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FC Bayern München: Die Mannschaft will Flick! Wen will Rummenigge?

Eurosport
VonEurosport

Update 12/11/2019 um 09:53 GMT+1 Uhr

Innerhalb einer Woche zeigte die Mannschaft des FC Bayern zwei Gesichter. Auf das 1:5 gegen Eintracht Frankfurt folgte ein 4:0-Triumph gegen den BVB. Der LIGAstheniker glaubt, dass der Trainerwechsel dabei entscheidend war und das Münchner Team erst gegen Niko Kovac und nun für Hansi Flick gespielt hat. Jetzt stellt sich nur die Frage: Was plant Karl-Heinz Rummenigge auf dem Trainerposten?

Der LIGAstheniker: Hansi Flick beim FC Bayern München

Fotocredit: Getty Images

Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath
Liebe Fußballfreunde,
Wunderheilungen gibt es, zumindest nach neuerer Zeitrechnung "n. Chr.", bekanntlich immer seltener. Schon allein deshalb war das Wochenende bemerkenswert und es erklärt, warum der Fußball von vielen hierzulande als Weltreligion geschätzt wird: in der Bundesliga, gerade im katholischen München, sind sie immer noch möglich.
Nach dem 1:5 "Debakel" (Welt), "Pleite" (Sky), "Klatsche" (ran), oder, um es neutestamentlicher zu formulieren, dem "Offenbarungseid" (Spiegel) gegen Frankfurt vor einer Woche, jetzt also diese "Machtdemonstration" (Süddeutsche Zeitung, FAZ und Abendzeitung unisono) der Bayern gegen Dortmund.
Und seitdem fragen sich die Jünger des Spiels, wie ist sowas eigentlich möglich, binnen einer Woche? Wie geht das, von unter aller Sau bis "Weltklasse" (ZDF) in sieben Tagen? Wenn man es mit den Wundern nicht so hat, und den Fußball eher naturwissenschaftlich begreift, dann lohnt der Blick auf den Einsatz der Variablen.
Während die Bayern also immer noch mit dem gleichen Kader spielen, hat sich die Trainervariable verändert: Der Co- ist jetzt der Cheftrainer und da man, nach allem was bekannt ist, innerhalb von sieben Tagen keinen Offenbarungseid in eine Offenbarung verwandeln kann, ist die Frage vielleicht psychologischer Natur: Hat die Bayern-Mannschaft erst gegen und jetzt für den Trainer gespielt?

Führen die Spieler den FC Bayern?

Es ist nun keine neue These, dass - anders als in der englischen Premier League - nicht der Spieler, wie man naiv glauben könnte, sondern der Trainer das schwächste Glied in der Vertragskette ist. In England heißt der Trainer auch nicht Coach, sondern Teammanager, was seinen Status erheblich aufwertet.
Der übliche Krisenreflex, der Trainer muss weg, ist dort bei weitem nicht so ausgeprägt wie hierzulande. An anderer Stelle zu anderer Zeit hatte Hoeneß einmal den Medien das Bonmot präsentiert, man könne ja nicht die ganze Mannschaft rausschmeißen. Wenn es um Strömungen geht, dann geht es immer um einzelne Spieler und nicht um alle, und irgendwer hat diese Strömungsspieler ja auch eingekauft.
Ganz so einfach ist es mit der Verantwortlichkeit also nicht. Aber egal, passé. Die Frage, die sich seit dem Dortmund-Spiel aufdrängt: Wie war es möglich, dass die Bayern-Spieler, nach dieser grausamen Woche, derart motiviert, diszipliniert und beinahe überehrgeizig mit dem "Kinderfußball" des BVB (Marcel Reif) Katz und Maus spielten?
Knapp 120 Kilometer Laufdistanz insgesamt, über 300 Sprints, 633 Pässe, davon 88 Prozent erfolgreich - solche Werte hatte das Bayernspiel zuletzt unter Pep.

Clásico: Die Bayern spielten für Flick

Wenn der Kovac-Rausschmiss die Bestätigung der These war, dass die Spieler wichtiger geworden sind als der Trainer, dass die Spieler ihren Trainer loswerden können, wenn sie ihn loswerden wollen, weil sie einfach gegen ihn spielen (wie gegen Frankfurt), dann dürfte im Umkehrschluss auch das Gegenteil gelten.
Wenn die Mannschaft, wie gegen Dortmund, so für ihren Hansi spielt, dann sollte er auch bleiben dürfen - mindestens bis Saisonende und nicht nur als besserer Flickschuster.
Die bisher beste Saisonleistung der Bayern hat gezeigt: Die Spieler schätzen Flicks taktisches Knowhow und seine Ansprache ans Team, obwohl er selbst in der Öffentlichkeit immer ein wenig wie eine typische Nummer zwei rüberkommt, zu bescheiden, zu heidelbergerisch, zu wenig griffig sein persönliches Auftreten.
Wenn in München also wirklich die Mannschaft das Sagen hat, was im Sinne einer modernen Teamführung bedenklich genug ist, dann wird sie mit Flick die Saison zu Ende arbeiten wollen. Schon allein deshalb, weil er sich kritiklos einfügt in die gewollte Hierarchie: erst die Mannschaft, dann der Trainer.

Rummenigges Schmierenkomödie

Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass die Führung des Klubs endlich von ihrer Unart ablassen sollte, dass im Krisenfall, ganz gleich ob auf Spieler- oder Trainersuche, immer die prominenteste Sau über den Transfermarkt getrieben wird.
So wie dieser Coutinho diesen Bayern kaum helfen wird, so wenig wird es ein Mourinho oder ein Wenger, die lange über ihrem Zenit sind. Die Reflexe des Vorstandsvorsitzenden Rummenigge sind freilich andere, das zeigt die Schmierenkomödie um Arsenal-Ikone Arsène Wenger als möglichen Kovac-Nachfolger.
Die Bayern taten so, als hätte sich Wenger selbst angeboten und man hätte ihm höflich abgesagt. Wenger behauptet streng das Gegenteil: Bayern habe ihn kontaktiert und er um eine zeitliche Frist gebeten.
Dass Rummenigge jetzt so tut, als habe man sich missverstanden und kleinlaut erklärt, er wolle den Streit mit Wenger schlichten, heißt nichts anderes als: Rummenigge hat tatsächlich bei Wenger angerufen, um ihn interimistisch nach München zu locken.
Dass dabei ein 70-jähriger Gentleman wie Wenger, der im Fußball fast alles erreicht hat, kein Flickschuster mehr sein will, das ist alles andere nur kein Wunder.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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