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WM 2018: Portugal und Spanien bieten die Kür vor der Pflicht

Johannes Mittermeier

Update 17/06/2018 um 15:16 GMT+2 Uhr

Portugal und Spanien begeistern beim 3:3 zum WM-Auftakt in Russland. Cristiano Ronaldo rettet den Europameister per Hattrick, aber Portugal hat mehr zu bieten als die Naturgewalt CR7. Indes zeigt Spanien frische Elemente - und keine Folgeschäden durch den Trainerwechsel. Letztlich liefern beide ein Spiel wie ein Finale, viel besser wird's nicht. Eigentlich ist es sogar die Kür vor der Pflicht.

Portugal - Spanien

Fotocredit: Getty Images

Also zog sich Cristiano Ronaldo den Hosenbund hoch, er fixierte Ball wie Tor mit Stechblick und fuhr die Atmung herunter. Sein Brustkorb bebte nicht, er hob und senkte sich dezent. Volle Konzentration auf den Punkt.
Und dann Krawumm!
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Cristiano Ronaldo bei Portugal - Spanien

Fotocredit: Getty Images

Das Meisterwerk des Meisters aus Minute 88 dieses spektakulären WM-Spiels zwischen Portugal und Spanien kulminierte im geeignetsten dramaturgischen Schema: Mit einem Freistoß, der über die Köpfe der Spanier und am regungslosen Keeper David de Gea ins Netz zischte, fast genau in den Knick, ein Gemälde. 3:3.

"Cristiano gibt uns unglaubliche Sicherheit"

Ronaldo, 33, hat alles erlebt in seiner Karriere, er hat öfter getroffen als die meisten vor ihm und mehr gewonnen als die meisten danach - These ohne Beleg, aber mei. Nun musste eine Vorrundenpartie seiner vierten Weltmeisterschaft kommen, um dem zigfachen Weltfußballer eine Aussage wie jene zu entlocken:
Auf einen solchen Moment habe ich viele Jahre hingearbeitet. Ich habe immer an mich geglaubt.
Ronaldo wirkte richtiggehend ungläubig, sein Teamkollege Cedric rühmte einen "Wahnsinnsfreistoß" und sagte: "Cristiano gibt uns unglaubliche Sicherheit, er ist der beste Spieler der Welt, das hat er nochmals bewiesen."
Die Deutung erstreckte sich sogar weiter. Spanien und Portugal zeigten, dass sie zurecht zum Favoritenkreis auf den Titel zählen.

Spanien bleibt durch Trainerwechsel ungerührt

Die Spanier demonstrierten, dass ihnen der abrupte Trainerwechsel von Julen Lopetegui zu Fernando Hierro nichts anhaben konnte. Die Basis wird in den Wochen der WM-Vorbereitung gelegt, damals noch mit Lopetegui, dem künftigen Ronaldo-Coach bei Real Madrid.
System: passt. Abläufe: passen. Selektion der Selección: passt auch.
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Portugal - Spanien bei der WM 2018

Fotocredit: Getty Images

Den zurückgelassenen Stürmer Álvaro Morata vermisste niemand, weil Diego Costa neue Qualitäten ins ewig feinziselierende Kurzpassfestival einbrachte; Bulldozer-artig schaufelte er Räume frei, mit Wucht und Physis und genug technischer Finesse, dass ihn fünf Portugiesen nicht am Solo-Auftritt zum 1:1 hinderten (24.).
Später sagte der Atlético-Angreifer:
Mit Dingen wie dem Trainerwechsel muss man immer rechnen und sich dennoch auf seine Aufgabe konzentrieren.
Dahinter wuselten Koke, David Silva, Isco und Andrés Iniesta, mit dessen Auswechslung nach 70 Minuten (er wurde durch Bayerns Thiago ersetzt) ein bisschen die Souveränität vom Feld trabte. Im Anschluss an Ronaldos Elfmetertor (4.) und Costas Ausgleich hatten die Spanier dominiert, inklusive frischer Elemente: eine Freistoß-Variante vorm 2:2 (erneut Costa, 55.) oder halt mal ein trockener, wiewohl wunderschöner Spannstoß von Nacho (58.).

Portugal ist nicht nur Naturgewalt Ronaldo

"Es war kein leichtes Spiel mit einem schlechten Ende für uns. Wir hätten es verdient zu gewinnen, weil wir mehr Chancen und Ballbesitz hatten", sagte Costa. Trainer Hierro rapportierte:
Wir haben alle Widrigkeiten überwunden, das Team hat gekämpft und nicht aufgehört, an sich zu glauben. Das ist wichtig bei allem, was passiert ist. Ich denke, wir haben einen wichtigen Schritt gemacht.
Dass es nicht zum Sieg reichte, lag an Ronaldo, der von einem schlimmen de-Gea-Patzer profitierte (44.) und am Ende die Pointe setzte. Es lag aber ebenso an Portugal als Mannschaft, die sich widerborstig präsentierte, ähnlich wie 2016.
Ronaldos Analyse:
Wir haben es ganz gut gemacht, die ganze Mannschaft. Wir sind sehr gut zusammengewachsen. Wir lagen zweimal vorne, kassieren zweimal den Ausgleich und haben nie aufgegeben.
Der Europameister besteht zu weiten Teilen aus Naturgewalt Ronaldo, aber eben nicht ausschließlich. Ein Bernardo Silva von Manchester City, ein Raphael Guerreiro von Borussia Dortmund, dazu der hochtalentierte Gonçalo Guedes, erst 21 und gegen Spanien für zu leicht befunden - aber wehe, er explodiert mal.

So oft trifft Ronaldo nicht per Freistoß…

"Die Mannschaft hat sich wacker geschlagen, gearbeitet und war immer auf der Suche nach einem guten Ergebnis. Es gibt jedoch eine Menge zu korrigieren", sagte Trainer Fernando Santos.
Letztlich boten Portugal und Spanien ein Spiel wie ein Finale, packend und rassig. Viel besser wird's nicht bei der WM. Eigentlich war es die Kür vor der Pflicht, auf beiden wartet jetzt Unbehagliches, Marokko (Portugal) respektive Iran (Spanien). Verlieren verboten.
Ständig auf Ronaldo verlassen sollten sich die Portugiesen jedenfalls nicht. So wahnsinnig oft hat CR7 in den Vorjahren ja nicht per Freistoß getroffen.
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