EM 2024 - Spanien erfindet sich mit großem Erfolg neu: Mehr Variabilität, dafür weniger Barca und Real Madrid
Update 15/07/2024 um 18:07 GMT+2 Uhr
Spanien hat England im Endspiel von Berlin mit 2:1 in die Knie gezwungen und zum vierten Mal die Europameisterschaft gewonnen. Damit sind die Iberer Rekordchampion auf dem Kontinent. Doch mit der typischen Spielweise und dem Stil der früheren Generation, die zwischen 2008 und 2012 den Weltfußball dominierte, hat die aktuelle Auswahl von Nationaltrainer Luis de la Fuente nur noch wenig gemeinsam.
Yamal nach EM-Triumph: "Gibt kein schöneres Geburtstagsgeschenk"
Quelle: MagentaTV
Nico Williams hatte eine Vorahnung. Bereits vor der Europameisterschaft - als Spanien im Gegensatz zu England, Frankreich und Gastgeber Deutschland nur höchstselten als Favorit genannt wurde - tönte er: "Wir können Europameister werden."
Der 22-jährige Flügelspieler sollte Recht behalten. Mit dem 2:1 im Finale gegen England machte Spanien den Titel perfekt. "Das ist eine einzigartige Mannschaft, alle ziehen in die gleiche Richtung", sagte Williams nach dem Triumph.
Nationaltrainer Luis de la Fuente sah seine Mannschaft nicht unbedingt als Titelanwärter Nummer eins. "Ich denke nicht, dass wir der Favorit waren", gab er ehrlich zu.
"Ich wollte einfach nur, dass meine Mannschaft gut mithalten kann. Das hat sie geschafft. Diese Gruppe von Spielern ist eine tolle Mannschaft. Sie sind unermüdlich und werden sich weiter verbessern. Sie machen meine Arbeit so viel einfacher."
Tiki-Taka war einmal - de la Fuente setzt auf neue Stärken
Früher stand der spanische Fußball für Tiki-Taka - also Ballbesitz pur. Dies hat sich unter Trainer de la Fuente geändert. Im Finale gegen England waren die Spanier zwar dominant und hatten 65 Prozent Ballbesitz. Doch sie können auch anders: Im Viertelfinale gegen Deutschland, das sie in der Verlängerung mit 2:1 gewannen, hatten die Iberer lediglich 48 Prozent Ballbesitz. Beim 3:0-Auftaktsieg gegen Kroatien sind es nur 47 Prozent gewesen.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/07/15/4003212-81239948-2560-1440.jpg)
Rekorde, Rekorde, Rekorde: Spanien feiert vierten EM-Titel
Quelle: Perform
De la Fuente setzte bewusst auf ein variables Spiel: "Wir wollten unsere Stärken hervorbringen. Das ist einmal Ballbesitz und Spielkontrolle - aber nicht nur. Wir wollten auch noch mehr Dynamik und ein schnelles Umschaltspiel einbringen, denn wir haben viele schnelle Spieler. So gaben wir der Mannschaft unterschiedliche Charaktere. Wir haben das Rad nicht neu erfunden. Wir haben einfach versucht, das Beste aus den Spielern herauszuholen."
Mehr Bilbao als Barcelona und Madrid
Die gegnerischen Mannschaften wussten vorher nie, was für ein Spanien sie erwartet. "Wir können ein Spiel im Ballbesitz kontrollieren, wir können schnell über die Flügel spielen, wir sind hinten gut organisiert. Und dann hatten wir auch noch einen super Torwart. Wir konnten auf jede Situation gut reagieren. Wir haben eine tolle Generation an Spielern", lobte der Trainer.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/07/15/4003264-81240988-2560-1440.jpg)
Olmo nach EM-Titel: "Wenn ich das jetzt nicht schaffe ..."
Quelle: MagentaTV
Früher war Spanien von Akteuren geprägt, die für den FC Barcelona oder Real Madrid spielen. Heute kommen sie aus ganz unterschiedlichen Vereinen zusammen. In Daniel Carvajal stand im Finale nur ein Profi von Real Madrid in der Startelf, in dem 17-jährigen Lamine Yamal zudem nur ein Spieler des FC Barcelona. Selbst Athletic Bilbao war mit Torwart Unai Simon und Flügelspieler Williams stärker in der Anfangsformation vertreten.
Zum Vergleich: Beim siegreichen WM-Finale 2010 stand in Joan Capdevila nur ein einziger Spieler in der Startelf, der im Jahre 2010 nicht bei Real Madrid oder dem FC Barcelona unter Vertrag war. Der Respekt, den die Gegner vor Spanien haben, ist heute allerdings nicht geringer als damals - im Gegenteil.
England stellte Formation für Williams und Yamal um
Die englische Mannschaft, die den vermutlich teuersten Kader der Europameisterschaft hatte, stellte ihre Formation extra von Dreier- auf Viererkette um, damit die schnellen Flügelspieler Williams und Yamal besser in den Griff zu bekommen sind. In den ersten 45 Minuten klappte das gut - danach nicht mehr. Williams erzielte direkt nach Wiederanpfiff infolge einer Vorarbeit von Yamal das 1:0.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/07/15/4003297-81241648-2560-1440.jpg)
Rodri bester Spieler der EM: Spanier gibt sich bescheiden
Quelle: Perform
Der Torschütze empfindet es als Kompliment, dass die Gegner sich mittlerweile an ihn und Yamal anpassen: "Am Ende ist es schmeichelhaft. Ich versuche immer, das Beste zu geben. Es ist sicherlich nun so, dass die Leute mich jetzt kennen. Dafür arbeite ich jeden Tag. Ich versuche, der Beste auf meiner Position zu sein."
Nationaltrainer de la Fuente würde sich freuen, wenn seine Mannschaft der Gesellschaft als Vorbild dienen kann. "Der Fußball vermittelt Werte. Ich weiß nicht, ob wir die Gesellschaft verändern können. Aber ich hoffe, dass junge Leute unsere Spieler als Menschen ansehen, die wirklich hart arbeiten. Ich hoffe, dass junge Leute dadurch erkennen, was man im Leben alles erreichen kann", sagte er. "Wir hatten Spieler und Veteranen in der Mannschaft, die gemeinsam gearbeitet haben."
Williams zur WM 2026: "Bereit für nächste Herausforderung"
Vor der Europameisterschaft mag Spanien für viele kein Topfavorit gewesen sein. Vor der Weltmeisterschaft 2026 in Nordamerika wird dies anders sein. Nationaltrainer de la Fuente dürfte der Mannschaft bis dahin erhalten bleiben. "Wir werden den Vertrag verlängern, da mache ich mir keine Sorgen", sagte der Coach.
Williams, der bei der WM 2026 mit 24 Jahren im besten Fußballer-Alter sein wird, richtete den Blick bereits nach vorne: "Wir haben jedes Spiel bei dieser WM gewonnen. Jetzt sind wir für die nächste Herausforderung bereit."
Für die anderen Nationen dürfte dies wie eine Drohung klingen.
Das könnte Dich ebenfalls interessieren: Die Leiden des Harry Kane - am Tiefpunkt angekommen
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/07/15/4003261-81240928-2560-1440.jpg)
Siegtorschütze Oyarzabal mit Tränen im Interview: "Wie eine Familie"
Quelle: MagentaTV
Werbung
Werbung