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FC Bayern | Jérôme Boateng ist nicht wegzudenken - Der Taktik-Check

Luca Baier

Update 13/03/2020 um 12:54 GMT+1 Uhr

Von der Abschussliste zum Leistungsträger: Jérôme Boateng ist aktuell nicht aus der Bayern-Elf wegzudenken. Seit Wochen blüht der Weltmeister von 2014 auf. Eurosport.de erklärt vor dem Geisterspiel der Bayern bei Union Berlin (Samstag, 18:30 Uhr im Liveticker auf Eurosport.de) Boatengs neue alte Rolle im Spiel des Rekordmeisters.

Jérôme Boateng

Fotocredit: Getty Images

Im Sommer war Jérôme Boateng quasi schon weg.
Mit Niklas Süle und den teuren Neuzugängen Benjamin Pavard und Lucas Hernández vor der Nase sah es tatsächlich schlecht aus für den ehemaligen deutschen Nationalspieler. Doch Boateng blieb. Und plötzlich ist er wichtig wie nie.

Boateng nutzt Chancen durch Flicks Umstellungen

Neben der Verletzungsprobleme von Süle und Hernández waren es vor allem Hansi Flicks taktische Präferenzen, die Boateng neue Chancen verschafften. Weil Flick Joshua Kimmich auf der Sechserposition am stärksten sieht, wird Pavard rechts gebraucht - und auf einmal ist der 31-Jährige wieder Nummer eins auf der Position des rechten Innenverteidigers.
Mit den Spielen kam das Selbstbewusstsein zurück – und die Fitness. Denn trotz aller professionellen Betreuung der Ersatzspieler ist es noch immer ein gravierender Unterschied, ob ein Spieler regelmäßig spielt oder eben nur auf die sogenannten Spielersatztrainingseinheiten zurückgreifen kann. Boateng wirkt aktuell fit wie nie und strotzt vor Power.

Traumpass oder Türöffner?

Der FC Bayern agiert weiterhin hauptsächlich mit kurzen Pässen und will sich kontrolliert vor das gegnerische Tor kombinieren. Ziel im Spielaufbau ist es, einen der Kreativspieler zwischen Abwehr und Mittelfeld des Gegners in Ballbesitz zu bringen – von dort werden schließlich die letzten oder vorletzten Pässe gespielt.
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Jérôme Boateng (rechts) und Benjamin Pavard (links) | FC Bayern München

Fotocredit: Imago

Weil natürlich jeder Gegner um die Gefahr in diesen Räumen weiß, verdichten sie jene extrem. Unabhängig vom System werden die Reihen sehr nah zusammengeschoben, sodass schlichtweg kaum Platz hinter den gegnerischen Sechsern ist. Sogar für Thiago, Coutinho und Co. ist es dann schwer, in aussichtsreiche Positionen zu kommen.
Boateng bringt mit seinen langen Pässen eine andere Komponente ins Aufbauspiel ein - Plan B wenn man so will. Kaum ein Gegner setzt die Münchener Innenverteidiger unter Druck, sodass diese eigentlich immer genug Zeit haben, um die Situation in Ruhe zu scannen. Boateng hat einen äußerst guten Blick für Laufwege in die Tiefe - besonders Thomas Müller ist hier ein Spezialist. Neben dem Überblick bedarf es jedoch auch einer herausragenden Technik.
Der Ball muss eine relativ flache Flugkurve haben, damit der Passempfänger kein Tempo rausnehmen muss. Gleichzeitig darf der Pass aber auch nicht zu lang geraten. Boateng löst diese Herausforderung, indem er den Ball mit dem Spann schlägt, dabei aber so durchschwingt, dass der Innenrist dem Ball einen leichten Unterschnitt mitgibt – so landen nur sehr selten mal Bälle im Toraus des Gegners.
Natürlich ist ein Traumpass wie der Assist für Müller zum Führungstreffer gegen Augsburg der Optimalfall. Boatengs lange Bälle müssen aber gar nicht zwingend ankommen, um den gewünschten Effekt zu erzielen: Der Gegner macht das Spiel und damit den Raum zwischen den Ketten so eng, indem er die eigene Abwehrreihe recht weit nach vorne schiebt.
Schlägt Boateng aber zu Beginn des Spiels ein oder zwei Bälle über die letzte Reihe des Gegners, fallen diese anschließend automatisch etwas weiter zurück. Die Angst von so einem Ball überrumpelt zu werden, sorgt also für mehr Raum zwischen den Linien – selbst wenn es nur ein paar Schritte mehr als vorher sind, kann dies für Topspieler à la Thiago ausreichen.

Dreier-Rotationen in den englischen Wochen

Zusammen mit David Alaba bildet Boateng aktuell eines der harmonischsten Verteidigerduos Europas. Spielstark, schnell, aggressiv. Boateng bringt zudem die körperliche Komponente mit, die Alaba im direkten Duell mit echten Sturmtanks natürlich etwas abgeht.
Das unter Flick praktizierte Gegenpressing funktioniert auch hauptsächlich deshalb so gut, weil die Abwehrspieler mutig und schnell genug sind, sehr große Räume zu verteidigen. Nicht zu vernachlässigen ist zudem Boatengs Größe, die ihn zusammen mit seinem guten Timing zu einem starken Kopfballspieler macht.
In den nächsten Wochen und Monaten – ein weiterlaufender Spielbetrieb vorausgesetzt – wird Boateng immens wichtig für Flick und den FC Bayern bleiben. In den vielen englischen Wochen wird es vermutlich auf beiden Abwehrseiten auf eine Dreier-Rotation hinauslaufen: Auf der linken Seite werden sich Alaba, der wieder genesene Hernández und Shootingstar Alphonso Davies die beiden Positionen teilen. Auch auf der rechten Seite ist so ein Wechselspiel möglich: Boateng ist aktuell als rechter Innenverteidiger gesetzt, könnte zwecks Ruhepausen auch mal von Pavard vertreten werden – in dem Fall würden entweder Álvaro Odriozola oder in Ausnahmefällen auch mal Kimmich rechts verteidigen.
Eurosport-Check: Sechs Abwehrspieler für vier Positionen - Luxusproblem oder ideale Konstellation? Für Flick dürfte dieses Personalpuzzle angesichts der noch anstehenden Spiele recht leicht zu moderieren sein. Boateng ist in der aktuellen Form ähnlich präsent und wichtig wie unter Pep Guardiola - und dort zählte er zurecht zu den besten Innenverteidgern der Welt. Mit seinen Pässen aus der Tiefe setzt er die Stürmer in Szene, hilft aber auch den zentralen Mittelfeldspielern, defensiv besticht er durch die Dynamik wie in besten Zeiten. Boateng ist bereit für den Saisonendspurt – und will es allen zeigen.
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#SotipptderBoss: FC Bayern lässt in Berlin nichts anbrennen

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