Vilanova im Portrait

Der Vorfall ereignete sich im August 2011, als Barcelona und Real im Supercup aufeinandertrafen. Nach der 2:3-Niederlage bildete sich ein Rudel aus Spielern und Verantwortlichen. Der portugiesische Startrainer stach dem damaligen Barca-Assistenten Vilanova mit dem Finger ins Auge. Der ließ sich nicht lange bitten und revanchierte sich bei "The Only One", wie Mourinho seit Kurzem genannt werden will, mit einem Schlag an den Hinterkopf.

In Sachen Aggressivität gegenüber dem Erzrivalen aus der Hauptstadt ist Vilanova scheinbar mit allen Wassern gewaschen, bleibt abzuwarten, ob er den "Königlichen" auch sportlich Paroli bieten kann.

Denn in Spaniens Eliteklasse bahnt sich ein Machtwechsel an. Real sicherte sich in der vergangenen Saison souverän die Meisterschaft und setzte der nationalen Dominanz der Katalanen damit ein Ende.

Erfolgstrainer Pep Guardiola trat aus Mangel an Motivation zurück und übergab den Staffelstab an seinen Assistenztrainer Vilanova. Der 43-Jährige arbeitete vier Jahre an der Seite Guardiolas und soll die titelreiche Ära seines Vorgänger fortsetzen.

Es ist ein schweres Erbe, das Vilanova anzutreten hat. Mit Guardiola gewannen die Katalanen zwei Champions-League-Titel, wurden drei Mal Meister und zwei Mal spanischer Pokalsieger. Unter der Regie des introvertierten Trainers reifte der FC Barcelona zu der spielerisch stärksten Mannschaft Europas, die taktisch zum Vorbild für viele Teams avancierte.

Es liegt also auf der Hand, dass Vilanova das katalanische Rad nicht neu erfinden muss. Zu stabil sind die Strukturen in und außerhalb des Teams.

"Barcas Stil wird sich nicht großartig ändern", sagte Nacho González von Eurosport-Spanien. "Auch Vilanova legt Wert auf viel Ballbesitz und eine offensive Grundausrichtung. In den Vorbereitungsspielen hat sich aber gezeigt, dass er viel über die Flügel agieren lässt und so mehr Druck aufbaut. Gut möglich also, dass wir ein noch angriffslustigeres Barcelona erleben werden", fügte González hinzu.

Vertrauen wird Vilanova auf das altbewährte Personal. Carlos Puyol, Gerard Piqué, Xavi, Andrès Iniesta und Cesc Fabregas bilden das Grundgerüst, dass um Superstar Lionel Messi aufgebaut wird. Der argentinische Superstar ist die zentrale Figur in Vilanovas Planungen.

"Messi hat viele Tore in der letzten Saison erzielt und wird dies auch hoffentlich in diesem Jahr tun. Aber auch er darf nicht stillstehen und muss weiter an sich arbeiten. Wenn er noch eine Schippe drauflegt, kann er 100 Tore in einer Saison schießen", erklärte der Trainer auf einer Pressekonferenz vor wenigen Wochen.

Einen gut aufgelegten Messi werden die Katalanen in dieser Spielzeit auch benötigen, denn Real zeigte sich in der Vorbereitung äußerst spielfreudig und geht als Favorit in die Saison, die für Barca mit einem Heimspiel gegen Real Sociedad (Sonntag, ab 19:00 Uhr im Liveticker bei eurosport.yahoo.de) beginnt.

Zum Gipfeltreffen zwischen Mourinho und Vilanova kommt es zwar erst am 7. Spieltag, Barcas Coach wird aber schon mit einem Auge auf das Wiedersehen mit seinem speziellen Freund schielen. Denn neben der letztjährigen Rangelei verbindet die beiden Trainer eine zusätzliche Anekdote, an die sich Mourinho nach eigenen Angaben nicht erinnern kann.

1998 traf Barcelona im katalanischen Pokal auf den Provinzklub Lleida. Da man dem Spiel wenig Bedeutung beimaß, übertrug der damalige Barca-Coach Louis van Gaal die Verantwortung an seinen Asssistenten Mourinho.

Der kassierte prompt sein erstes Gegentor als Cheftrainer. Torschütze war kein geringerer als Tito Vilanova.