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FC Bayern München - Ralf Rangnick als Nachfolger für Thomas Tuchel? Diese Risiken muss der Rekordmeister eingehen

Tobias Laure

Update 25/04/2024 um 06:36 GMT+2 Uhr

Ralf Rangnick hatte niemand auf dem Zettel, als der FC Bayern im Februar erklärte, seinen Coach Thomas Tuchel nach der Saison nicht weiterzubeschäftigen. Zwei Monate später ist der 65-Jährige der heißeste Kandidat auf den Trainerstuhl in München, der Klub habe schon Kontakt aufgenommen. Kann das gut gehen, Rangnick und die Bayern? Auf den ersten Blick nicht, es gibt aber auch gute Argumente dafür.

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Die wichtigste Frage hat sich Ralf Rangnick bereits gestellt: "Will ich das überhaupt?" Mit der Aussage spielte der Trainer im Interview mit dem Portal "90minuten.at" auf ein mögliches Engagement beim FC Bayern an.
"Es gab eine Kontaktaufnahme", führte Rangnick aus, allerdings gebe es im "Moment keinen Grund, mich intensiv und konkret damit zu beschäftigen". Wohl dem, der dermaßen entspannt reagieren kann, wenn Deutschlands größter Klub anklopft.
Rangnicks Haltung ist jedoch nachvollziehbar, schließlich bereitet er sich derzeit als österreichischer Nationaltrainer auf die EM 2024 in Deutschland vor. Das ÖFB-Team sieht der Endrunde mit riesigem Selbstvertrauen entgegen. Die vergangenen drei Testspiele, darunter ein 2:0-Erfolg gegen die DFB-Auswahl, gewann die Mannschaft. In der Qualifikation setzte es nur eine Niederlage. "Wir konzentrieren uns vollkommen auf die Europameisterschaft", darauf liege der "Fokus", so Rangnick. Darüber hinaus fühle er sich pudelwohl in Österreich.
Und die Bayern? Werden erst interessant, wenn der Verein "sagen würde: Wir wollen Sie", unterstrich Rangnick.
Genau dies dürfte mittlerweile der Fall sein. Der 65-Jährige müsse "nur noch Ja sagen", schrieb die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwochabend. Dem Vernehmen nach gebe es "niemanden an der Säbener Straße, der von dieser Idee nicht angetan wäre".
Die Münchner scheinen nach dem Verbleib von Xabi Alonso in Leverkusen und der Vertragsverlängerung von Julian Nagelsmann beim DFB in der Causa Rangnick Nägel mit Köpfen machen zu wollen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Rangnick in der kommenden Saison als Bayern-Trainer an der Seitenlinie steht, ist demzufolge groß.
Allerdings müssten beide Parteien eine ganze Reihe an Konfliktherden befrieden:

Die Machtfrage

Rangnick war in der Vergangenheit mehr als "nur" der Trainer. Der 65-Jährige hatte immer dann den größten Erfolg, wenn er neue Projekte mit höchstmöglicher Entscheidungsgewalt anschieben konnte. Das war in Hoffenheim ebenso der Fall wie in Leipzig.
Medienberichten zufolge soll Rangnick dem FC Bayern signalisiert haben, dass er auch an der Säbener Straße weitreichende Befugnisse, etwa bei Spielertransfers, eingefordert haben. Traditionell ist es in München aber genau umgekehrt. Der Trainer erledigte seinen Job, Klub-Ikonen wie Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge kümmerten sich um den Rest.
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Würde man bei Rangnick davon abweichen, käme es unweigerlich zu einer Sollbruchstelle innerhalb des Vereins, schließlich hat der Rekordmeister mit Max Eberl erst einen neuen Sportvorstand installiert und auch Sportdirektor Christoph Freund beansprucht seinen Platz in der internen Hackordnung.
Ergo müsste sich Rangnick mit der Rolle als einfacher Trainer abfinden. "Kann ich etwas bewegen? Kann ich etwas bewirken? Besteht die Chance, eine Mannschaft zu entwickeln und erfolgreich zu sein? Das treibt mich an", stellte Rangnick klar und ließ damit durchblicken, dass er durchaus vorhat, in nahezu allen Bereichen mindestens mitzuwirken. Spannungen wären vorprogrammiert.

Die Geister der Vergangenheit

Es gab Zeiten, da flogen die Giftpfeile zwischen Rangnick und den Bayern, präziser gesagt Uli Hoeneß, munter hin und her. Schon 2004 verbat sich Rangnick, damals als Coach beim FC Schalke erster Bayern-Jäger, die verbalen Einmischungen "aus 500 Kilometer Entfernung".
Rund vier Jahre später war der 65-Jährige Trainer in Hoffenheim und stichelte in Richtung Bayern: "Wenn sie flotte Sprüche hören wollen, müssen sie nach München gehen. Wenn sie flotten Fußball sehen wollen, dann sind sie hier richtig." FCB-Manager Hoeneß konterte und bezichtigte den Schwaben der "Besserwisserei".
2016, Rangnick arbeitete inzwischen erfolgreich bei RB Leipzig, sprach Hoeneß vom "Feind". Ein Begriff, den er kurz darauf in "Rivale" abmilderte. Es waren erste Anzeichen einer Annäherung. Ob Hoeneß, heute als Aufsichtsratsmitglied bei Bayern tätig, und Rangnick vor diesem Hintergrund konfliktfrei zusammenarbeiten können, bleibt die große Frage.

Rangnicks Klartext - ein Problem bei Bayern?

Ralf Rangnick ist ein Mann, der seine Meinung offensiv vertritt. Dies wurde auch bei seiner bis dato letzten Station als Vereinstrainer deutlich. Von 2021 bis 2022 coachte er für ein knappes halbes Jahr Manchester United.
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Ralf Rangnick, Cristiano Ronaldo

Fotocredit: AFP

Der sportliche Erfolg während der kurzen Amtszeit war überschaubar, aber Rangnick habe die "Unzulänglichkeiten von United als Verein brutal und offen angesprochen und alle Bereiche aufgezeigt, in denen man sich verbessern kann", erklärt Fußball-Experte Pete Sharland von Eurosport in Großbritannien.
Darüber hinaus sei der Trainer heftig mit der Glazer-Familie, die den Klub besitzt, aneinandergeraten. Rangnick habe "einigen Leuten bei ManUtd die Augen über die Probleme geöffnet".
Grundsätzlich ein sinnvolles Vorgehen, um den Verein voranzubringen. Allerdings ist ebenso klar, dass der Klartext à la Rangnick nicht bei allen Vereinsoberen gut ankommt. Das dürfte in München nicht anders sein.

Der Bayern-Coach als 1C-Lösung

Es ist kein Geheimnis, dass der FCB in erster Linie Xabi Alonso im Blick hatte, als die Suche nach einem Nachfolger für Thomas Tuchel anlief. Der Spanier, der von 2014 bis 2017 selbst für die Bayern auflief, war die Wunschlösung. Alonso aber verkündete, dass sein "Job hier noch nicht vorbei" sei und er daher bei Meister Bayer Leverkusen verlängere. Genauso kam es.
Später drang dann durch, dass die Bayern über eine Rückholaktion von Julian Nagelsmann nachdenken. Der wurde zwar im März 2023 vom Klub freigestellt und heuerte darauf als Bundestrainer an - nun aber wollten die Verantwortlichen den einst Verschmähten zurückhaben. Ein Spielchen, das Nagelsmann nicht mitspielte und stattdessen beim DFB bis 2026 verlängerte.
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Julian Nagelsmann verlängert beim DFB

Fotocredit: SID

Rangnick - und auch jeder andere Kandidat - muss also damit leben, dass er nur die C-Lösung ist. Das gilt auch für Arne Slot (Feyenoord Rotterdam), Julen Lopetegui (ehemals Spanien und Real Madrid) und Roberto De Zerbi (Brighton & Hove Albion), die allesamt noch in der Verlosung zu sein scheinen. Keine einfache Situation, weder für den Klub noch für den neuen Coach. "Jeder Trainer, der jetzt kommt, ist nicht mehr erste oder zweite Wahl. Es wird eine schwere Aufgabe, den künftigen Trainer davon zu überzeugen, dass dieser selbst davon überzeugt ist, der Richtige zu sein", sagte Lothar Matthäus gegenüber der "Sport Bild".

Rangnick-Fußball = Bayern-Fußball?

Bislang haben sich Mannschaften unter Rangnicks Führung eher als balljagenden Pressingmaschine hervorgetan. Das passt nicht zwingend zur Linie in München - und auch unter Wunschtrainer Alonso hätten die Bayern einen anderen Fußball gespielt.
Allerdings ist auch klar, dass das Münchner Starensemble sich dem Stil des neuen Trainers anpassen muss, wie immer der neue Trainer heißen mag. Mit der österreichischen Nationalmannschaft setzt Rangnick auf ein 4-2-3-1-System. Das würde immerhin zu den Bayern passen, wo mit Harry Kane ebenfalls ein zentraler Mittelstürmer als Zielspieler fungiert.
Bei allen Vorbehalten und Zweifeln: Es gibt gute Argumente, weshalb Rangnick der richtige Mann sein könnte, um die Bayern in der kommenden Spielzeit wieder zu Deutschlands Nummer eins zu machen.

Bayerns Red-Bull-Blase

Bei den Bayern würde es Rangnick mit einigen alten Bekannten aus seiner Zeit bei Red Bull zu tun bekommen. Von 2019 bis 2020 fungierte der Fußball-Fachmann aus Backnang als Head of Sport and Development Soccer beim österreichischen Brause-Hersteller.
Mit Eberl und Freund, Campus-Chef Jochen Sauer, Richard Kitzbichler, der an der Schnittstelle zwischen Profi- und Nachwuchsabteilung agiert, und Rene Maric, dem Teamleiter Trainerentwicklung und Spielidee, wirken gleich fünf ehemalige Red-Bull-Akteure im Verein.
Zuspruch bekommt die Option Rangnick auch von Lothar Matthäus. "Er ist ein Entwickler, der mit seinem alten Weggefährten Christoph Freund auch am Campus gute Impulse setzen könnte", sagte der Rekordnationalspieler.
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