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BVB gegen FC Barcelona: Mats Hummels hat recht in der Systemfrage

Luca Baier

Update 27/11/2019 um 18:34 GMT+1 Uhr

Nach dem Spiel gegen Paderborn haben sich die Dortmunder Führungsspieler unerwartet deutlich zur Taktik geäußert. Gerade bei der Arbeit gegen den Ball sehen Marco Reus und Mats Hummels Redebedarf. Um in der Champions League gegen den FC Barcelona bestehen zu können, muss das Zentrum wieder besser kontrolliert werden. Damit das gelingt, könnte Favre auf das von Hummels bevorzugte 4-1-4-1 umstellen.

Mats Hummels beim BVB

Fotocredit: Getty Images

Spieler reden mit Journalisten nicht oft über Taktik, Journalisten fragen Spieler nicht oft nach Taktik. Die Suche nach den Gründen dafür ist in etwa so mühselig wie die Frage nach der Henne und dem Ei.
Umso erstaunlicher waren die Äußerungen der Dortmunder Spieler nach dem Spiel gegen Paderborn in der Mixed-Zone. Marco Reus erklärte, dass man aktuell gar nicht so richtig wisse, wie Pressing gespielt werden soll. Mats Hummels, lobte die Umstellung während des Spiels auf ein 4-1-4-1, in dem Dortmund viel leichter pressen könne. "Ich belasse es dabei", sagte der Innenverteidiger anschließend vielsagend.
Diese Aussage darf getrost als Forderung an Lucien Favre gesehen werden. Und Hummels hat recht: Das 4-1-4-1 bietet viele Vorteile für den BVB – und zwar nicht nur am Mittwochabend beim FC Barcelona.

Die Schwächen in Dortmunds 4-2-3-1

In den vergangenen Wochen agierte der BVB im 4-2-3-1. Gegen den Ball wurde das System in der Regel zum 4-4-2 mit dem nominellen Zehner als zweiter Spitze. Ausgerechnet der Underdog aus Paderborn offenbarte nun die größten Schwächen dieses Systems.
Die Spieler des Aufsteigers bauten mit einer flachen Viererkette auf, die Außenverteidiger schoben also nicht hoch. Um Druck auf den Gegner ausüben zu können, rückten Dortmunds Flügelspieler vor, sodass man letztlich im 4-2-4 verteidigte. Paderborn blieb ruhig und ließ den Ball durch die Abwehrkette laufen. Mit Hilfe des spielstarken Torwarts lockten sie Dortmunds Offensivspieler immer wieder sehr weit nach vorne, um das Pressing mit einem kontrollierten langen Ball zu überspielen.
Die Dortmunder Doppelsechs Axel Witsel und Mo Dahoud hatte trotz nomineller Gleichzahl gegen die beiden gegnerischen zentralen Mittelfeldspieler Probleme, die großen Räume zu verteidigen. Paderborns Flügelspieler zeigten sich in den Räumen den BVB-Sechsern und sorgten so für Überzahlsituationen im Zentrum.
Um dies aufzufangen, mussten die Außenverteidiger immer wieder rausrücken und bis weit ins Mittelfeld an die Gegner heranschieben. Paderborn nahm diese Einladungen gerne an und spielte lange Bälle, um die Stürmer in direkte Duelle mit Hummels und Julian Weigl zu schicken – es gibt dankbarere Situationen für einen Innenverteidiger als das Verteidigen fast einer ganzen Spielfeldhälfte gegen einen sprintstarken Gegenspieler. Nicht auszudenken, wie das gegen den FC Barcelona aussehen würde.

Mehr Stabilität im 4-1-4-1

Der Vorteil am 4-1-4-1 ist der zusätzliche Mittelfeldspieler. Soll der Gegner hoch angelaufen werden, können die beiden Achter die gegnerischen Sechser direkt unter Druck setzen – trotzdem bleibt dahinter der eigene Sechser zur Absicherung. Gegen Barça ist dies extrem wichtig, da besonders Lionel Messi immer wieder von der rechten Seite ins Zentrum schleicht und zwischen den Linien angespielt werden will.
Der BVB-Stürmer muss im 4-1-4-1 zusammen mit den Flügelspielern Druck auf die Abwehrkette des Gegners ausüben. Eine oft genutzte Variante ist das Anlaufen des Innenverteidigers durch einen Flügelspieler. Dieser kommt von außen so "im Bogen" angelaufen, dass der ballführende Innenverteidiger des Gegners nicht nach außen, sondern nur zum anderen Innenverteidiger spielen kann.
Der folgende Querpass ist das Signal für den BVB-Mittelstürmer, um mit Tempo anzulaufen. Nur wenn Timing und Intensität stimmen, kann man in dieser Zone in Unterzahl trotzdem für Druck sorgen – und dafür die so wichtige Überzahl im Zentrum zu haben.

Halbräume offensiv besser besetzt

Auch in Ballbesitz käme Dortmund die Umstellung auf ein 4-1-4-1 entgegen. Gegen hoch pressende Gegner sind die 8er wichtige Optionen, um das Pressing auch mal lang zu überspielen. Ein üblicher Ablauf ist hier das Entgegenkommen des Flügelspielers, der den gegnerischen Außenverteidiger aus der Position zieht. Gleichzeitig geht dann ein Dortmunder Achter in die Tiefe.
Gegen abwartende, kompaktere Gegner sind die Halbräume im 4-1-4-1 besser besetzt als im 4-2-3-1. Die offensiven Mittelfeldspieler positionieren sich zwischen dem Raum am Flügel und dem Zentrum. So kann die Seite schneller gewechselt werden, da die Passdistanzen kürzer sind. Zum Vergleich: Im 4-2-3-1 muss der Flügelspieler meistens über einen der Sechser oder sogar die Innenverteidiger spielen, um die Verlagerung vorzubereiten – der Zehner ist im Zentrum nämlich so gut wie nie anspielbar, wenn der Ball am Flügel ist.
So können die Dribbler um Jadon Sancho durch einen nur wenige Meter entfernten Spieler unterstützt werden, sowohl als Option für den Rückpass als auch für einen schnellen Doppelpass. Gerade Akteure wie Julian Brandt haben in diesen Räumen ihre großen Stärken, auch Reus kann diese Position spielen.
Eurosport-Check: Die Leistung gegen Paderborn war ein weiteres Symptom des 4-2-3-1, das in den vergangenen Wochen immer wieder die gleichen Schwächen offenbart hatte. Spätestens die offenen Worte von Reus und Hummels nach dem Spiel dürften das vorläufige Aus für diese Formation bedeuten. Das 4-1-4-1 bietet dem BVB gegen den Ball zusätzliche Absicherung, klarere Abläufe und im Offensivspiel eine bessere Raumaufteilung. Und das nicht nur gegen Underdogs wie Paderborn, sondern auch gegen Topteams wie Barcelona.
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