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Real Madrid in der Krise: Julen Lopetegui wirkt nur noch wie ein Trainer auf Zeit

Johannes Mittermeier

Update 21/10/2018 um 16:13 GMT+2 Uhr

Real Madrid, dreimaliger Champions-League-Triumphator in Folge, durchläuft eine Phase tiefster Herbstdepression. Bei der Pleite gegen UD Levante, der vierten Niederlage in den vergangenen fünf Pflichtspielen, nimmt das Ganze sogar historische Ausmaße an: Noch nie in seiner 116-jährigen Geschichte war Real so lange ohne Tor geblieben. Julen Lopetegui wirkt nur noch wie ein Trainer auf Zeit.

Julen Lopetegui

Fotocredit: Getty Images

Auf der Anzeigetafel tickte diese Uhr, einigermaßen unbarmherzig, wie es halt die Art von Uhren ist.
Die Zeit verstrich, Real Madrid spielte sich den Ball zu, traf zwischendurch die Torumrandung und auch mal ins Netz, allerdings aus Abseitsposition, die Uhr scherte sich gar nicht drum, sie ratterte immer weiter, tick-tack, tick-tack - und dann, in der 55. Minute, wurde es sporthistorisch an diesem Samstagnachmittag: Noch nie in seiner 116-jährigen Geschichte war Madrid so lange ohne Treffer geblieben.
Sieben Stunden und 45 Minuten.
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Real Madrid - UD Levante

Fotocredit: Getty Images

Nach weiteren 17 Minuten schweißte Marcelo die Kugel in den Kasten, was die Uhr stoppte, nicht aber die sich rasant beschleunigenden Irrungen im Real-Kosmos.
Underdog UD Levante siegte 2:1 (2:0) im Bernabéu-Stadion, für die Madrilenen war's die vierte Niederlage in fünf Pflichtspielen. 0:3 vs Sevilla, 0:0 vs. Atlético, 0:1 vs. Moskau, 0:1 vs. Alavés, jetzt Levante, zumindest mit dem ersten Tor seit 22. September.

"Frage der Zeit, wann Lopetegui rausfliegt"

Real Madrid, dreimaliger Champions-League-Triumphator in Folge, durchläuft gerade eine Phase, die vom Fußballphilosophen Oliver Kahn einst so umschrieben wurde: "Wir haben gespielt und gespielt und gespielt und wieder verloren." Warum? "Ja mei - wenn's scheiße läuft, läuft's scheiße."
Auf ein anderes Kahn'sches Bonmot ("Wo war ich unsicher?") hat dessen später Berufskollege Thibaut Courtois verzichtet, Belgiens Weltklassekeeper sah schon glücklicher aus als bei Levantes Führung durch Jose Morales (6.); Verteidiger Raphael Varane begünstigte zudem den Elfmeter von Marti Roger (13.). Real rannte an, feuerte aus allen Kanälen, scheiterte aber am Aluminium und sich selbst.
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Julen Lopetegui und Karim Benzema bei Real Madrid

Fotocredit: Getty Images

Trainer Julen Lopetegui beschwor höhere Mächte:
Manchmal ist es ungerecht. Ich bin sicher, dass uns der Fußball zurückgeben wird, was er uns im Moment nimmt.
Irgendwann bestimmt, unklar ist bloß, ob Lopetegui dann noch an der Seitenlinie respektive in der Verantwortung steht. "Es ist nur eine Frage der Zeit, wann er rausfliegt", meldet unser spanischer Eurosport-Kollege Alvaro Ferreres aus Madrid.
Gegen Levante, "in einem Spiel, das wirklich wichtig war", habe der Nachfolger von Zinédine Zidane "gravierende Fehler" begangen, sagt Ferreres und meint die Bankplätze von Gareth Bale, Karim Benzema sowie Toni Kroos. Der Deutsche saß 90 Minuten draußen, Bale (46.) und Benzema (60.) kamen, ohne einen Umschwung zu bewirken.

Real Madrid: Plötzlich klingt Marcelo wie Uli Hoeneß

Längst gilt Lopetegui als angezählt, bisher weigert sich der 52-Jährige, verstärkten Erfolgsdruck einzuräumen. "Das ist das Letzte, woran ich denke", sagte er nach Levante und sparte nicht an Pathos:
Ich fühle mich stärker denn je, weil die Mannschaft ihr Leben gegeben hat und ihr Leben geben wird, um sich aus dieser Situation zu befreien.
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Marcelo von Real Madrid

Fotocredit: Eurosport

Marcelo sprach bedeutungsschwanger davon, dass die Mannschaft ihren Coach "bis zum Tode" stütze, und dann klang der Brasilianer plötzlich wie Uli Hoeneß:
Ihr Medien seid unfair mit ihm, genauso wie damals mit Rafa Benítez. Mir gefällt es nicht, wenn man den Trainer nicht seinen Job machen lässt.
Ferreres bewertet die Lage als "kritisch. Obwohl Lopetegui die Unterstützung der Spieler hat, ist Präsident Florentino Pérez offenbar entschlossen, ihn zu feuern." Mehrere spanische Medien wie "Marca" berichten von einem Krisengespräch mit der Essenz, dass Lopetegui bis zum Clásico mit Barcelona (28. Oktober) weiterarbeiten dürfe. An kolportierten Kandidaten mangelt's ja nicht, zuallererst wird Antonio Conte genannt.

Real Madrid: Spiel gegen Pilsen "überlebenswichtig"

"Wir Spieler treffen die Entscheidungen nicht", sagte Kapitän Sergio Ramos, wie auf Befehl kommentierte Vorstand Emilio Butrageno mit eindeutig zweideutigem Vokabular: "Es sind traurige Momente. Das war ein harter Schlag, den wir nicht erwartet haben."
Die Partie am Dienstag in der Champions League gegen Viktoria Pilsen bezeichnete Butrageno bereits als "überlebenswichtig". Danach wartet Barça, und wenn nicht alles täuscht, ist Lopetegui ein Trainer auf Zeit. "Er mag nicht heute entlassen werden oder morgen", sagt Eurosport-Journalist Ferreres.
Aber wenn kein Wunder geschieht, wird es passieren. Sein Abgang scheint unaufhaltsam.
Die Uhr tickt. Siehe oben.
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