EuroScout: Iñaki Williams – Reif für die baskischen Geschichtsbücher

Bilbao hat seine eigene Klub-Philosophie: Bei dem stolzen Verein aus dem Baskenland darf man nur dann spielen, wenn man eben aus genau dieser Region stammt oder in einer der "zugelassenen Provinzen" fußballerisch ausgebildet wurde: Mit dieser Ausrichtung fährt der Erstligist noch nicht einmal schlecht. Athletic nimmt regelmäßig am internationalen Wettbewerb teil, landet dementsprechend auf einem der freien Tabellenplätze hinter den beiden übermächtigen Hauptstadtklubs sowie dem FC Barcelona und kann auf eine Reihe guter Spieler zurückblicken.

Fernando Llorente, Ander Herrera oder Javi Martinez, die mittlerweile allesamt woanders spielen, wären hier beispielsweise zu nennen. Sogar Bixente Lizerazu, zwar kein spanischer, sondern französischer Baske, schnürte seine Schuhe einst für "Los Leones" – die Löwen.

Einen Eintrag in die prallgefüllten Geschichtsbücher des Vereins hat sich aber ein anderer gesichert. Ein 21-jähriger Youngster, der in ganz Europa Begehrlichkeiten geweckt hat. Iñaki Williams.

19. Februar 2015: Athletic Bilbao muss in der Europa-League-Zwischenrunde beim italienischen Vertreter FC Turin antreten. Williams darf von Beginn an ran, als Mittelstürmer. Eigentlich nicht seine Paradeposition. In der neunten Minute passiert es dann: Der dynamische Offensivmann entwischt seinen Bewachern und muss eine punktgenaue Hereingabe nur noch einschieben. Das macht er. Natürlich, der Junge ist Profi-Fußballer, da darf man den Ball aus fünf Metern schon mal im Kasten unterbringen, oder? Nichts Besonderes.

Irgendwie schon, wenn man bedenkt, wie sehr sich die Presse auf diesen Treffer stürzte. In der 117-jährigen Vereinsgeschichte war Williams der erste dunkelhäutige Spieler, der jemals ein Tor für Athletic Bilbao erzielt hat. Für ihn selbst war es ein „Augenblick der Ehre“, wie er im Anschluss an die Begegnung gegenüber "Copa90"verriet. Eine Randnotiz, wenn man bedenkt, dass der Flügelflitzer viel mehr kann, als nur „den Fuß hinzuhalten“.

Spieler: Iñaki Williams Arthuer

Geburtstdatum: 15. Juni 1994

Geburtsort: Bilbao

Nationalität: Spanien / Ghana

Größe: 1,86

Fuß: rechts

Position: Rechtaußen

Derzeitiger Klub: Athletic Bilbao

Rückennummer: 15

Bisherige Klubs: CD Basconia

Williams’ Vater stammt aus Ghana, die Mutter aus Liberia. Der hochveranlagte Offensiv-Spezialist wurde in Bilbao geboren und begann schon in jungen Jahren mit dem Fußballspielen. Über kleinere Provinz-Klubs landete Williams schließlich in der Jugendakademie Bilbaos, der „Lezama“.

Über CD Basconia, einem Ausbildungsklub Bilbaos, der in Spaniens vierthöchster Spielklasse startet, kam Williams nach anderthalb Jahren zur Reservemannschaft seines Heimatklubs.

In der dritten Liga wusste der Rohdiamant bereits zu überzeugen. In 15 Spielen für Athletic B erzielte Williams elf Treffer. Kein Wunder also, dass die Nominierung für die erste Mannschaft nicht lange auf sich warten ließ.

Aufgrund der Verletzung des etatmäßigen Angreifers, Aritz Aduriz, wurde Williams gleich ins kalte Wasser geworfen. Ohne Anlaufzeit, ohne dreiminütige Kurzeinsätze zum Ende eines unbedeutenden Spiels, wurde das Eigengewächs gleich von Trainer Ernesto Valverde in die Startelf gestellt.

Das Vertrauen Valverdes zahlt der Angreifer mittlerweile doppelt und dreifach zurück. Williams ist ein fester Bestandteil der spielstarken Athletic-Offensive.

Williams besticht gleichermaßen durch seine jugendliche Leichtigkeit und seine Reife. Der spanische U21-Nationalspieler bringt nahezu alle Eigenschaften mit, derer es im modernen Fußball bedarf.

Schnell, dynamisch, Zweikampfstark – Williams weiß seine Stärken gezielt einzusetzen und lässt die gegnerischen Defensivreihen häufig alleine schon an seiner körperlichen Dominanz verzweifeln. Beim 1:1-Unentschieden gegen Deportivo La Coruña, so schrieb zumindest die britische „Daily Mail“, erreichte das Top-Talent mit einem seiner zahlreichen Sprints eine Geschwindigkeit von 22,2 Meilen pro Stunde. Umgerechnet würde dieser Wert bedeuten, dass Williams 35,7 Stundenkilometer erreichte. Rekord in Spanien. Zur Abwechslung nicht von Lionel Messi, Cristiano Ronaldo oder Gareth Bale aufgestellt.

Hinzu kommt seine hervorragende Technik und die ihm innewohnende Gefährlichkeit vor dem gegnerischen Tor. Seine Bilanz in dieser Saison: Zwölf Pflichtspieltreffer in 26 Spielen.

Selbstverständlich weckt ein derartig begabter junger Spieler das Interesse der europäischen Elite. Dem Vernehmen nach sollen besonders die Top-Klubs von der Insel ihre Fühler nach Williams ausgestreckt haben. Allen voran der FC Arsenal, Jürgen Klopps FC Liverpool sowie Tottenham Hotspur.

Allein aufgrund seiner enormen Physis wäre die Premier League prädestiniert für den ambitionierten Basken.

Noch vor einigen Wochen wäre Williams, dessen Vertrag bis 2017 lief, für eine Ausstiegsklausel von 20 Millionen Euro ein echtes Schnäppchen gewesen. Ende Januar verlängerte er allerdings seinen Vertrag bei Bilbao bis 2021, was dem Tabellensechsten der Primera Division bei einem möglichen Verkauf, nun 50 Millionen Euro einbringen würde.

Williams wirkt derzeit glücklich in seiner Heimatstadt. Ein baldiger Wechsel zu einem finanz- und spielstärkeren Klub scheint erst einmal nicht in Frage zu kommen. „Wir sind Kinder der Stadt, wir haben alle die gleiche Herkunft und wurden in der gleichen Region geboren. Damit identifizieren wir uns“, hatte der Edeltechniker unlängst verkündet.

Worte, die Klub-Verantwortliche und Anhänger gerne hören. Denn Williams hat das Potential ein ganz Großer zu werden – einer, der nicht nur in die Geschichtsbücher eingeht, weil er als erster dunkelhäutiger Spieler für Bilbao getroffen hat.