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Manchester United - Ralf Rangnicks schon nach einem Monat mit Problemen: Magerkost statt Fünf-Sterne-Küche

Dennis Melzer

Update 11/01/2022 um 14:02 GMT+1 Uhr

Ralf Rangnick hat rund einen Monat nach seiner Amtsübernahme bei Manchester United bereits mit zahlreichen Problemen zu kämpfen, eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu seinem Vorgänger Ole Gunnar Solskjaer ist nicht auszumachen. Das Team wirkt weiterhin uninspiriert und bieder. Dabei stehen die härtesten Aufgaben erst noch bevor. Darum brodelt es beim einstigen Vorzeigeklub von der Insel.

Trainer Ralf Rangnick von Manchester United

Fotocredit: Getty Images

Vor etwas mehr als einem Monat sprühte Ralf Rangnick vor Tatendrang. "Meine Hauptaufgabe ist es, mehr Balance in die Mannschaft zu bringen“, erklärte der deutsche Trainer im Rahmen seiner Vorstellung bei Manchester United. Er führte aus: "Der Ansatz ist, diese außergewöhnlichen Spieler dazu zu bringen, den Ball von ihrem Tor wegzuhalten." Sein ausgerufenes Ziel: "Die erfolgreichste Saison spielen, die wir noch können."
Doch was, wenn die Spieler, ebenjene hochgelobten "außergewöhnlichen" Protagonisten kaum Anstalten machen, das Vorhaben in die Tat umzusetzen, wenn Magerkost statt Fünf-Sterne-Küche angesagt ist? Vor dieser Frage steht Rangnick schon jetzt.
Die etlichen schwelenden Brandherde, die sein Vorgänger Ole Gunnar Solskjaer nicht zu löschen vermochte, haben sich zu einem Lauffeuer ausgebreitet, daran änderte auch der 1:0-Sieg gegen Aston Villa und das damit verbundene Weiterkommen im FA Cup nichts.
Eine Woche nach Rangnicks erster Niederlage als United-Coach (0:1 gegen Wolverhampton) zeigte sich sein Team nur in der Anfangsphase formverbessert. Nach dem Führungstreffer von Scott McTominay in der achten Minute waren Lücken allerorten auszumachen. Die Gäste aus Birmingham, die in dieser Saison selbst nicht unbedingt für Glanz und Gloria stehen, kombinierten sich munter durch, scheiterten immer wieder an Torhüter David de Gea, dem Aluminium und schließlich an sich selbst.

Rangnick: "Manchmal die falschen Entscheidungen getroffen"

Im Anschluss wusste der Coach, dass er sich vor allem bei seinem Torhüter zu bedanken hatte. Der Spanier habe "abermals außergewöhnlich gehalten", lobte Rangnick. Er ergänzte: "Ich hätte mir gewünscht, dass er weniger oft eingreifen muss, wir können uns in der Defensive noch verbessern." Nicht nur in der Defensive, auch im Spiel nach vorne zeigte United sein biederes, ideenloses Gesicht.
"In der zweiten Halbzeit hatten wir einige Konterchancen, aus denen wir mehr hätten machen können", so Rangnick weiter: "Wir haben manchmal die falschen Entscheidungen getroffen." Die Offensive, einst das strahlende Prunkstück United ist zu einem hausbackenen, austauschbaren Deko-Artikel aus dem Discounter verkommen.

Star-Offensive ohne Power

In sieben Pflichtspielen unter Rangnick gelang es der Mannschaft lediglich einmal, mehr als ein Tor zu erzielen (beim 3:1 über Burnley). Eine Zahnlosigkeit, die dem gebürtigen Backnanger, der gemeinhin als Urvater des Gegenpressings gilt, nicht schmecke dürfte. Selbst kostspielige Neuzugänge wie Cristiano Ronaldo oder Jadon Sancho und namhafte Stars wie Marcus Rashford, Edinson Cavani oder Anthony Martial änderten daran nichts.
Vielmehr scheinen besagte Akteure eher Problem denn Lösung zu sein. Ronaldo, der gegen Villa - ähnlich wie Sancho - aufgrund muskulärer Komplikationen passen musste, soll übereinstimmenden Medienberichten zufolge zu Rangnicks Hauptkritikern zählen.
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Cristiano Ronaldo (r.) und Ralf Rangnick

Fotocredit: Getty Images

Einem Bericht der "Sun" zufolge habe der Portugiese seinen Berater Jorge Mendes gar nach Manchester bestellt, um mit ihm über die aktuelle Situation zu sprechen. Dabei soll auch die Unzufriedenheit mit Rangnick und dessen Philosophie thematisiert worden sein. Mehr noch: Ronaldo habe gefordert, dass der 63-Jährige bloß nicht über den Sommer hinaus als Übungsleiter gehalten werden solle.
Dies ist ohnehin nicht geplant, Rangnick soll ab kommender Saison in beratender Funktion tätig werden. Dennoch steht die Ronaldo-Nachricht sinnbildlich für das Verhältnis zwischen Coach und Team. CR7 soll nämlich nicht der Einzige sein, der mit dem früheren Leipziger hadert. Auch Paul Pogba, Cavani oder Martial werden beispielsweise Spannungen mit Rangnick nachgesagt, das Trio soll sich intensiv mit einem Vereinswechsel beschäftigen.

Rashford stärkt Rangnick: "unendlichen Respekt"

Einzig Rashford machte sich jüngst öffentlich für seinen Trainer stark. "Wir sind alle enttäuscht über unsere zuletzt gezeigten Leistungen. Wir sind ebenfalls über die Berichterstattung enttäuscht, die unseren Einsatz für Trainer samt Team und den Klub infrage stellt", schrieb der Angreifer auf Twitter. Rashford erklärte weiter, dass er "unendlichen Respekt" für Trainerteam und Verein aufbringe und sich darauf freue, sein "Spiel unter dem Trainerstab von Manchester United zu verbessern."
Nur ein Tropfen Wasser aufs Störfeuer. Denn: Nicht nur Rangnick soll bei den Spielern zur Diskussion stehen, auch sein Team genießt offensichtlich kein hohes Ansehen. Laut "Daily Mail" hätten die Assistenten Chris Armas und Ewan Sharp, die hauptsächlich für die Trainingsgestaltung verantwortlich zeichnen, Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Es käme angeblich nicht gut an, dass Rangnick sich in der täglichen Arbeit weitestgehend im Hintergrund halte.
Ein unzufriedener Überflieger, der seinen Berater einfliegen lässt, wechselwillige Stars, mangelnde Bereitschaft, Trainingsinhalte umzusetzen - nicht die erfolgversprechendste Mixtur. Eine Spielidee zu implementieren erfordert bedingungsloses Vertrauen, das viel zitierte Ziehen an einem Strang.

Rangnicks Spielidee funktioniert noch nicht

Rangnicks Gegenpressing, das sich erheblich von Solskjaers Marschroute unterscheidet, findet innerhalb der Mannschaft keinen kollektiven Zuspruch, Geschlossenheit sucht man ohnehin vergebens. Das Resultat: Ohne Druck ist es für den Gegner einfach, Uniteds Mittelfeld zu überbrücken.
Nach der Niederlage gegen Wolverhampton vor einigen Tagen wurde Linksverteidiger Luke Shaw deutlich: „Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir als Team aufgetreten sind“, klagte er. Der ehemalige englische Nationalspieler Harry Redknapp pflichtete Shaw bei. „Wenn du dir die anderen Mannschaften wie Manchester City anschaust, siehst du, dass sie alle die Kontrolle über das Spiel im Mittelfeld haben“, sagte er bei "Sky".
Redknapp weiter: "Diese Mannschaften sind zurzeit einfach besser, weil sie miteinander und füreinander spielen. Bei United sehe ich zu viele Spieler, die nur für sich selbst spielen." Zudem warf er Rangnick vor, an einem System festzuhalten, das nicht zum United-Kader passt: "Er geht in das Spiel mit einer 4-2-2-2-Formation, die einfach nicht funktioniert. Wenn du hier Trainer bist, musst du die richtigen Spieler für dein System haben. Es kommt einem so vor, als denke er sich ein System aus, ohne Identität, ohne Spielidee."
Der Spielplan hätte Rangnick eigentlich in die Karten spielen, ihm das Einleben erleichtern müssen. Bei den bisherigen Gegnern, namentlich Wolverhampton, Burnley, Newcastle oder Norwich, handelte es sich nicht unbedingt um die Hautevolee des englischen Fußballs. Dennoch steht bisher ein verhältnismäßig schwacher Punkteschnitt von 1,83 zu Buche.

Die dicken Brocken kommen erst noch

Wenn die Zeiten bereits jetzt stürmisch anmuten, was soll erst geschehen, wenn die wirklichen Schwergewichte auf United zusteuern? Zwischen Ende Februar und Anfang April warten Manchester City, Tottenham Hotspur, der FC Liverpool und Leicester City in der Liga auf den Rekordmeister, im Champions-League-Achtelfinale muss Manchester sich mit Atlético Madrid messen.
Rangnick sollte seinen Elan also schnellstmöglich auf seine Spieler übertragen, eine Mannschaft aus den etlichen Individualisten formen. Ansonsten droht die Saison für United ohne Europapokal-Qualifikation und damit in einem Fiasko zu enden.
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