FC Bayern: Jupp Heynckes tritt ab - ohne letzte Krönung

Eintracht Frankfurt verdirbt Jupp Heynckes seinen vierten und diesmal endgültigen Abschied vom FC Bayern München. Durch eine Pleite im DFB-Pokalfinale steht der Meister als Single da und Trainer Heynckes trotzdem als Mann des Jahres. In der nicht eben ereignisarmen Klub-Historie rangiert der 73-Jährige sehr weit oben - wegen der Erfolge, vor allem aber aufgrund seiner Attitüde.

Jupp Heynckes vom FC Bayern

Fotocredit: Getty Images

Da stand er nun, die Hände vorm Körper verschränkt, den Blick starr nach vorne gerichtet. Und so sehr sich Karl-Heinz Rummenigge mühte, den unterkühlten Ostwestfalen in ihm zu einem schalschwenkenden JuppJuppJupp-Groupie zu erwecken: So richtig heimelig schien sich JuppJuppJupp, Nachname Heynckes, eher nicht zu fühlen.
Seine Mimik vermittelte den Eindruck, dass er lieber ganz woanders wäre, am liebsten bei Haus und Frau und Hund.
In der Hauptstadtrepräsentanz der Telekom in Berlin hatten sie Heynckes einen bayernroten Teppich ausgerollt, der Trainer hatte zum Volk gesprochen, und das Volk hatte herzig applaudiert. Dann wurden Schals verteilt, auch Rummenigge nahm sich einen und schwenkte zu den Klängen von Andrea Bocellis "Time To Say Goodbye" im Takt.
Heynckes ertrug es mit professionellem Pragmatismus.

"Der größte Trainer, den Deutschland gesehen hat"

"Eintracht Frankfurt hat verdient gewonnen", sagte Rummenigge über das DFB-Pokalfinale, das Heynckes seinen vierten - und, ja, letzten - Abschied vom FC Bayern verdarb. Frankfurt bezwang München mit 3:1, "sie haben ein Stück mehr Wille reingelegt und wollten mit aller Gewalt gewinnen. Diesen kleinen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen", erkannte Rummenigge.
So steht der Meister zum Heynckes-Ende als Single da, was Sven Ulreich stellvertretend bedauerte:
Rummenigge ergänzte: "Der Einzige, der mir leidtut, ist Jupp. Er geht jetzt in den mehr als verdienten Ruhestand." Frankfurts Niko Kovac beeindruckte Heynckes mit flottem Fußball, ab Sommer übernimmt er dessen Posten. "Jupp hat mir gratuliert, ich habe mich bei ihm entschuldigt", sagte Kovac.

Heynckes ist charismatisch, charakterstark, cool

König Jupp IV. tritt ab - ohne Krönung, aber mit Würde, wie immer. Dieser verweigerte Elfmeter in der Nachspielzeit, der eine Verlängerung hätte bewirken können? Alle moserten, Heynckes kommentierte sachte: "Ich habe mich in meiner gesamten Laufbahn nie über den Schiedsrichter geäußert. Man muss eine Niederlage anerkennen."
Als der damals 72- und heute 73-Jährige im Oktober seinen Hilfsdienst begann, hatte Bayern fünf Punkte Rückstand auf den Tabellenführer, der Borussia Dortmund hieß. Ein paar Monate später sind es 21 Zähler Vorsprung auf Schalke 04. Beim Dauer-Meister, dessen Dauer-Meisterschaften gar nicht so selbstverständlich sind wie die Öffentlichkeit glaubt, hat sich ziemlich viel getan.
"Es hat mir Spaß gemacht, an der Säbener Straße mit der Mannschaft zu arbeiten", sagte Heynckes. Bevor er sonntags auf dem Münchner Rathausbalkon end-endgültig tschö sagte ("Wahnsinn, wie viele Fans hier sind"), plauderte er etwas über das Leben und Streben eines Bayern-Trainers im Rentenalter:
In der nicht eben ereignisarmen Historie dieses Münchner Fußballklubs rangiert der gebürtige Mönchengladbacher sehr weit oben - wegen der Erfolge, vor allem aber aufgrund seiner Attitüde, die charakterstark und charismatisch daherkam. Zuletzt sogar cool. Richtig cool.

Heynckes: "Dann mache ich, worauf ich Lust habe"

"Mit 73 weiß man nicht, wie lange man noch hat", sagte Heynckes.
Nachfolger Kovac wünschte "alles Gute für seine Zukunft", auch Joshua Kimmich sollte noch weise Worte beitragen. Diese Idee fanden alle gut außer Kimmich: "Ich glaube nicht, dass ihm ein 23-Jähriger da so viel auf den Weg geben kann."
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