Top-Sportarten
Alle Sportarten
Alle anzeigen

Bundesliga-Kolumne: Darum tut sich der FC Bayern München so schwer einen Trainer zu finden - der LIGAstheniker

Thilo Komma-Pöllath

Update 22/04/2024 um 11:17 GMT+2 Uhr

Der FC Bayern München sucht händeringend einen Trainer-Nachfolger für Thomas Tuchel - doch irgendwie scheint keiner zu wollen. Sport-Vorstand Max Eberl kassiert Absage um Absage und tut sich dabei als großer Satiriker hervor, findet der LIGAstheniker. Es gibt zwar Wichtigeres auf der Welt - dennoch hat die (erfolglose) Trainer-Suche der Bayern großen Unterhaltungswert.

Das "Kompetenz"-Team des FC Bayern München: Präsident Herbert Hainer, Sport-Vorstand Max Eberl und der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen (v.l.)

Fotocredit: Getty Images

Ich bin ganz ehrlich, streckenweise konnte ich nachts zuletzt nicht mehr schlafen. Nicht weil die Bayern die schwächste Spielzeit seit Jahren hinspielen, und auch nicht, weil sie trotzdem gerade ins Halbfinale der sogenannten "Königsklasse" eingezogen sind, nein, am meisten beunruhigt mich, dass offenbar keiner mehr am Hofe meiner geliebten Königsbayern den Übungsleiter geben will.
"Meine geliebten Bayern" ist jetzt nicht wörtlich zu nehmen, der LIGAstheniker ist freilich kein Fan. Ich bin Beobachter, auch Spötter und als solcher euphemisiere ich also den infantilen Fußballbedeutungswahnsinn in diesem Land.
Man könnte ja durchaus auch sagen: es gibt Wichtigeres. Aber nein, natürlich nicht, wer die Bayern in Zukunft trainieren soll und wird, das hat längst Tagesthemen-Qualität.
Zum Glück hat mir Lothar Matthäus am Wochenende meinen Schlaf wieder zurückgegeben. Er meinte: Innerhalb der nächsten zwei Wochen, das wisse er genau, würden die Bayern einen neuen Trainer präsentieren, auch wohl einen ganz Guten. Puuh!

Stellenanzeige schalten: Bayern-Trainer gesucht

Eigentlich kennt man das nur von sturzbetrunkenen Thekenmannschaften, dass sie sich selbst trainieren. Trainieren müssen, wer will das sonst schon machen.
Aber die Bayern? Dieser genetisch auf Erfolg programmierte Triple AAA-Club, auf einmal will man ihn selbst mit Plastikeinweghandschuhen aus dem "Tatort" nicht mehr anfassen? Was ist da passiert?
Xabi Alonso bleibt lieber in Leverkusen, das muss man sich mal geben. L-E-V-E-R-K-U S E N, das heißt Bayer-Werk, Pestizid-speiende Schlote, Glyphosat und so, so sexy wie Magen-Darm. Oder Julian Nagelsmann, und das war der fast noch größere Hammer, will lieber Bundestrainer bleiben als noch mal Bayern-Trainer werden. Lieber DFB als FCB, Wahnsinn, gabs noch nie!
Und dann das: Auch "Sandro Wagner will nicht", habe ich gelesen, das ist dann wirklich der Knock-Out!
Jürgen Klopp haben sie gar nicht erst zu fragen trauen, hat Sport-Vorstand Max Eberl kürzlich öffentlich erzählt. Vielleicht sollte man mal eine Stellenanzeige schalten mit Betonung auf die vielen Bonusleistungen der Bayern München AG: Zwei-Tage-Woche (Mittwoch und Samstag), exzellentes Betriebsklima (Leroy Sané!), übertarifliche Bezahlung (10 bis 15 Mio./Jahr), plus der Verzicht auf jegliche Deutschkenntnisse, da wurde die Anzeige noch mal nachgebessert.

Max Eberl: ein großer bayerischer Satiriker

Der Nimbusverlust der Bayern ist nur für die Bayern selbst ernüchternd, erniedrigend sogar, von außen betrachtet könnte es nicht mal die Online-Satirezeitung "Der Postillon" besser treffen.
"Ich würde es jetzt nicht als Absage bezeichnen" – was wie ein echter "Postillon" klingt, ist tatsächlich Sport-Vorstand Max Eberl, angesprochen darauf, warum Nagelsmann nach Gesprächen mit den Bayern dann doch lieber den Bundestrainer gibt.
Stimmt natürlich: Beim DFB hat Nagelsmann ja auch zu-gesagt. Noch so ein echter Eberl: "Bayern ist ein großer Verein. Der Respekt ist von der anderen Seite oftmals stark." Das erklärt natürlich alles.
Gemeint ist offensichtlich: Die Klopps dieser Fußballwelt kommen nicht, weil sie sich den FC Bayern gar nicht erst zutrauen. Ah ja, klar, richtig, wie konnte man das nur vergessen? Bitte, bitte lieber Herr Eberl, reden's halt bitte nicht so einen kolossalen Quatsch!

Bayerns Umgang mit Trainern: führungsschwach

Wie verzweifelt die Bayern sein müssen auf der Suche nach dem für sie richtigen Fußballlehrer, offenbart, dass selbst ein Ralf Rangnick, eben weil er muttersprachlich Deutsch beherrscht, in der engeren Verlosung der gehandelten Kandidaten zu finden ist.
Eben jener Rangnick, den Uli Hoeneß seit Jahren auch deshalb völlig unmöglich findet, weil der ihm in der nach oben offenen - Achtung: O-Ton - "Besserwisser"-Skala mindestens auf Augenhöhe begegnet.
Der Grund, warum dieser europäische Topklub FC Bayern sich so schwer tut, seinen favorisierten Trainer zu angeln, ist vermutlich ein eher profaner.
Es könnte am Umgang des Klubs mit seinen sportlichen Leitern in den vergangenen Jahren liegen: Wenn Jürgen Klopp im Sommer als Trainer beim FC Liverpool nach neun Jahren aufhört, dann hatte der FC Bayern im gleichen Zeitraum mit Pep Guardiola, Carlo Ancelotti, Willy Sagnol, Jupp Heynckes, Niko Kovac, Hansi Flick, Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel insgesamt acht. Ich fürchte, so was nehmen Trainer irgendwann persönlich.

Kommentare bei Eurosport.de geben stets ausschließlich die Meinung des/der jeweiligen Autors/Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

ZUR PERSON: THILO KOMMA-PÖLLATH
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog als das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
picture

"Asoziale Medien": Streich bricht Lanze für Keeper Atubolu



Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung