muss ihm Zeit geben", so Flick: "Er hat es zuletzt gut gemacht. Damit bin ich zufrieden."
Kurzum: Flicks Umgang mit den Spielern sorgte für einen Ruck im Team - und damit letztlich zum Beginn einer "Serie, die langsam ungeheuerlich wird" (Vereinsboss Rummenigge in Belgrad).

Rotation moderieren

Ein Thema, an dem Kovac scheiterte - den Spielern die Rotation schmackhaft zu machen, einzelnen mit den Aufstellungen nicht vor den Kopf zu stoßen. Flick setzte von Beginn an schlau auf Thomas Müller in der Startelf, vermied damit ein Politikum. Thiago, Jérôme Boateng, Coutinho und Corentin Tolisso nahmen ihre Bankrolle dagegen erstmal ohne öffentliches Murren hin.
In Düsseldorf und in Belgrad wob er alle wieder in die Rotation ein. "Wir haben vier Positionen verändert und es hat jeder von Anfang an Top-Leistungen gebracht", sagte Flick: "Darüber habe ich mich wahnsinnig gefreut." Unzufriedene Spieler gibt es deshalb erstmal nicht. Alle lauern auf ihre Chance, wollen den neuen Trainer überzeugen.
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Aktuell nicht gesetzt unter Hansi Flick: Thiago

Fotocredit: Getty Images

Flick musste allerdings auch erst zwei englische Wochen moderieren.
Dem 54-Jährigen ist Transparenz jedoch enorm wichtig. Wer gegen Leverkusen auf die Bank muss, bekommt das auch erklärt. "Ich werde wieder mit ihnen sprechen und sagen, warum ich es dieses Mal so oder so gemacht habe", sagte Flick:
Das ist mein Ding, davon lasse ich mich nicht abbringen.
Er verstehe dann "auch, wenn der ein oder andere Spieler vielleicht enttäuscht ist". Das gehöre aber dazu.
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Hans-Dieter Flick mit Serge Gnabry - FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Bei den Spielern kommt das bislang sehr gut an. "Hansi nimmt jeden mit", erklärte Kapitän Manuel Neuer in Belgrad und verglich: "Das ist auch das, was Jupp Heynckes gemacht hat."
Lewandowski meinte in dieselbe Richtung: "Die Stimmung, der Kontakt, das ist ähnlich. Die Empathie spricht für ihn. Wir Spieler merken, dass er hinter uns steht."
Auch von oberster Stelle gab es ein großes Lob. "Ich finde, er macht seine Sache ausgezeichnet. Nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Spielweise macht Spaß", sagte Klub-Boss Karl-Heinz Rummenigge im Vereinsmagazin "51":
Er hat einen klaren Matchplan, er ist aber auch ein Mensch, der mit seiner Empathie einen direkten Draht zu den Spielern hat. Zudem gibt er in der Öffentlichkeit eine gute Figur ab. Er hat unser vollstes Vertrauen.

Andere Defensivstrategie

Ein weiterer Grund für Kovacs Scheitern: Der Defensivansatz des Trainers wollte einfach nicht zu den Vorstellungen der Spieler passen. Für die Profis war Kovac zu sehr auf Absicherung bedacht, dessen Spielidee zu wenig auf Balleroberungen in des Gegners Hälfte ausgelegt.
Flick dagegen traf mit seiner Idee den Nerv der - zum Teil noch von Pep Guardiola geprägten - Spieler. "Um es einfach zu sagen: Der ballbesitzende Gegner muss unter Druck gesetzt werden. Es ist wichtig, dass wir in Ballnähe immer wieder Druck ausüben", erklärte Flick am Freitag.
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Thomas Müller (l.) gegen Kasim Adams

Fotocredit: Getty Images

Der Interimstrainer arbeite immer wieder an "Kleinigkeiten, Details, die Positionierung mit Ball, ohne Ball", betonte Lewandowski in Belgrad. Flick vermittle aber auch "die Leichtigkeit zu spielen, mit Spaß, auch defensiv".
Ergebnis ist eine andere Körpersprache auf dem Platz, erhöhte Wachsamkeit, Zweikampfbereitschaft - durch die Bank. "Für mich ist wichtig, dass alle alles für die Mannschaft geben", hielt Flick dann noch fest. Denn:
Dann ist gerade der FC Bayern nicht weit weg, dass man gewinnt.
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Kroos über Flick beim FC Bayern: "Höre nur Gutes aus München"

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