Einzelkritik: Bayern belohnt sich nicht

Manuel Neuer: Erlebte über lange Strecken der regulären 90 Minuten wieder mal eine geruhsame Spätschicht. In der ersten Hälfte völlig beschäftigungslos, bekam erst in der 75. Minute den ersten Schuss aufs Tor - und der war drin. Weltklasse seine Parade gegen Marco Reus (82.). Dann verschoss der Welttorhüter den entscheidenden Elfmeter.

Mitchell Weiser: Kämpft weiter selbstbewusst und engagiert um einen neuen Vertrag. Sorgte mit hoher Laufbereitschaft und gelungenen Einzelaktionen für viel Unruhe auf der rechten Seite, verstand sich gut mit Philipp Lahm. Sehr diszipliniert in der Defensive, verlor aber vor dem Ausgleich Henrikh Mkhitaryan aus den Augen, der ohne Gegenwehr flanken durfte.

Jérôme Boateng: Der Abwehrchef hielt die Abwehr souverän zusammen. Stark im Zweikampf und Stellungsspiel, überragend seine Spieleröffnung. Meldete BVB-Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang im Verbund mit Medhi Benatia fast komplett ab - bis zu der einen Szene, die zum Ausgleich führte.

Medhi Benatia: Der Marokkaner feierte ein ordentliches Comeback nach knapp dreiwöchger Verletzungspause. Leitete mit einem herrlichen 50-Meter-Pass auf Robert Lewandowski die Führung ein. Wurde trotz fehlender Spielpraxis und Spritzigkeit überraschend nie unter Druck gesetzt, baute mit zunehmender Spieldauer kräftemäßig ab.

Rafinha: Der Einsatz des angeschlagenen Brasilianers war bis zuletzt fraglich. Bewies selbst auf der für ihn so ungewohnten Position als Linksverteidiger seinen großen Wert für die Bayern. Löste seine Aufgaben in der Defensive überzeugend, zudem ein Aktivposten im Spiel nach vorn. Gegen Ende rotgefährdet.

Philipp Lahm: Der Kapitän nähert sich rechtzeitig zu den Saisonhöhepunkten seiner Topform. Bewegte sich geschickt zwischen den Ketten und war so immer anspielbar - egal, ob auf der rechten Seite oder im Zentrum. Gewohnt passsicher, starker Auftritt des Routiniers. Rutschte als erster Elfmeterschütze aus und schoss drüber.

Xabi Alonso: Erhielt den Vortritt vor Bastian Schweinsteiger, der zunächst missmutig auf der Bank sass. Interprettierte seine Rolle eher defensiv, hatte trotzdem die meisten Ballkontakte aller Bayern. Garantierte lange die nötige Stabilität zwischen Defensive und Offensive. Auch bei ihm schwanden nach dem 1:1 die Kräfte. Rutschte als zweiter Elfmeterschütze ebenfalls aus und hämmerte den Ball in den Nachthimmel.

Thiago (bis zur 68.): Kaum zu glauben, dass der kleine Spanier nach einer mehr als einjährigen Verletzungspause schon wieder so gut drauf ist. Das Halbfinale war erst sein neuntes Pflichtspiel. Der Edeltechniker variierte geschickt das Tempo, vergab das 2:0 aus aussichtsreicher Position. Als er ging, verloren die Bayern den Faden.

Juan Bernat: Seine Konstanz auf hohem Niveau ist bemerkenswert. Extrem engagiert, war sich für keinen Laufweg zu schade. Nutzte seinen Platz für gefährliche Flankenläufe. Erinnert mehr und mehr an den Franzosen Bixente Lizarazu.

Thomas Müller (bis zur 76.): Ein typischer Müller-Auftritt. Der Dauerläufer war überall zu finden und traute sich sogar einen No-Look-Pass zu. Riss viele Lücken, vor allem für seinen Offensivpartner Robert Lewandowski. Etwas glücklos im Abschluss, wurde ausgepumpt ausgewechselt.

Robert Lewandowski: Großes Kino, wie sich der Pole erneut gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber präsentierte. Kaum vom Ball zu trennen, starke Präsenz im Sturmzentrum. Machte abgezockt das 1:0 und traf im zweiten Durchgang nur die Latte. das 2:0 wäre die Entscheidung gewesen. Nach einem Zusammenprall am Ende benommen.

Arjen Robben (ab 68. – bis 84.): Fünf Wochen musste er wegen eines Bauchmuskelrisses pausieren – Trainer Pep Guardiola ging das Risiko und brachte ihn. Nur 16 Minuten nach seiner Einwechslung wurde er mit Wadenproblemen wieder rausgenommen.

Bastian Schweinsteiger (ab 76.): Sollte eigentlich mithelfen, die Führung über die Zeit zu bringen, aber die Bayern verloren in den letzten 20 Minuten der regulären Spielzeit mehr und mehr den Rhythmus. Auch der Routinier konnte keine Impulse setzen - und versemmelte in der Verlängerung zwei Hochkaräter aus fünf Metern völlig ungestört per Kopf.

Mario Götze (ab 84.): Ähnlich wie Bastian Schweinsteiger wirkte auch der WM-Finalheld verstimmt über seine anfängliche Degradierung zum Ersatzspieler. Fand keine wirkliche Bindung und konnte sich für die Kracher gegen Barcelona nicht empfehlen. Zum allem Unglück vergab er auch noch als dritter Elfmeterschütze.