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Der LIGAstheniker: Xabi Alonso macht Bayer Leverkusen titelreif - Bayern-Patriarch Uli Hoeneß schaut genau zu

Thilo Komma-Pöllath

Update 23/10/2023 um 12:44 GMT+2 Uhr

Bayer Leverkusen lehrt den FC Bayern das Fürchten. Unter Trainer Xabi Alonso spielt die einst als Vizekusen abgestempelte Werkself dieser Tage nicht nur den schönsten Fußball der Bundesliga, sondern grüßt nach acht Spieltagen auch ungeschlagen von der Tabellenspitze. Der LIGAstheniker sagt: Mit Alonso ist für Bayer der große Coup drin - und an der Isar schaut Uli Hoeneß schon jetzt ganz genau hin.

Ein Meister am Werk: Alonso zeigt Bayer, wie es geht

Liebe FußballfreundInnen, wie sehr sich die Tuchel-Bayern inzwischen von Bayer 04 Leverkusen auf den Schlips getreten fühlen, kann man ausgerechnet in der Leib- und Magenzeitung von Patriarch Uli Hoeneß nachlesen: der Süddeutschen.
Die "SZ" überschrieb ihren Spielbericht zum neuerlichen Sieg der Alonso-Truppe in Wolfsburg (2:1) mit einer Emotion, wie sie wohl auch Hoeneß gedacht haben dürfte:
"Jetzt haben sie auch noch ein bisschen Dusel". Das ist, mit Verlaub, grober Unsinn, wenn man glaubt, der Werksklub würde nur deshalb nach knapp einem Viertel der Saison an der Tabellenspitze stehen, weil er gar so viel Glück oder die Bayern so viel Pech gehabt hätten. Nichts davon ist wahr und dass ausgerechnet die unabhängige, kritische "SZ" mit Sitz in München den Bayern das Wort reden will, ist schon länger kein ganz neues Phänomen mehr.
Den Bayern geht die Düse und das völlig zu Recht.

Leverkusen hat die bessere Bank…

Das liegt nicht in erster Linie am Tabellenstand, der so eng und fluide ist, dass schon am nächsten Spieltag alles anders sein kann. Am aktuellen Stand der Spielweise der beiden Teams liegt es aber wohl schon. Anders als bei Thomas Tuchel wird vielmehr bei Jung-Trainer Xabi Alonso eine Spielidee sichtbar, die noch dazu auf einen Kader aufsetzt, der sichtbar intelligenter zusammengestellt wurde und noch dazu keine Härten oder Schwachstellen offenbart.
Das, was die Bayern gerne hätten - jede Position ist doppelt und gleich gut besetzt - ist in Leverkusen bereits Wirklichkeit. Zu Spielbeginn saßen in Wolfsburg Spieler im Wert von 234 Mio. Euro auf der Bank - hat "Bild" einmal nachgerechnet. Florian Wirtz zum Beispiel, unter Nagelsmann wohl schon jetzt eine feste Idee für die Kernelf der Nationalmannschaft und für viele einer, der, wenn nicht der beste Fußballer der Liga.
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Nadiem Amiri und Florian Wirtz (r.)

Fotocredit: Getty Images

Als Wirtz in der 60. Minute eingewechselt wurde (Alonso wollte ihn schonen nach der USA-Reise der DFB-Elf) leitete er wie selbstverständlich das Siegtor ein. Eine Bank wie Bayer haben die Bayern ganz objektiv besehen nicht.

…und auch die überzeugendere Spielweise?

Aber selbst der beste Kader hilft nicht, wenn man nicht weiß, was man mit ihm anfangen, sprich spielen will. Xabi Alonso vermittelt bisher den Eindruck, als wisse er ganz genau, warum er so spielen lässt, wie er spielen lässt. Einen "aufregenden und stilprägenden Offensivfußball", schreibt dann sogar die "SZ" im Kleingedruckten.
Dergleichen hat man über Tuchels Art zu spielen noch nicht geschrieben. Leverkusen anno 2023 hat genetisch nichts mehr zu tun mit der Vizekusen-Lächerlichkeit aus der Vergangenheit. Xabi Alonso hat Wirtz & Co. Überzeugung und Selbstvertrauen eingeimpft, das selbst dann funktioniert, wenn Bayer unter Druck gerät - so wie gegen die Gegen-den-Ball-Presser von Wolfsburg.
Die Flexibilität, die spielerische Leichtigkeit, die Fehlerlosigkeit, mit der sich Leverkusen gerade in der ersten Halbzeit aus der Umklammerung der Attacken des Gegners befreite, das sieht man so nur von einem Spitzenteam, das auch eines ist. Leverkusen ist gerade da exzellent, wo ihr heutiger Trainer Alonso selbst gespielt hat: im defensiven Mittelfeld.
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Chef im Mittelfeld von Bayer Leverkusen: Granit Xhaka

Fotocredit: Getty Images

Xabi Alonso ist einer für Bayern

Dass sie ein Spitzenteam sind, daran haben sie in Leverkusen offenbar keine Zweifel. Auch dass ist anders als zu Michael Ballacks Vizekusenzeit Anfang der Nuller Jahre, als es vor allem um Selbstbeschwörung ging, weil die innere Überzeugung fehlte und auch der Kader.
Die immer wiederkehrenden, zum jetzigen frühen Zeitpunkt lächerlichen Fragen nach der Meisterschaft kontert Coach Alonso ebenso robust wie mit einem bauernschlauen Twist. Es sei "nicht intelligent", im Oktober 2023 über die Meisterschaftsentscheidung im Mai 2024 zu reden. Und gleichzeitig macht er mit dem, was er sagt und wie er es sagt, klar, dass er sein Team in allen Belangen für titelreif hält. Warum sollte er das jetzt schon jedem auf die Nase binden?
Das sind nun wirklich keine guten Neuigkeiten für Bayerns Coach Tuchel, der ständig mit Kritik aus den eigenen Reihen klarkommen muss, so wie zuletzt von Uli Hoeneß, Didi Hamann und Thomas Strunz. Wenn Bayern nicht Meister wird, dann wird das ihr Trainer im Amt nicht überleben. Gut für Hoeneß, dass er den legitimen Nachfolger nicht groß suchen muss: Da präsentiert sich gerade einer aus der Bayern-Familie auf dem roten Teppich des grünen Rasens.

Zur Person: Thilo Komma-Pöllath

Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog als LIGAstheniker das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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