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Deutschland löst EM-Ticket: jetzt beginnt Joachim Löws Auslese

Patrick Strasser

Update 17/11/2019 um 13:00 GMT+1 Uhr

Mit einem zunächst holprigen, aber dann doch überzeugenden 4:0 gegen Weißrussland sichert sich die deutsche Nationalmannschaft das Ticket für die EM 2020. Nun beginnt für Bundestrainer Joachim Löw das große Ausmisten. Wer ist fix dabei, wer hat beste Aussichten? Und: Wer wackelt? Wer ist raus? Warum Ginter plötzlich eine Stütze ist und andere ganz raus scheinen. Ein Kader-Rundgang beim DFB-Team.

Bundestrainer Joachim Löw mit Koch, Klostermann, Kimmich, Serdar

Fotocredit: Imago

Freut man sich über einen Pflichtsieg? Jubelt man bei einer Selbstverständlichkeit? Ja, schon. Aber wohl mehr nach innen. Während die Österreicher ihre Qualifikation für die EM-Endrunde nächsten Sommer mit fetten Bierduschen aus fetten Tonkrügen feierten, blieben Spieler und Funktionäre der deutschen Nationalelf nach Überschreiten der Ziellinie erstaunlich nüchtern. Joshua Kimmich gab zu:
Ausgelassen haben wir jetzt nicht gefeiert.
Dabei lief der Samstagabend für das DFB-Team fast perfekt. Selbst bezwang man nach zäher erster Halbzeit letztlich überlegen und souverän Weißrussland mit 4:0. Durch das 0:0 der Nordiren gegen die Niederlande kletterte Deutschland auf Rang eins der Quali-Gruppe.

"Wir haben unser Ziel erreicht", freute sich Bundestrainer Joachim Löw nach der Pflichterfüllung in Mönchengladbach, "die Mannschaft hat gut gespielt. Wir haben einige gute Kombinationen gezeigt und vier Tore erzielt. Sicher war nicht alles perfekt, aber unter dem Strich bin ich sehr zufrieden." Mit seiner verjüngten Mannschaft geht Löw in sein siebtes Turnier, den Anführern um Kapitän Manuel Neuer und Spielmacher Toni Kroos, gemeinsam 2014 Weltmeister, fehlt noch der EM-Titel in der reichen Trophäensammlung.
"Wir sind auf einem ordentlichen Weg, zählen aktuell aber nicht zu den EM-Favoriten", erklärte Kroos nach dem 4:0, zu dem er zwei überragende Tore beigesteuert hatte. Das denkt er ganz wie sein Chef. "Ich denke jetzt nicht, dass wir zu den absoluten Topfavoriten gehören", meinte Löw, "ich würde es vielleicht mal ein bisschen vergleichen mit der jungen Mannschaft 2010, die auch kurz vor dem Turnier zusammengefunden hat." Und damals in Südafrika mit ihrer frechen Spielweise Herzen eroberte, am Ende Dritter wurde.
Das einzig Positive an der enttäuschenden Zuschauerkulisse von lediglich 33.164 Fans in Gladbach war die Choreografie vor Anpfiff in der Nordkurve. Mit dem Schriftzug "London 20" wurde das Ziel, das Erreichen des Finals in der erstmals in 12 Ländern ausgetragenen EM formuliert. Darüber ein Banner mit den Worten:
Alle Träume können wahr werden, wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen.
Das könnte das Leitmotiv werden für alle Kandidaten, die sich Hoffnungen machen in Löws 23-Mann-Kader im Sommer 2020 zu stehen.
Die Kader-Übersicht nach Mannschaftsteilen: Wer ist fix dabei, wer hat beste Aussichten? Und wer wackelt? Wer ist raus?

Torhüter: Aussichtslos für ter Stegen

Manuel Neuer erlebte gegen die Weißrussen eine Premiere in seiner Karriere. Erstmals in einem Pflichtspiel hielt er einen Elfmeter während des normalen Spielverlaufs und nicht erst im Elfmeterschießen. Der Bayern-Torhüter ist nach dem Dekret von Löw die unumstrittene Nummer eins. Sein Rivale und Stellvertreter Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona bekommt das Dienstagsspiel gegen die Nordiren und damit ein wenig Matchpraxis im DFB-Trikot. Ein Geschenk gegen den Groll der Aussichtslosigkeit.
Als dritter Torhüter und somit wichtige Trainingsstütze wird wohl Bernd Leno (FC Arsenal) den Vorzug vor Kevin Trapp erhalten, der in Frankfurt noch bis zur Winterpause wegen einer Schulterverletzung fehlt.
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Löw lobt Torschütze Ginter nach Zaubertor: "Er hat, was wir wollen"

Abwehr: Ginter der Chef - Hector ohne Chance

Der als Abwehrchef und Leitfigur eingeplante Niklas Süle vom FC Bayern fällt wegen eines Kreuzbandrisses ziemlich sicher aus. In diese Rolle könnte nun Gladbachs Matthias Ginter drängen, der gegen Weißrussland das 1:0 erzielte, sein erster Länderspieltreffer im 29. Match. „In der Öffentlichkeit wird er ein bisschen unterschätzt, bei uns hat er die Sache immer gut gemacht“, lobte ihn Löw am Samstag, „er ist sehr zuverlässig, fußballerisch sehr gut. Er hat sich defensiv in den letzten Jahren nochmal gesteigert.“ Antonio Rüdiger vom FC Chelsea ist ebenfalls als Innenverteidiger gesetzt, wenn ihn nicht schon wieder eine Verletzung stoppt.
Die Leipziger Außenverteidiger-Zange Lukas Klostermann und Marcel Halstenberg scheint gesetzt. Ebenso Halstenbergs Linksverteidiger-Konkurrent Nico Schulz vom BVB. Auf wackligen Beinen stehen die EM-Teilnahmen von Jonathan Tah, Thilo Kehrer, Robin Koch und Niklas Stark, der als DFB-Pechvogel der letzten Monate immer noch auf sein Debüt wartet.
Ohne Chance: Linksverteidiger Jonas Hector vom 1. FC Köln sowie Mats Hummels, den Löw kurz vor dem Turnier 2020 nur dann nominieren würde, wenn eine Abwehrspieler-Epidemie ausbräche.
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Ginter verrät: Das Hackentor "wollte nicht jeder glauben"

Mittelfeld: Handwerker ergänzen Künstler

Kimmich ist Löws uneingeschränkter Fixpunkt als Sechser, Kroos soll den Spielmacher geben. Im 4-3-3-System von Löw ist dann noch ein Platz im Zentrum frei. Um diesen Platz streiten sich Ilkay Gündogan und Leverkusens Mega-Talent Kai Havertz, der ebenfalls sicher mit an Bord sein wird. Suat Serdar vom FC Schalke und Nadiem Amiri (Leverkusen), die im Oktober ihr Debüt gefeiert hatten, haben wohl kaum eine Chance. Als Kader-Auffüller kommen Emre Can und Sebastian Rudy in Frage, sehr zuverlässige "Handwerker".
Leon Goretzka kann als Achter oder auf dem rechten Flügel agieren. Sein Ticket ist gebucht und abgestempelt.
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Goretzka trotz 4:0-Sieg: "Weiter Weg zu gehen"

Außenstürmer: BVB-Duo gesetzt, Draxler wohl raus

Marco Reus hat eine Leaderrolle in der Mannschaft, der BVB-Kapitän ist ein wichtiger Ansprechpartner von Löw. Julian Brandt, bei der für den DFB katastrophalen WM in Russland nur Kurzzeitjoker, hat an Ansehen und Qualität gewonnen. In der flexiblen Offensive der Nationalelf tauschen die Außenstürmer auch immer mal die Seite, um unberechenbarer zu sein. Serge Gnabry ist der flexibelste aller Stürmer bei Löw, daher gesetzt. Über den Bayern-Angreifer sagte der Nationaltrainer: "Bei mir spielt der Serge immer!" - also Stammplatzgarantie.
Leroy Sané kämpft nach seinem Kreuzbandriss Anfang August in der Reha um sein EM-Ticket. Die aktuelle Prognose besagt, dass der Außenstürmer von Manchester City, den die Bayern unbedingt - vielleicht schon im Winter-Transferfenster - verpflichten wollen, im April sein Comeback geben könnte. Wird knapp, auch in Sachen Top-Form. Dagegen ist Julian Draxler (PSG) wohl ganz raus.
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Julian Draxler im DFB-Team

Fotocredit: Getty Images

Mittelstürmer: Werner als Solist

Einen richtigen Brecher hat Löw nicht im Kader. Timo Werner, erfolgreichster deutscher Torschütze in der bisherigen Saison, kommt lieber über den linken Flügel, kann aber auch vorne zentral agieren. Luca Waldschmidt, der im Oktober seinen Einstand feierte, erlitt als Joker gegen Weißrussland bei einem Zusammenprall eine Gehirnerschütterung, verbrachte die Nacht im Krankenhaus. Angesichts der Angreifer Werner, Gnabry, Brandt und Reus dürfte Waldschmidt die EM im TV verfolgen.

Am Dienstag geht es in Frankfurt gegen Nordirland (ab 20:45 Uhr im Eurosport-Liveticker). Da zeitgleich die Niederländer den absoluten Außenseiter Estland empfangen und drei Punkte verbuchen werden, muss die DFB-Auswahl ihr Heimspiel gewinnen, um Gruppenerster zu bleiben. Das würde Deutschland vor der Auslosung der Vorrundengruppen in Topf eins spülen. Damit würde man einem der Platzhirsche aus dem Wege gehen.
Heißt: Ein wenig Extra-Motivation. Für den Kampf um die Plätze und die EM-Tickets sowieso.
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