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Atlético - FC Bayern: Vercoacht? Warum Pep Guardiola Müller, Ribéry und Boateng draußen ließ

Florian Bogner

Update 28/04/2016 um 19:46 GMT+2 Uhr

Ohne die Champions-League-Sieger Franck Ribéry, Thomas Müller und Jérôme Boateng in der Startelf verliert der FC Bayern München das Halbfinal-Hinspiel der Königsklasse bei Atlético Madrid mit 0:1 und steht kurz vor einem spanischen Trauma. Eine Frage lautet: Hat sich Pep Guardiola damit erneut vercoacht? Die Antwort: Ja, aber in einem ganz anderen Punkt.

Thomas Müller und Pep Guardiola vom FC Bayern München

Fotocredit: AFP

Aus Madrid berichtet Florian Bogner
Ja gut, mit dem wär’s vielleicht anders ausgegangen. Als Pep Guardiola nach dem Halbfinal-Hinspiel der Champions League seines FC Bayern München bei Atlético Madrid gefragt wurde, warum er Thomas Müller nicht von Anfang an gebracht hatte, übersetzte der Dolmetscher fälschlicherweise, warum er "Messi nicht von Beginn an" eingesetzt habe.
Ein witziger Versprecher zum nicht ganz so fidelen Ergebnis: Die Bayern nehmen eine 0:1-Hypothek mit ins Rückspiel am kommenden Dienstag (20:45 Uhr im Liveticker), wenn Guardiola beweisen muss, dass er es doch kann - ein Halbfinale gegen ein spanisches Team gewinnen.
"Atlético ist dem Finale in Mailand ein sehr großes Stück näher gekommen, aber wir spielen noch zuhause. Wir haben noch Hoffnung, aber wir müssen Tore schießen", sagte Xabi Alonso. "Wir glauben an uns", sagte Manuel Neuer.
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Fernando Torres und Manuel Neuer im Hinspiel Atlético - FC Bayern

Fotocredit: AFP

Dreimal Spanien, dreimal kein Tor

Dabei gilt es, den spanischen Bann zu brechen. Schon 2014 (0:1 bei Real Madrid) und 2015 (0:3 beim FC Barcelona) verloren die Bayern das Halbfinal-Hinspiel in Spanien, ohne ein Tor zu erzielen und schieden schließlich aus.
Auffällig: Zum dritten Mal gerieten sie am Mittwoch in der Anfangsphase mächtig ins Schwimmen, zum dritten Mal sorgte Guardiolas Startaufstellung für Augenbrauenzucken. Ja, der Ausdruck "vercoacht" machte Mittwochnacht in Madrid wieder die Runde - wenngleich das ob der guten Leistung im zweiten Durchgang nicht ganz gerecht war.
Der Streitpunkt lag vor allem an zwei Personalien: Nicht wirklich öffentlichkeitswirksam hatte sich der Spanier entschieden, die Bayern-Ikonen Thomas Müller und Franck Ribéry zunächst auf die Bank zu setzen. Was nicht nur Ex-Trainer Ottmar Hitzfeld im "Sky"-Studio kaum fassen konnte:
Müller ist für Bayern wie Messi für Barcelona. In ganz wichtigen Spielen sind solche Spieler fast nicht zu ersetzen.
Dabei ließen sich beide Maßnahmen nachvollziehen. Müller spielte nicht, weil Guardiola lieber einen ballsichereren Spieler im Zentrum haben wollte, ein 4-3-3 praktizieren ließ, mit zwei echten Achtern, mit Thiago Alcántara und Arturo Vidal. "Ich wollte einen Mittelfeldspieler mehr, hier in der Situation eines Hinspiels", erklärte Guardiola. So hatte er es auch schon bei Benfica Lissabon im Viertelfinal-Rückspiel (2:2) gemacht, bloß damals Müller statt Lewandowski im Sturmzentrum aufgeboten.
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Franck Ribéry und Antoine Griezmann bei Atlético - FC Bayern

Fotocredit: AFP

Guardiola setzt auf die richtigen Füße

Ribéry hingegen fehlte aus zweierlei Gründen. Zum einen war der 33-Jährige wohl leicht angeschlagen, wie Co-Trainer Hermann Gerland erklärte: "Franck hatte leichte Probleme, er musste gestern das Training abbrechen."
Zum anderen rechnete sich Guardiola mit Kingsley Coman auf rechts und Douglas Costa auf links Flankenläufe bis zur Grundlinie aus, um dann in den Rücken der Abwehr zu kommen.
"Ich wollte einen Linksfuß auf links und einen Rechtsfuß auf rechts haben", erläuterte Guardiola.
Gegen eine Mannschaft, die manchmal Angriffspressing spielt und manchmal sehr tief steht, brauchst du Breite. Wir wollten die Linien suchen und flanken.

Plausibler Plan, schlechte Umsetzung

Soweit die Idee hinter der Aufstellung, klappte in der Praxis nur leider nicht. Thiago verlor sich als Ersatz-Müller in Schönheit, hielt kaum mal dagegen, wenn es in einen Zweikampf ging. Und über Außen schafften es Costa und Coman nur dreimal, in den Strafraum einzudringen.
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Juan Bernat (l.) und Thiago (beide FC Bayern) im Duell mit Saúl Niguez (Atlético Madrid)

Fotocredit: Imago

Weitere numerische Zeugen der unzureichenden Darbietung bei ihren Halbfinal-Debüts: Costa spielte indiskutable 33 Prozent seiner Pässe zum Gegner, Coman brachte dafür insgesamt nur 14 Zuspiele an (zum Vergleich Lahm: 99).
Costa verlor mit seinen Aktionen 26-mal den Ball, Coman 18-mal.

Müller gibt sich als Vorbild

Während der in den letzten 25 Minuten für Coman eingewechselte Ribéry wortlos das Stadion verließ, gab sich Müller (kam zur 70. Minute für Thiago) zähneknirschend, aber als Teamplayer.
Ich bin nicht glücklich darüber, aber für Enttäuschung ist in so einem Moment wenig Platz, wenn man als Team erfolgreich sein will. Wir müssen schauen, dass wir unsere Emotionen im Griff haben. Wenn alle mit so einem Gesicht auf der Bank sitzen, hilft das keinem weiter. Wir geben Gas jetzt, dass es im Rückspiel die Wende gibt.
Philipp Lahm sagte: "Thomas ist diesbezüglich ein Vorbild für alle. Ich bin mir sicher, dass er im Rückspiel ein Tor macht."

Fragezeichen für Dienstag bei Boateng

Gar keine Minute spielte dagegen Jérôme Boateng. Der Innenverteidiger hatte sich so bemüht, drei Monate und fünf Tage nach seiner Adduktorenverletzung wieder dabei zu sein, reiste auch mit nach Madrid - und wurde dann nur auf die Tribüne gesetzt.
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Jérôme Boateng (FC Bayern München) in Madrid beim Abschlusstraining vor dem Halbfinale gegen Atletico in der Champions League

Fotocredit: AFP

Guardiola, der Boateng am Dienstag eigentlich schon für spielfit erklärt hatte, verkündete anschließend, dass es bei dem Innenverteidiger nach drei Monaten Verletzungspause vielleicht auch nicht fürs Heimspiel am Dienstag reichen könnte:
Vier, fünf Trainingseinheiten waren einfach zu wenig für ihn. Ich weiß nicht, ob er fürs Rückspiel fit wird.
ZDF-Experte Oliver Kahn zeigte auch hier Verständnis für Guardiolas Entscheidung: "Das Risiko, Boateng in so einem Spiel zu bringen, kann kein normaler Trainer eingehen."

Peps Fehleinschätzung: Bernat statt Kimmich

Statt des Weltmeisters spielten Javi Martínez und David Alaba in der Innenverteidigung, welche allerdings auch Youngster Joshua Kimmich - in der Champions League 2016 immer in der Startelf - vertragen hätte.
Dann nämlich hätte Alaba statt des absolut indisponierten Juan Bernat Linksverteidiger spielen können – die einzige Entscheidung, die sich Guardiola am Mittwochabend wirklich ankreiden lassen musste.
Im Rückspiel muss er ein ein besseres Händchen haben. Dann wollen sie auch ab der ersten Minute voll da sein. Lahm: “Es ist noch nicht vorbei! Wir haben noch ein Rückspiel und wissen, wie die Stimmung in der Allianz Arena sein kann, wenn unsere Fans mitgehen. Mit der Unterstützung haben wir sicher eine Chance, das Finale zu erreichen.”
Und Müller meinte:
Wir werden die Emotionen gut umwandeln und am Dienstag richtig einen raushauen. Und dann schauen wir, wofür es reicht.
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