Taktik-Check: In der Bundesliga liegt die Manndeckung wieder voll im Trend - "Und wenn er aufs Klo geht …"

Kettenverhalten? Von wegen! Es wird wieder gedeckt in der Bundesliga. Von Meister FC Bayern München über die Mittelfeld-Vereine bis zum Absteiger spielen mittlerweile fast alle Teams im Fußball-Oberhaus extrem mannorientiert. Eurosport.de erklärt im Taktik-Check, warum so viele Mannschaften die Manndeckung aus der Mottenkiste geholt haben - und weshalb die Bayern das prominenteste Beispiel sind.

Bayern-Verteidiger Upamecano (li.) und Kim (re.) im Duell mit Leverkusens Wirtz (Mitte)

Fotocredit: Imago

"Und wenn er aufs Klo geht, gehst du hinterher!" Ein Spruch aus der Kreisliga - will man meinen.
Schaut man sich die Bundesligasaison 2024/25 an, erkennt man jedoch auffällig viele Mannschaften, die mit einer klassischen Manndeckung spielen.
Was in Zeiten der Raumdeckung mit fein abgestimmtem Kettenverhalten längst als veraltet oder sogar verpönt galt, ist wieder in Mode.
Um im hohen Pressing noch mehr Druck auf den Gegner ausüben zu können, teilen die Bundesliga-Trainer immer häufiger klare Gegenspieler zu.

Bayern im Mann gegen Mann zur Meisterschaft

Das prominenteste Beispiel ist der FC Bayern. Als Vincent Kompany im vergangenen Sommer beim Rekordmeister startete, fiel vom ersten Spieltag an das aggressive Pressing auf. Bayern stellte den Gegner hoch zu und ließ keine Anspielmöglichkeiten.
Gegen eine Viererkette schoben sie ihren Zehner (oftmals Jamal Musiala) und die beiden Flügelspieler nach vorne, um gemeinsam mit Harry Kane Mann gegen Mann anlaufen zu können. Gegen eine Fünferkette hingegen waren es die Flügelspieler und die Außenverteidiger, die Kane in vorderster Reihe unterstützten.
picture

Bayern-Profis Michael Olise (li.) und Harry Kane (re.)

Fotocredit: Getty Images

Nicht selten ergab sich daraus in Spielen der Bayern folgendes Bild: Der gegnerische Torwart hat den Ball am Fuß und wird erst einmal nicht angelaufen. Anspielstationen? Fehlanzeige!
Zehn Pärchen konnte man überall auf dem Spielfeld beobachten. Diese riskante Art zu verteidigen, passte gut zu den Stärken der Münchner Innenverteidiger: Sowohl Dayot Upamecano als auch Min-Jae Kim sind sehr schnell und körperlich stark im Infight.

Manndeckung in jeder Tabellenregion

Während die Bayern die Mannorientierung in ihrer Konsequenz auf die Spitze trieben, nutzen andere Teams dieses Mittel etwas dosierter. Eintracht Frankfurt, Mainz 05 und Werder Bremen zum Beispiel unterschieden ihr Defensivspiel ganz klar in zwei Phasen: Entweder man spielt abwartend in der eigenen Hälfte, verdichtet die Räume und achtet vor allem auf die Abstände zu den Mitspielern - oder man macht ganz vorne Druck.
Bei zweiterer Variante wurde genau wie bei den Bayern ganz klar zugeteilt. Die Folge: Der Gegner muss entweder in den Druck hineinspielen und geht das Risiko ein, Bälle in gefährlichen Zonen zu verlieren oder aber er wählt die risikolose Option und spielt lange Pässe.
picture

Eintracht Frankfurt feiert überlegenen Sieg gegen Heidenheim

Fotocredit: Getty Images

Frankfurt hat vor Mainz und Werder die aussichtsreichen Ballgewinne in der Bundesliga zu verzeichnen, bei denen sie in der Folge die meisten gegnerischen Abwehrspieler überspielen konnten. Auch die Rangliste der Chancenqualität nach hohen Ballgewinnen wird von den mannorientierten Teams angeführt: Hinter dem Frankfurt auf dem ersten folgen die Bayern auf dem zweiten und Werder auf dem dritten Platz.
Doch auch die nicht so erfolgreichen Klubs nutzten dieses taktische Mittel: Bochum und Heidenheim etwa agierten über die gesamte Saison hinweg immer wieder sehr mannorientiert, verfolgten ihre Gegner sehr weit und ließen sich auf viele direkte Duelle ein.

Die "Kleinen" legen zu: Darum gibt es so viel Manndeckung

Die Beobachtung und Feststellung eines Trends ist die eine Sache - die Ursachenforschung eine andere. Warum greifen so viele Trainer auf diese mitunter ja sehr risikobehaftete Art zu verteidigen zurück?
Mittlerweile ist das spielerische Niveau auch bei den Mannschaften mit weniger individueller Klasse gestiegen. Dies hat mehrere Gründe: Der Trend geht zu (oft jüngeren) mutigen Trainern, die aktiven Fußball spielen wollen. Zudem sind die Torhüter und Innenverteidiger mittlerweile alle gut im Spielaufbau ausgebildet.
Oftmals reicht es für die Favoriten nicht mehr, aus einer Raumdeckung heraus in Unterzahl anzulaufen. In solchen Fällen lassen auch kleinere Teams den Favoriten laufen und können das Spiel auf ihre Seite ziehen.
picture

Jubel beim 1. FC Heidenheim

Fotocredit: Getty Images

Aus Sicht der "kleineren" Teams hingegen ist die Manndeckung ein Mittel gegen die komplexer werdenden Angriffsstrukturen der Topteams. Mannschaften wie Bayern oder Leverkusen lassen ihre Offensivstars viel rotieren und sich frei übers Feld bewegen. Sie sollen sich ihre Räume suchen und aus unbedrängten Situationen ihre Aktionen starten. Um Ausnahmekönnern wie Florian Wirtz oder Jamal Musiala die Lust zu nehmen, bietet sich aus Sicht der Underdogs eine Sonderbewachung an.
Eurosport-Check: Die Manndeckung galt längst als überholt und feiert nun eine flächendeckende Rückkehr. Nachdem die Teams in der Vorsaison noch das Anlocken und Überspielen des Gegners perfektionierten, hat sich die stärkerer Mannorientierung als Gegenmittel zum neuen Trend etabliert. Gut möglich also, dass wir in der kommenden Saison eine abermalige Reaktion sehen und die Trainer sich wiederum Lösungen gegen die Manndecker-Teams ausdenken.
Das könnte Dich ebenfalls interessieren: Bayerns Wirtz-Poker - mischt ManCity jetzt mit?
picture

Trainer-Legende Ancelotti: Die besten Sprüche des Misters

Quelle: Perform


Mehr als 3 Mio. Sportfans nutzen bereits die App
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit den aktuellsten News und Live-Ergebnissen
Download
Diesen Artikel teilen
Werbung
Werbung