DFB-Team: Jamal Musiala und Nico Schlotterbeck bescheren Hansi Flick ein Luxusproblem: Wer jetzt zittern muss
Publiziert 30/03/2022 um 11:00 GMT+2 Uhr
Obwohl zahlreiche arrivierte Stammkräfte fehlten, zeigte die DFB-Auswahl beim 1:1 in den Niederlanden eine starke Leistung. Besonders Jamal Musiala und Nico Schlotterbeck überzeugten und empfahlen sich nachhaltig für weitere Einsätze. Zugleich erhöhten sie den Druck auf fehlende Leistungsträger. Bundestrainer Hansi Flick droht im Hinblick auf die Winter-WM in Katar ein echtes Luxusproblem.
Jamal Musiala (l.) und Nico Schlotterbeck im Zweikampf mit Donyell Malen
Fotocredit: Getty Images
Eine halbe Stunde vor Mitternacht wurde es rührselig im Pressekonferenzraum der der Johan Cruijff ArenA in Amsterdam. Denn Bundestrainer Hansi Flick musste einen aus dem Kreis der Nationalmannschaft verabschieden.
Vor allen Journalisten bedankte sich Flick mit emotionalen Worten und einer langen Umarmung beim scheidenden DFB-Pressesprecher Jens Grittner, der nach knapp zehn Jahren seine Tätigkeit bei der Nationalelf beendet und innerhalb des DFB an die Spitze der neuen Abteilung "PR Teams/Sport, Nachhaltigkeit und Projekte" wechselt. Der 52-Jährige hat bereits ein Büro auf dem neuen DFB-Campus in Frankfurt.
Grittner wird also in anderer Form bei der Winter-WM in Katar (21. November bis 18. Dezember) dabei sein, jedoch nicht so nah am DFB-Team. Nach dem intensiven, ansprechenden und unterhaltsamen 1:1 zwischen den Niederlanden und der deutschen Nationalelf richtete sich der Blick bereits auf die Zusammenstellung des Kaders, der im Advent den fünften WM-Titel nach Deutschland holen soll. Klar, dass Flick bei dieser Frage abblockte.
"Es ist noch ein weiter Weg bis November, Dezember - da kann noch so viel passieren", sagte der 57-Jährige und erklärte: "Deswegen freut es uns, dass wir wieder Spieler ausprobieren konnten. Jeder Einzelne, der hier war, hat die Qualität, um die Mannschaft zu bereichern. Der Kader wird immer größer, das ist für uns als Trainerteam hervorragend, wenn man so eine große Auswahl hat." Heißt übersetzt: Die Luxus-Qualität ergibt Luxus-Probleme.
Zahlreiche (Stamm-) Kräfte wie Kimmich waren gar nicht dabei
Flick zählte Spieler auf, die verletzungsbedingt absagen mussten, damit sie ja nicht in Vergessenheit geraten angesichts der guten Leistungen dieses Kaders. Schließlich fehlten beim 2:0 gegen Israel vergangenen Samstag und nun beim Klassiker gegen Holland arrivierte (Stamm-)Kräfte wie Joshua Kimmich, Niklas Süle, Leon Goretzka, Marco Reus, Serge Gnabry, Robin Gosens sowie die Youngster Florian Wirtz und Karim Adeyemi.
"Interessante Spieler waren jetzt nicht dabei", betonte Flick und führte aus: "Es ist immer gut, wenn die vermeintlichen Top-Spieler nicht dabei sind und die anderen dann ihre Leistung zeigen."
Wie Flicks zentrale Achse aussieht
Seine Achse, die Flick am Montag noch vor der Abreise in Frankfurt erwähnte, steht für die WM in Katar: Deutschlands Rekordnationaltorhüter Manuel Neuer, Abwehrchef Antonio Rüdiger, der in Amsterdam sein 50. Länderspiel bestritt, davor Offensiv-Freigeist Thomas Müller, der im ewigen DFB-Torjäger-Ranking durch sein 43. Länderspieltor mit HSV-Legende Uwe Seeler auf Rang acht gleichzog.
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Thomas Müller (Mitte) erzielte gegen die Niederlande sein 43. Länderspieltor
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In der Innenverteidigung sowie im zentralen Mittelfeld haben diese beiden März-Länderspiele gezeigt, dass eine neue, nicht vorhergesehene Konkurrenz-Situation eingetreten ist. In der Abwehr schienen Rüdiger und Süle gesetzt. Doch dann kam Freiburgs Shootingstar-Debütant Nico Schlotterbeck, der gegen Israel sein Debüt feierte. Der 22-Jährige trat auch in Amsterdam so entschlossen und mit einem beneidenswerten Selbstverständnis auf, dass Süle um seinen Stammplatz bangen muss.
Der flexible Matthias Ginter, bei der EM im vergangenen Sommer unter Flick-Vorgänger Joachim Löw noch Stammkraft, ist ins Hintertreffen geraten. Am Dienstag verhinderten laut Flick muskuläre Probleme beim Warmmachen einen Joker-Einsatz des Gladbachers.
Jonathan Tah und Robin Koch sind höchstens Kader-Ergänzungen, Routinier Mats Hummels (33) dürfte wohl nur bei einer langen Ausfall-Liste kurz vor Katar noch einmal berücksichtigt werden.
Flicks Lobeshymne auf Musiala: "Herausragend gemacht"
Das zweite dicke Luxusproblem hat Flick nun im Zentrum auf der Sechser-Position. Jamal Musiala machte an der Seite von Ilkay Gündogan ein derart beeindruckendes Spiel, dass man sich kaum vorstellen soll, warum so viel Talent auf die Außenbahn geschickt werden sollte. Im Zentrum ist der 19-Jährige mehr im Spiel, mehr am Ball und kann seine enormen Fähigkeiten ausspielen.
Erneut setzte Flick zu einer Lobeshymne für Musiala an, seinen ehemaligen Spieler bei Bayern, dem er im Juni 2020 zum Bundesligadebüt verhalf. "Jamal hat diese Sache auf der Sechserposition herausragend gemacht. Er weiß sich durchzusetzen und Raum zu erspielen, ist im Eins-gegen-eins in der Offensive sehr gut, kann Tempodribblings machen und vorbereiten. Was er auch defensiv geleistet hat, war herausragend zusammen mit Ilkay (Gündogan, d.Red.). Beide haben es sehr gut gemacht und Jamal hat gezeigt, dass er auf der Position eine Option ist."
Gegen Israel glänzte Musiala als Zehner, Flick nannte ihn am Wochenende "eine Bereicherung, wenn er auf diesem Niveau spielt - egal ob für Bayern oder die Nationalmannschaft."
Balleroberung, Ballan- und mitnahme sowie die Ballverteilung – alles meist aus einem Guss bei Musiala, in einer Bewegung. "Jamal hat ein bärenstarkes Spiel gemacht. Der Junge fasziniert mich", schwärmte "ARD"-Experte Bastian Schweinsteiger, der als zentraler Mittelfeldspieler 2014 in Brasilien Weltmeister wurde.
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Jamal Musiala zeigte gegen die Niederlande eine starke Leistung
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Goretzka steht vor seinem Comeback
Ob in Katar die Doppel-Sechs mit Kimmich, der zu Hause in München erneuten Vaterfreuden entgegenfieberte, und Musiala gebildet wird? Dann wäre für den zuverlässiger Ballverteiler Gündogan und den dynamischen wie torgefährlichen Achter Leon Goretzka kein Platz im Zentrum. Am Samstag will Goretzka nach fast vier Monaten Verletzungspause wegen langwieriger Patellasehnenprobleme sein Comeback im Bayern-Trikot geben, wenn es zum SC Freiburg geht.
Die aufgrund der Personalnot getesteten Julian Weigl, der Nationalelf-Rückkehrer von Benfica Lissabon, und Anton Stach, der DFB-Debütant aus Mainz, dürften es schwer haben, im Luxus-Kader von Flick einen Platz zu bekommen.
Was die Chancen steigern könnte: Wenn der Weltverband FIFA analog zur UEFA bei der vergangenen EM einen 26er statt einen 23er-Kader erlaubt. Erste Anzeichen deuten darauf hin. Gut für Flick. Dann muss er drei Spielern weniger absagen.
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