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Drei Dinge, die bei Polen gegen Deutschland auffielen: Der Druck auf Bundestrainer Hansi Flick steigt

Daniel Rathjen

Update 17/06/2023 um 09:08 GMT+2 Uhr

Die deutsche Nationalmannschaft von Bundestrainer Hansi Flick hat drei Tage nach dem glücklichen 3:3 gegen die Ukraine mit einer Niederlage gegen Polen einen neuen Rückschlag erlitten. Vorne zu fahrig, hinten bei einem Standard zu unaufmerksam. Vor dem Test gegen Kolumbien am Dienstag gibt es viele Fragen und wenig Hoffnung in Bezug auf die nahende Heim-EM 2024. Drei Dinge, die auffielen.

Deutschland verlor in Polen 0:1

Fotocredit: Imago

Die Alarmsirenen schrillen ein Jahr vor der Heim-EM immer lauter. Die deutsche Nationalmannschaft fiel beim Härtetest gegen Robert Lewandowskis Polen durch und ist weiter verzweifelt auf der Suche nach ihrer Form.
Das bittere 0:1 (0:1) setzt den angeschlagenen Bundestrainer Hansi Flick aller Treueschwüre zum Trotz noch stärker unter Druck, die Zweifel wachsen.
Die runderneuerte DFB-Auswahl spielte dominant, aber mit zu wenig Tempo. Flick bleibt nach seiner vierten Niederlage nur noch das Duell mit Kolumbien am Dienstag (20:45 Uhr im Liveticker) in Gelsenkirchen, um vor der Pause bis September etwas Ruhe und EM-Hoffnung zu erzeugen.
Jakub Kiwior (32.) schenkte Polen den erst zweiten Sieg über Deutschland im 22. Duell. Lewandowski wurde zur Pause ausgewechselt, seine Kollegen verteidigten den Vorsprung mit viel Leidenschaft und Geschick. Drei Dinge, die uns auffielen.

1.) Deutschland, wir haben ein Trainer-Problem

Mehr als Stückwerk war es nicht, was die deutsche Nationalmannschaft gegen Polen bot. Die Leistung war nur stückweise gut, über große Stücke des Spiels aber auch einfach schlecht. Von Stückwerk zu "Flickwerk" ist der Weg nicht weit. Natürlich, es waren TESTspiele. Aber wo bleibt die Euphorie? Wo ist der Esprit? Wo sind die Innovationen, die Ideen und vor allem die Leidenschaft, die vor der schnell nahenden Heim-EM 2024 die Fans von den Sitzen holen soll?
Die Namen der Spieler und ihre individuellen Qualitäten sind groß, doch was sie auf dem Rasen zeigen, steht oft im kompletten Gegensatz dazu. Dafür steht Hansi Flick in der Verantwortung. Nach wiederholt dürftigen Leistungen seiner Mannschaft steht er jetzt zusätzlich im Auge eines Wirbelsturms der Diskussionen, der immer stärker wird. Die Kritik an Flick wird unweigerlich lauter und hat das Potenzial, sich zum echten Problem für den DFB zu entwickeln.
Auch die Verantwortlichen werden sich die Frage stellen: Hat Flick wirklich das Zeug, das Feuer zu entfachen? Gibt es Alternativen? Eine spielerische Identität hat Flick seinem Team noch nicht verpasst. Er probiert viel, aber ein bestimmter Stil der DFB-Elf lässt sich kaum erfassen, er wirkt momentan wie eine Mischung aus Sicherheitspässen, Verunsicherung und Planlosigkeit in der Offensive. Jede Niederlage ist ein zusätzlicher Dämpfer. Ein Negativ-Lauf ist gefährlich. Klar ist auch, dass Flicks Brandrede für Kimmich mit dem Michael-Jordan-Vergleich beiden eher geschadet als genützt hat.
Sein Bild in der Öffentlichkeit ist angekratzt - und selbst bei einem klaren Sieg gegen Kolumbien am Dienstag stünde Flick nach drei Test-Länderspielen nicht als Gewinner da. "Wir sind in einer Phase, die nicht so leicht ist, aber wir werden da rauskommen. Wir werden nächstes Jahr im Juni eine Mannschaft haben, die funktioniert", sagte Flick selbstbewusst. Es gibt jedoch weiter viele offene Fragen. Und eine Trainerfrage.
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Immer mehr in der Bredouille: Bundestrainer Hansi Flick

Fotocredit: Imago

2.) Alle ein bisschen mehr Gosens, bitte!

Es bringt nichts, es schön zu reden. Es gibt wenig Fortschritt beim DFB. Die sogenannte "Offensive" Deutschlands mit Florian Wirtz, Kai Havertz, Jamal Musiala versprühte vor allem in der ersten Halbzeit erschreckend wenig Gefahr. Die DFB-Elf war zunächst um Stabilität bemüht, suchte kaum das Risiko, sondern eher die sichere Quer- oder Rückpass-Variante. "Der Moment, in dem man auch mal schnell nach vorne spielen kann, wurde oft verpasst", analysierte DFB-Experte Bastian Schweinsteiger.
Der Plan war zu simpel, als dass er die Polen vor echte Herausforderungen stellte. Ball zu Musiala - und hoffen, dass er sich etwas Kreatives einfallen lässt. Dadurch, dass er aggressiv attackiert wurde, war aber auch der Plan obsolet. "Da waren wir zu fahrig", sah auch Flick.
Erst im zweiten Abschnitt wurde es etwas besser, weil vor allem der eingewechselte Robin Gosens mit seiner unverwechselbaren Attitüde demonstrierte, was seinen Kollegen fehlte. Er brachte Dynamik, Mut und Entschlossenheit ins Spiel, dachte nicht viel nach, sondern "machte" einfach. Mit ihm ging ein Ruck durchs Team, die stärkste Drangphase entstand, in der unter anderem Kimmich die Latte traf. Gosens suchte auch das Eins-gegen-Eins.
Das war zuvor kaum bei niemandem sichtbar gewesen. "Mir war klar, wenn ich spiele, da muss Feuer sein, das habe ich ganz okay gemacht, denke ich", urteilte Gosens selbst und ergänzte: "Ich hatte gehofft, dass wir ein Erfolgserlebnis feiern, dass wir endlich dahin kommen, dass das ganze Land hinter uns steht. Jeder weiß, das läuft nur über Siege. Wir müssen auf der zweiten Halbzeit aufbauen, da hatten wir ein gutes Positionsspiel und haben uns Chancen kreiert."
Wenn in Zukunft doch nur alle ein bisschen mehr "Gosens"-Feuer hätten, der Hoffnungsschimmer am EM-Horizont könnte vielleicht doch noch zum Leuchtfeuer werden. "Wir müssen es schaffen, vorne einfache Tore zu machen und hinten die Null zu halten. Diese Balance müssen wir finden. Die Qualität, die ich jeden Tag im Training sehe, müssen wir jetzt auch auf dem Platz sehen", gibt Kimmich die Richtung vor.
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Robin Gosens (r.) hinterließ nach seiner Einwechslung einen starken Eindruck

Fotocredit: Getty Images

3.) Debütant Thiaw: Das war stark

Malick Thiaw feierte gegen Polen sein Länderspiel-Debüt - ein voller Erfolg. Der 21-jährige Ex-Schalker, der für den AC Mailand spielt, lieferte eine bemerkenswerte Leistung ab. Flick hatte ihn ins Abwehrzentrum beordert, dort agierte der 1,91-Meter-Hüne souverän und umsichtig. Robust im Zweikampf, athletisch im Antritt und beinahe auch als Torschütze erfolgreich.
Thiaw verdiente sich damit sogar ein Sonderlob von Flick: "Er hat ein richtig tolles Spiel gemacht", sagte er und nahm diese Erkenntnis quasi sogar als die wichtigste des Tages mit. "Wir haben mit ihm einen jungen Spieler, der auf sehr hohem Niveau spielen kann." Auch Real-Verteidiger Antonio Rüdiger gefiel das, was er von Thiaw sah: "Er ist sehr gut reingekommen, hat Persönlichkeit und ein sehr gutes Spiel gezeigt."
Von Schweinsteiger gab es neben einigen lobenden Worten aber indes auch etwas Kritik. Das Abwehrverhalten beim Gegentor stieß ihm bitter auf: "Da erwarte ich von ihm, dass er den Ball entschlossener im Raum verteidigt, da hätte er mit dem Kopf hingehen müssen."
Grundsätzlich besticht Thiaw aber schon mit Wucht und seiner Größe. Auch die Ruhe am Ball und seine Übersicht sind hervorzuheben. Sein erster DFB-Auftritt wird garantiert nicht sein letzter gewesen sein.
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