Bundesliga-Kolumne LIGAstheniker: Warum der FSV Mainz 05 ein Spitzenklub ist - und Borussia Dortmund nicht!

Während der FSV Mainz 05 unter Cheftrainer Bo Henriksen vom Abstiegskandidaten zum Champions-League-Aspiranten gereift ist, stürzt Borussia Dortmund immer tiefer ab. Bei den 05ern ist unter dem Dänen Henriksen ein starkes Kollektiv gereift, während mit Niko Kovac beim BVB der nächste Coach an dem Haufen hochveranlagter Einzelkünstler zu verzweifeln scheint. Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath.

Nadiem Amiri vom FSV Mainz 05

Fotocredit: Getty Images

Liebe Fußballfreundinnen und Freunde,
Es soll ja imposante Persönlichkeiten geben, die gerade jedes Diversitätsprogramm streichen, das ihnen unter die Hände kommt. Davon, das kann man sagen, hat unser Bundestrainer Julian Nagelsmann noch nichts mitbekommen.
Es ist ja die sogenannte Länderspielpause, was verwirrend genug ist, weil nicht die Länderspiele, sondern die Bundesliga pausiert – geschenkt!
Der Kader für die anstehenden Nations League-Spiele gegen Italien am Donnerstag und Sonntag (jeweils 21:00 Uhr) ist mehr denn je ein Seismograph des bisherigen eher unorthodoxen Ligaverlaufs.
Eine Vielfalt an Typen und Klubs, das hats unter Sepp Herberger nicht gegeben. So darf also der sonst ach so sympathische, aber wenig ernst genommene FSV Mainz 05 (Ergo: "Mainz wie es singt und lacht") mit Nadiem Amiri und Jonathan Burkhart auch zwei Stammkräfte in die Spiele zur Landesverteidigung entsenden.

Mainz 05: Aufregender Kollektivfußball

Und natürlich ist das völlig richtig und verdient, Mainz ist 2025 ein Spitzenklub der Liga. Schon eher stellt sich die Frage, warum auch der BVB noch drei aktuelle Nationalspieler (Schlotterbeck, Groß, Adeyemi) stellen darf, was am Wochenende mal wieder fast niemandem aufgefallen ist.
Um es mal auf einen einfachen Nenner zu bringen: Der FSV Mainz ist die größte Sensation der bisherigen Saison, Borussia Dortmund die dickste Blamage.
Wenn Mainz so weitermacht, spielen sie nächstes Jahr Champions League, wenn der BVB so weitermacht, werden sie im Sommer nicht mal in der Provinz noch Mannschaften finden, die für einen Übungskick zur Verfügung stehen.
Nominell war am Samstag abend die Partie Leipzig gegen Dortmund das nominelle "Topspiel" des Rechtesenders, das tatsächliche fand das aber schon am Nachmittag zwischen Mainz und Freiburg statt.

Mainz liebt seinen Trainer Henriksen

Wäre ich also zum Beispiel so eine imposante Persönlichkeit wie Dortmunds Boss Aki Watzke, ich würde das also gleich wieder verbieten, dass langjährige Abstiegskandidaten plötzlich an der Ligaspitze den Ton angeben dürfen.
Argumente hätte der gute Aki allerdings keine, denn was die Mainzer derzeit für einen aufregenden Kollektivfußball spielen, den kann der BVB momentan so gar nicht. In Dortmund ist derzeit gerade viel Stückwerk.
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Eine wichtige Stütze für Mainz 05: Nadiem Amiri

Fotocredit: Getty Images

Spiegelt man Mainz und Dortmund mal gegeneinander, dann werden die Unterschiede in der saisonalen Entwicklung der beiden Mannschaften mehr als deutlich. Der FSV und ganz Mainz ist vernarrt in seinen dänischen Trainer Bo Henriksen.
Und der ist ja auch total knuffig und irgendwie hat man immer das Gefühl, wenn man dem an der Seitenlinie während eines Spiels zuschaut, dann spiegelt sich darin der Bewegungsradius und das Begeisterungslevel seiner Mannen auf dem Feld.

Henriksen liebt seine Spieler

Dass der BVB gerade in seinen Trainer vernarrt wäre, auf die Idee würde niemand kommen. Das gab es mal vor über zehn Jahren (Klopp), heute ist man schon froh, wenn nach sechs Wochen kein Reporter eine Trainerdiskussion über Niko Kovac beginnt.
Die Frage, warum der BVB beim 0:1 und auch danach so verwirrt war in der eigenen Defensive, könnte man ja mal stellen? Stellenweise wirkte es, als stünde im BVB-Strafraum ein Maislabyrinth aus dem Schlotterbeck & Co. nicht mehr heraus zum Gegenspieler fanden.
In Mainz kommt hinzu, dass der Trainer offenbar auch ganz vernarrt ist in seine Spieler. Auch das ist so in Dortmund bisher nicht aufgefallen.
Wenn Henriksen über seine Jungs spricht, dann klang das am Wochenende so: Also Danny da Costa, eine fantastische Geschichte. Wie der sich bei uns entwickelt hat, fantastisch. Hätte nicht gedacht, dass der bei mir so viel spielt. Oder: Ja, Paul Nebel, unglaublich. Was der laufen kann, fantastisch für uns.
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Bo Henriksen hat mit Mainz 05 einen kometenhaften Aufstieg hingelegt

Fotocredit: Getty Images

BVB: Rätselhafte Verlorenheit

Ein Vorbild für den ganzen Verein. Henriksen klingt wie der Pressesprecher seiner Mannschaft, die aber dennoch nicht in Arroganz erstrahlt, sondern Woche für Woche den Rasen zum Acker umgräbt.
Es ist dieses wechselseitige Vertrauen, das ein Kollektiv gebildet hat. Talentiert waren sie in Mainz immer, jetzt sind sie im 120. Jahr seit Gründung so erfolgreich wie nie. Und seit November 2024 - unglaubliche 16 Punkte mehr als der BVB!
Von einem "Kollektiv" spricht in Dortmund natürlich auch niemand. Ein Kollektiv braucht Ruhe und Raum, um sich entwickeln zu können. Beides hat der BVB gar nicht, wenn man alle naselang den Trainer entlässt oder Teile der Klubführung nicht miteinander können.
Beim BVB fehlt das gedachte "Wir", das man in Mainz so gut bei jedem Spiel erkennen kann. Geistesblitze einzelner, etwa von Julian Brandt, der streckenweise das Spiel führt und dann rätselhaft im eigenen Spiel verloren geht, bleiben Stückwerk. Wohl auch ein Grund dafür, dass "Jule" diesmal nicht in den nationalen Diversitätskader berufen wurde.   

Kommentare bei Eurosport.de geben stets ausschließlich die Meinung des/der jeweiligen Autors/Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

ZUR PERSON: THILO KOMMA-PÖLLATH
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog als das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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