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Real Madrid weit hinter dem FC Barcelona: Die Gründe für die La-Liga-Krise

Johannes Mittermeier

Publiziert 02/01/2018 um 19:37 GMT+1 Uhr

Fünf Titel hat Real Madrid 2017 geholt, Meisterschaft, Champions League, zwei Supercups und Klub-WM. Das ist historisch, nivelliert aber keine 14 Punkte Rückstand auf den FC Barcelona. Bei Real häufen sich Fragen. Die Stars wirken im Liga-Alltag lustlos, Cristiano Ronaldo trifft seltener, Trainer Zinédine Zidane wird kritischer beäugt - und einer wie James Rodríguez fehlt jetzt.

La déception de Cristiano Ronaldo (Real Madrid) lors du Clasico.

Fotocredit: Getty Images

"Wenn das so bleibt", twitterte Gary Linker, wie Gary Lineker eben twittert, bissig-humorig, "wenn das so bleibt, sehe ich Real Madrid nächste Saison nicht in der Champions League". Dass Englands Fußballlegende seinen Eintrag mit einem zwinkernden Auge garnierte, mochte den Kern der Wahrheit nicht verhehlen.
Keine Champions League für Real: Das wäre ein galaktisches Erdbeben, unvorstellbar. Andererseits liegt der Fünftplatzierte FC Sevilla zur Saison-Halbzeit nur zwei Punkte hinter Real. Und der Fünfte spielt Europa League, für Madrid-Verhältnise ein aufrichtig niederer Bewerb in Gestalt eines tiefschwarzen Lochs.
Wie konnte das passieren?

Fünf Titel, aber 14 Punkte hinter Barça

Der FC Barcelona führt die Tabelle an, inklusive einer Nachholpartie fehlen Real ganz und gar nicht reale 14 Zähler zur Spitze; selbst Atlético und der FC Valencia liegen zwischen den Fressfeinden.
Ein 0:3 im Clásico gegen Barça hat Madrid in sportliche Depressionen gestürzt, "unendlich schwer" werde die Titelverteidigung nun, meint Raphael Varane. Bei Trainer Zinédine Zidane klingen Durchhalteparolen an, wenn er davon spricht, "niemals" aufzugeben. Kapitän Sergio Ramos wird trotzig:
Wer sagt, dass es eine Schande ist, den Clásico zu verlieren, soll sich einmal die Statistiken von 2017 ansehen. Wir haben fünf Titel gewonnen!
Nämlich Meisterschaft, Champions League, spanischer und internationaler Supercup sowie Klub-WM. Das sind historisch verankerte Errungenschaften, aber sie nivellieren keine 14 Zähler Rückstand auf Barcelona.

"Keiner hätte auf Barcelona gesetzt"

Dass die Katalanen derart souverän auftreten, war nicht erwartet worden nach einem Sommer, der 222-Millionen-Euro-Abgang Neymar und 105-Millionen-Euro-Zugang Ousmane Dembélé hinterließ, Letzteren prompt verletzt.
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Zinédine Zidane von Real Madrid

Fotocredit: Imago

"Keiner hätte auf Barcelona gesetzt, doch Ernesto Valverde hat es hingekriegt, dass sie wie eine Maschine arbeiten", sagt unser spanischer Eurosport-Kollege Jorge Ordas. Tatsächlich schaffte es Neu-Coach Valverde, mit weniger Spektakel mehr Ertrag zu generieren; er hat es gewagt, eine anfangs verpönte Doppelsechs zu installieren, nicht zuletzt im Clásico.
Dort spiegelte Zidane diese taktische Ausrichtung, auch er wählte ein 4-4-2 mit zwei defensiven Mittelfeldspielern, nachdem es zuvor mal ein 4-3-2-1 und mal ein 4-3-3 gewesen war. Flexibilität in allen Ehren, aber fehlende Systemkompatibilität ist eines der Probleme Reals.

Warum Real nicht über Ronaldo schimpft

Irgendwie passt das Konstrukt nicht zusammen. Mitunter machen die Stars im Liga-Alltag einen lustlosen Eindruck. "Es ist WM-Jahr, vielleicht denken sie schon weiter", sagt Ordas und fügt an:
Zudem hatte Real im Sommer keine besonderen Transfers, und nach einigen Jahren spielt vor allem der BBC-Sturm nicht mehr auf demselben Level.
Der BBC-Sturm umfasst Karim Benzema (aktuell verletzt), Gareth Bale (lange verletzt) und Cristiano Ronaldo (nicht in Topform). Der Weltfußballer traf lediglich viermal in La Liga - dafür neunmal in der Champions League -, überhaupt krankt es bei Real an der Offensive: 30 Treffer, Barcelona hat 45.
"Ja, Ronaldo erzielt nicht so viele Tore wie in den Vorjahren, aber ihm gelingt es, seine stärksten Momente zu selektieren", sagt Journalist Ordas. "Schaut Euch die vergangene Saison an, da erreichte er in der entscheidenden Champions-League-Phase sein Maximum. Vielleicht wartet er ja wieder aufs Saisonende…"

Ist Zidane noch der Richtige?

Intensiver als Ronaldo wird in Madrid die Personalie Zidane diskutiert. Exakt zwei Jahre ist der Coach im Amt, acht Trophäen gewann er. Reicht das nicht als legitimierter Leistungsausweis? Ordas antwortet:
Jeder hier fragt sich, ob er noch der Richtige ist. Es stimmt, dass es nicht Zidanes glorreichste Phase bei Real ist, aber er hat es zwei Jahre ohne Krise ausgehalten. Man muss Real immer fürchten, auch wenn sie tot wirken.
Unser Eurosport-Kollege glaubt, dass die Champions-League-Achtelfinals gegen Paris Saint-Germain die Saison definieren.

Bayerns James fehlt Real jetzt

Leicht übersehen wird dabei, dass Zidane nicht wie gewohnt nachlegen kann. Wo vorher James Rodríguez (jetzt FC Bayern) oder Álvaro Morata (Chelsea) als Joker bereitstanden, klafft eine Qualitäts- und Quantitätslücke, die Winter-Notkäufe kaum schließen können. Sich anbahnende Verpflichtungen von Rafael Mir Vicente (20, Angriff) und Kepa Arrizabalaga (23, Torwart) sind Investments für die Zukunft.
Immerhin: Toni Kroos mögen sie in Madrid. "Gemessen am Preis-Leistungsverhältnis ist er einer der besten Transfers dieses Jahrzehnts", schwärmt Ordas. "Er und Luka Modric bilden ein formidables Tandem - wenn sie gut sind, ist auch Real gut."
2018 müssen sie besser sein denn je.
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