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FC Chelsea am Boden: Todd Boehly lässt Blues zu einer Karikatur von einem Klub verkommen

Marc Hlusiak

Update 18/04/2023 um 19:07 GMT+2 Uhr

Als Nachfolger von Roman Abramowitsch steht Klubboss Todd Boehly beim FC Chelsea nach nicht einmal einem Jahr schon am Pranger. Zurecht, denn die Entlassung von Thomas Tuchel, die Fehleinschätzung Graham Potter und Megasummen für Transfers, die nicht zünden, sorgen dafür, dass die Blues im Chaos versinken. Arbeiten an der Seitenlinie des FC Chelsea ist aktuell komplizierter denn je.

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Normalerweise leben Fans und Klub-Verantwortliche in Fußballstadien in zwei voneinander getrennten Welten. Vorstände und Sportdirektoren sieht man nur selten in Fanblöcken, den megaphonierten Vorsänger aus Block 13 dafür kaum mit Sektglas im Logenbereich.
Und dennoch kommt es durchaus vor, dass beide Welten während eines Fußballspiel miteinander kommunizieren. Das läuft normalerweise so ab: Fangruppierungen senden Botschaften in Form von (manchmal nicht jugendfreien) Bannern oder Sprechchören in Richtung der Chefetage, die dann nach reiflicher Überlegung auf Pressekonferenzen oder am TV-Mikrofon antwortet.
Deutlich seltener sieht man Szenen wie jene, die sich am Samstagnachmittag an der Stamford Bridge abspielte. Dort musste sich Todd Boehly, US-Amerikanischer Besitzer des FC Chelsea, mit dem ungeschönten Feedback wütender Blues-Anhänger aus nächster Nähe auseinandersetzen.
Rund drei Meter über seinem Platz auf der VIP-Tribüne hatten sich Fans auf dem Oberrang versammelt und geigten dem Klubboss so richtig die Meinung. Bilder, die um die Welt gingen und verdeutlichten:
Der FC Chelsea versinkt aktuell im Chaos.
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Todd Boehly im Austausch mit Fans des FC Chelsea

Fotocredit: Getty Images

FC Chelsea 2023: Meilenweit entfernt vom eigenen Anspruch

"Der Typ erlebt einen absoluten Albtraum. Es läuft überhaupt nicht gut", stellte der frühere englische Nationalspieler Gary Neville gegenüber der Zeitung "The Overlap" fest.
Auslöser der unüblichen Situation war die schwache Leistung des FC Chelsea beim 1:2 gegen Brighton & Hove Albion. Es war bereits die zwölfte Niederlage der Londoner in der laufenden Premier-League-Saison, die dritte in Serie. Auf Platz elf liegend ist der Abstand zu den Abstiegsrängen inzwischen geringer (12 Punkte) als der zu den internationalen Plätzen (14 Punkte).
Und das, obwohl Boehly nach seiner Machtübernahme im Mai 2022 an jeder Menge Stellschrauben drehte.
Mittlerweile weiß man: er beschädigte dabei das eine oder andere Gewinde.

Die Entlassung von Thomas Tuchel: Purer Aktionismus

Da wäre zum Beispiel die Entlassung Thomas Tuchel im September 2022. Nur etwas mehr als ein Jahr zuvor hatte dieser den Klub völlig überraschend zum zweiten Champions-League-Triumph (nach 2012) geführt und wurde anschließend zum Welttrainer gekürt. Bei den Anhängern galt er als sehr beliebt.
Boehly aber hatte andere Vorstellungen, rasierte Tuchel und forcierte das "Langzeitprojekt" Graham Potter, das nach nur sieben Monaten krachend scheiterte. Purer Aktionismus.
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Graham Potter

Fotocredit: Getty Images

Aktuell steht mit Interimstrainer Frank Lampard zwar eine Vereinslegende an der Seitenlinie, aber eben auch der Trainer, der nach eineinhalb Jahren (Juli 2019 bis Januar 2021) auf Rang neun liegend und damit weit hinter den eigenen Ansprüchen hinterherhinkend auf Tuchel übergab.
"Ich bin komplett enttäuscht. Alle grundlegenden Elemente des Fußballs - kämpfen und rennen - haben uns gefehlt", sagte dieser völlig bedient nach dem Brighton-Spiel, nachdem Boehly höchstpersönlich eine Stunde in der Kabine auf seine sündhaft teure Mannschaft einredete. Der US-Amerikaner soll die bisherige Saison der "Blues" laut Informationen des "Guardian" vor versammelter Truppe als "peinlich" bezeichnet haben.
Für Lampard genau das richtige Zeichen: "Es beweist Leidenschaft und das ist etwas, das mir gefällt", sagte der 44-Jährige auf einer Pressekonferenz am Montag.

Der Boehly-Trugschluss: Große Summen bringen große Titel

Dass Boehly das Wort in der Kabine ergriff, ist nur allzu verständlich. Schließlich schwebt die Weltrekordsumme von 611 Millionen Euro wie ein Damoklesschwert über dem Klub-Boss. Das ist die Summe, die Boehly in seiner ersten Transferperiode in die Hand nahm und in den ohnehin schon hochkarätigen Kader schoss. Purer Aktionismus die Zweite.
Es kamen unter anderem WM-Held Enzo Fernández (121 Millionen Euro), Wesley Fofana (80 Millionen Euro), Mykhalo Mudryk (70 Millionen Euro), Marc Cucurella (65 Millionen Euro) und Raheem Sterling (56 Millionen Euro).
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Enzo Fernández

Fotocredit: Getty Images

Transfers, die - wenn überhaupt - nur mit sofortigem Erfolg in Form von Titeln zu rechtfertigen ist. Diese bleiben aber aller Voraussicht nach aus. Leise Hoffnung auf Silberware besteht nur noch in der Champions League, in der allerdings das Viertelfinal-Hinspiel bei Real Madrid 0:2 verloren ging. Alles andere als rosige Aussichten für das Rückspiel (Dienstag ab 21:00 Uhr im Liveticker).

Der FC Chelsea und die Suche nach einem "richtigen" Trainer

Boehly hat sich in den ersten Monaten seiner Amtszeit an der Stamford Bridge keine Freunde gemacht und den Klub durch mindestens fragwürdige Personalentscheidungen in eine sportlich prekäre Lage gebracht. Die Qualifikation für die kommende Champions-League-Saison ist längst kein Thema mehr, für die Suche nach einem "richtigen" Trainer will man sich den Rest der Saison Zeit nehmen.
Kandidaten gibt es bereits einige. So sollen unter anderem José Mourinho, Luis Enrique und Julian Nagelsmann auf der Liste der Blues stehen. Letztere sollen bereits in einer Art Vorstellungsgespräch bei Boehly und seinen Mitstreitern, der Clearlake Capital Group, Mark Walter und Hansjörg Wyss, vorsprechen und ihre Pläne darlegen.
Wer auch immer den FC Chelsea in der kommenden Saison übernehmen wird: Einfach wird es nicht, das windschiefe Gebilde wieder auszurichten. Vor allem dann nicht, wenn Boehly weiter in blinden Aktionismus verfällt, anstatt den Griff an die eigene Nase zu wagen.
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